Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)
und könnte so gleich erkennen, wenn die Bullen ein falsches Spiel spielen.“
„Respekt, Respekt. Der Herr Detektiv ist ganz schön auf Draht.“
Herr Schweitzer fühlte sich geschmeichelt und wußte doch zugleich, daß dies vollkommen kindisch war. Durch eines Schurken Lob Stolz empfinden, bei ihm war wohl etwas im Chromosomensatz defekt. Es wurde wohl mal wieder Zeit, in sich zu gehen um Ordnung zu schaffen. Gleich am Wochenende wollte er damit anfangen. Doch zuvor war es unabdingbar notwendig, einen kühlen Kopf zu bewahren. „Na ja, das war ja nun so schwer nicht. Sie hatten mich doch sowieso für den Job vorgesehen.“
„Stimmt. Aber Sie brauchen jetzt nicht nervös zu werden, es wird schon alles gutgehen.“
Wer sagte denn, daß er nervös war? Er war gekränkt, weil Ludger meinte, er könnte nervös sein. Und wenn je ein Mensch gekränkt aussah, so Herr Schweitzer in diesem Moment. Sei’s drum. Er freute sich aufs Essen. Und das war ein gutes Zeichen, hieß es doch, daß ihm die Aufregung nicht oder nur unmerklich auf den Magen geschlagen war.
Dann war es soweit.
„Nun wollen wir mal.“ Herr Trinklein überprüfte noch schnell die Beretta 92 und zog sich die schwarze Baskenmütze aus weichem Strick auf. Zur Verwunderung Herrn Schweitzers ließ er jedoch die Strumpfmaske weg. Ein weiteres Indiz für des Geiselnehmers Fehlfunktionen.
„Soll ich meinen Mantel anziehen, dann könnten Sie sich besser dahinter verstecken?“
„Gute Idee.“
Die Schiebetür wurde geöffnet. In der Vorhalle standen die Geldautomaten und boten ihre Dienste an. Durch die an der Scheibe herunterlaufenden Regenschlieren war undeutlich eine Person vor der geöffneten Ladefläche eines Lieferwagens auszumachen. Es herrschte eine trügerische Ruhe.
„Und?“ kam es vom Geiselnehmer.
„Was und?“
„Ist das Ihr Kumpel?“
„Schwer zu sagen. Ich weiß nicht.“ Herr Schweitzer war überhaupt nicht amüsiert. Am liebsten wäre er unverrichteter Dinge umgekehrt. Doch war da noch die Pistole, die sich mit sanftem Druck in seinen Rücken bohrte.
„Scheiße.“
„Was jetzt?“ wollte Herr Schweitzer wissen.
„Das könnte eine Falle sein.“
Herr Schweitzer durchdachte die Lage, doch waren die Möglichkeiten, wenn man erst mal zu denken angefangen hatte, in diesem Falle endlos. Er wunschträumte sich in die Ärme (der Sachsenhäuser gebraucht für den Plural von Arm oft Ärme, mit Ä am Anfang wie etwa in „Erna, du mußt dir noch die Ärm wäsche.“ Dem Sachsenhäuser sei an dieser Stelle gesagt, daß der Plural von Arm Arme, und nicht Ärme ist) seiner Liebsten Maria von der Heide. Das Leben war an einem entscheidenden Punkt angelangt. Jetzt nur keinen Fehler machen, der könnte das Aus bedeuten. „Ich glaube, es ist besser, wir gehen da nicht raus.“
Zunehmend gereizt erwiderte Ludger: „Das hatte ich auch nicht vor.“
So langsam hatten sich Herrn Schweitzers Augen an das Dunkel hinter der Scheibe gewöhnt, aber trotzdem ließen sich nur undeutlich die Konturen der Person, die sein langjähriger Freund und Kampfgenosse in Sachen Startbahn West Guntram Hollerbusch sein sollte, erkennen.
„Wir gehen zurück. Hier ist was faul.“
Voller Wohlgefallen gehorchte Herr Schweitzer, aus dessen tiefstem Innern eine Stimme vor großem Ungemach warnte, sollte der Bankräuber die Außentür öffnen.
Kaum zurück, stürzte sich Ludger Trinklein auf den Telefonapparat. „So. Karasek. Jetzt hör mir genau zu, du Arschloch. In zehn Minuten findet die Essensübergabe statt, und dann ist der Platz vor der Bank hell erleuchtet, vor allem ist der Pfarrer zu erkennen. Kapiert? Sonst erschieß ich die erste Geisel vor Ihren Augen. Und das erklären Sie dann mal Ihrem Chef. In zehn Minuten.“ Und knallte den Hörer auf die Gabel.
Und die Geisel, die er dann gerade zur Hand hatte, wenn’s an Erschießen ging, dachte Herr Schweitzer, werde dann zufällig ich sein. Große Scheiße.
Es dauerte tatsächlich nur sieben Minuten. So ist das im Leben, man gebraucht bloß ein paar unflätige Ausdrücke, setzt die Leute unter Druck und schon klappt’s. Der Mensch ist schon komisch.
„Dann auf ein Neues.“
Seine Leidensgefährten gaben Herrn Schweitzer ein paar mitfühlende Blicke mit auf den Weg. Besonders Oma Hoffmanns Mienenspiel verriet innige Anteilnahme. Uzi drückte ihm demonstrativ die Daumen. Herr Popic war natürlich am Schreiben, schließlich sollten seine Leser die Gefahr so hautnah als irgend möglich miterleben.
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