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Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Titel: Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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wenn, dann wird man gleich fortgeschickt wie Kinder, wenn Erwachsene sich über Erwachsenenthemen unterhalten.
    Eine Straßenbahn der Linie 16 des Typs R-Tw 016, wie der ehemalige Straßenbahnfahrer Simon Schweitzer konstatierte, versperrte kurz die Sicht. In einem Anflug von Niedergeschlagenheit, was sonst überhaupt nicht seine Art ist, fand er, heute sei ein guter Tag zum Sterben. Seine Liebste, Maria von der Heide würde dann schon sehen, was sie davon hatte, ihn so schändlich behandelt zu haben. Kaskaden von Tränen würde sie an seinem Grab, oder besser, an seinem Urnengrab, so hatte er es nämlich verfügt, vergießen und sich wünschen, er, Herr Schweitzer höchstselbst, würde sich täglich, nein, stündlich wieder um sie bemühen. Ach natürlich, um Vergebung würde sie winseln. Und kein Wort mehr von wegen Klammern.
    Aber andererseits war Sterben als Preis dafür sicherlich eine Idee zu hoch. Bestimmt wäre es ausreichend, sie wüßte um die Gefahr, in der er schwebte. Dazu müßte Maria von der Heide aber erst mal Wind von der Sache bekommen. Er seufzte innerlich und riß Packpapier entzwei.
    Nachdem diese Arbeit erledigt war, durften sie sich wieder setzen. Niemand sagte etwas, es war mucksmäuschenstill. Der Bankräuber hatte sich einen modernen schwarzen, ergonomisch gestylten Bürostuhl geholt, saß nun vor ihnen und ließ seinen Blick über die Geiseln schweifen. Denn Geiseln, das hatte nun auch der Letzte begriffen, waren sie allesamt.
    Verstohlen blickte sich Herr Schweitzer unter den Mitgefangenen um, schaute in jedes Gesicht, und was er sah, gefiel ihm. Natürlich konnte man die Angst nicht verleugnen, die als Grundstimmung den Raum beherrschte, jedoch glaubte er, keiner der hier Anwesenden würde in absehbarer Zeit die Nerven verlieren. Lediglich der Bankräuber und die Filialleiterin, in seltsamer und vielleicht sogar fataler Weise miteinander verknüpft, paßten nicht in dieses Schema. Der zu Gewaltausbrüchen neigende Herr Trinklein und seine hochnäsige, piekfeine Exfrau könnten das Pulverfaß, auf dem sie alle saßen, zur Explosion bringen. Doch im Moment herrschte Ruhe, der Bankräuber machte einen ausgeglichenen Eindruck, der Peacemaker lag friedlich auf seinem Knie. Er schien auf etwas zu warten.
    Prompt klingelte das Telefon. Fünfmal, erst dann stand er in aller Ruhe auf und schlenderte aufreizend langsam hinter die Schalter. Die Spannung war zum Greifen. Er nahm den Hörer ab.
    „Ja? ... Der bin ich ... Mein Name tut nichts zur Sache. Sie sind doch sicherlich der Einsatzleiter? ... Gut ... Nein, Aufgeben kommt nicht in die Tüte ... Natürlich, weiß ich ... Na, Geld natürlich. Wenn Sie vielleicht etwas zum Schreiben hätten ... Gut. Sie notieren? ... Prima ... Erste Frage: Wieviel Zeit brauchen Sie für eine Million in kleinen Scheinen, sagen wir Fünfziger und Hunderter? Zweite Frage: Wie lange würden 10 Millionen dauern? Und dritte Frage: Wie lange für 35 Millionen? ... Haben Sie? ... Gut ... Nein, Geiseln werden auf keinen Fall mehr freigelassen. Wie Sie sicherlich bemerkt haben dürften, habe ich im Glauben an eine gute Zusammenarbeit schon einige gehen lassen. Enttäuschen Sie mich also nicht ... Nein, keine Kinder mehr ... Kann ich Ihnen leider nicht sagen, wir wollen doch nicht, daß die Bank gestürmt wird ... Ich weiß, daß das dauert. Ich lege jetzt auf und lege den Hörer zur Seite. Ich bin dann um, sagen wir, vierzehn Uhr wieder zu erreichen. Bis dahin sollten Sie die Fragen beantworten können. Ach, noch was, ich bin bewaffnet.“
    Der Schuß wirkte um so lauter, als die Ruhe vorher geradezu kontemplativ gewesen war. Die Geiseln zuckten zusammen, als wäre ein Blitz in sie geschlagen. Verputz rieselte von der kassettierten Decke. Allerdings vermißte Herr Schweitzer den Rauch, der sich hernach doch immer aus abgefeuerten Pistolen himmelwärts schlängelte. Dessen ungeachtet war man allgemein doch sehr beeindruckt von dieser Demonstration männlicher Entschlossenheit, und falls es noch jemanden gegeben haben sollte, der an der Intention des Herrn Trinklein zweifelte, so dürften diese Kritiker jetzt eines Besseren belehrt worden sein. Damit hatte sich auch so nebenbei des Herrn Schweitzers Frage erledigt, ob die Knarre denn überhaupt echt sei.
    Der Bankräuber drückte auf die Taste des Telefons, legte den Hörer daneben und grinste über beide Backen.
    Die Filialleiterin konnte es nicht lassen: „Spinnst du jetzt total?“
    „Du, meine Liebe, hältst jetzt mal

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