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Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Titel: Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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klein bißchen weniger Wärme in der Stimme, dort einen Entzug von Blickkontakt, allgemein ein Ignorieren des Bankräubers waren beredte Zeugnisse einer geheimen, unorganisierten, unausgesprochenen Widerstandsbewegung gegen alles Verächtliche dieser Welt in Person des offensichtlich pädophilen Geiselnehmers.
    Als spürte Theresa Trinklein-Sparwasser diese Schwingungen, lächelte sie.
    „Natürlich, telefonieren Sie ruhig, Sie wissen ja, wo’s steht.“
    Vor ihm stand ein Glas Wasser mit drei aufgelösten Kopfschmerztabletten, ein Multivitamintrunk und ein Kaffee. Gehirnmasse schwappte bei jeder Bewegung gegen die Schädeldecke und verursachte höllische Schmerzen. Felix Melibocus war nach Suizid zumute. Nie wieder. Nie wieder würde er mit dem Revierleiter Paule Hansen im Frühzecher versacken. Das hatte er sich zwar schon mehrmals vorgenommen, aber diesmal war es ihm ernst damit. Im ersten Zug stürzte er die Vitamine hinunter, im zweiten die Kopfschmerztabletten. Dann hielt er die heiße, dampfende Kaffeetasse an die Stirn. Ah, tat das gut.
    Es war nicht fair vom Telefon, ausgerechnet jetzt zu klingeln. Eine Atombombe, oder auch zwei, explodierten im Schmerzzentrum. Unverzüglich nahm er den Hörer ab. Kaffee lief auf die Schreibtischunterlage.
    Militärisch: „Ja.“ Kein Guten Morgen, kein Was kann ich für Sie tun? Nichts dergleichen.
    „Ich bin’s Chef.“
    Unter anderen Umständen fand er Popics Leutseligkeit sympathisch. Doch gerade jetzt hatte sie fast schon subversiven Charakter. „Was ist los?“ blaffte er in die Sprechmuschel.
    „Äh, Chef, kann es sein, daß der Herr gestern ein Faß aufgemacht hat?“
    So konnte man es auch nennen.
    „Nein! Wieso?“
    „Sie hören sich irgendwie nach … Kater an.“
    „Na und.“
    „Ist ja auch nicht mein Problem. Obwohl ich gestern auch lieber einen draufgemacht hätte, daß die Heide wackelt, anstatt hier mein Leben aufs Spiel zu setzen.“
    Das war harter Tobak. Sofort stellte sich beim Redakteur das schlechte Gewissen ein. „Jaja, schon gut. Jetzt rück mal raus mit der Sprache, was tut sich so bei euch? Ich bin ganz Ohr.“ Letzteres war glattweg gelogen, Melibocus war nämlich maximal ganz Brummschädel.
    „Na geht doch, Chef. Schon besser. Hier scheint die Sonne, der Bankräuber hat soeben zwei Geiseln freigelassen.“
    „Echt?“
    „Ja, zwei Ausländer, Japaner sogar.“
    „Wieso sogar?“
    „Na ja, noch ausländischer als sonst halt.“
    „Popic, Popic.“
    „Und um zwölf wird der Gangster mit einer Geisel versuchen zu fliehen. Mit den 35 Millionen.“
    „Mit welcher Geisel? Doch nicht Sie etwa?“
    Popic schaute zu Herrn Trinklein, ob von dieser Seite vielleicht ein Tip kommen würde, doch der Bankräuber spielte mit der Beretta. „Das ist noch nicht raus, Chef.“
    „Das wär doch was, wie? Der todesmutige Journalist vom Sachsehäuser Käsblättche stellt sich freiwillig als Geisel zur Verfügung.“
    „Bin ich doch bereits.“
    „Was?“
    „Geisel.“
    „Ach so, stimmt ja. Dann eben: Der todesmutige Journalist vom SK verlängert freiwillig seinen Aufenthalt als Geisel.“
    „Verlangen Sie das von mir?“
    „Nö. War nur so ’ne Idee.“
    „Aber die Auflage würd’s schon steigern.“
    „Tja, die Auflage würd’s schon steigern.“
    „Mal sehen. Nur so nebenbei, hat der Spiegel schon angerufen?“
    „Warum?“
    „Ach, ich dachte nur mal so, vielleicht hätten die ein übergeordnetes Interesse an waghalsigen und trotzdem seriösen Journalisten.“
    „Nein, hier hat noch keiner angerufen.“
    „Dann eben nicht. Aber wie sieht’s für heute aus? Bringen wir auch wieder eine Extraausgabe heraus?“
    „Logisch. Die Chance muß man nutzen“, machte Felix Melibocus gute Miene zum bösen Spiel, denn eigentlich stand ihm der Sinn nicht nach einer Extraausgabe, eher nach einer Extraportion Schlaf, aber da mußte er durch. Wer saufen kann, kann auch malochen, hatte ihm sein erster Chef, ein Witzbold, vor mehreren Jahrhunderten tadelnd erläutert, als er als Volontär bei der Rundschau einmal nach durchzechter Nacht dibbedabbezu eine halbe Stunde zu spät zum Dienst erschienen war. Das mochte stimmen, solange man jung war, aber heute, in dem Alter … Wer saufen kann, soll auch verschnaufen dann. So oder so ähnlich sollte der dem Jahrgang angemessene Sinnspruch lauten.
    „So kenn ich Sie, Chef.“
    „Gelle. Dann hau mal rein, Popic.“
    „Ich bleib im Rennen. Auf den alten Popic ist immer Verlaß.“
    „Gut. Bis

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