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Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Titel: Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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trotz oder gerade wegen Gott, unberechenbar.
    „Hoffen wir’s nicht“, sagte Annie Landvogt, mehr auf Wunsch denn auf Wirklichkeit basierend. Denn die Gretchenfrage lautete doch, was tun, wenn fürwahr geschossen worden war? Eine erneute Erstürmung kam ja nach dem Desaster von gestern nacht wohl kaum in Frage. Und außerdem wäre es ganz und gar nicht witzig, sollte der Bankräuber ausgerechnet jetzt, so kurz vor dem Ende, mit einem Amoklauf beginnen. Das wollen wir doch mal schnell verdrängen. Die Oberkommissarin wäre machtlos, allein schon deshalb konnten die beiden Schüsse selbst in der Entstehungsphase nur zwei lächerliche Plopps gewesen sein, wie sie zum Beispiel beim Öffnen von Champagnerflaschen entstehen. Allerdings hatte die Metzgerei Pomp gestern keine Champagner- sondern Rotweinflaschen geliefert, und ein herkömmlicher Weinkorken machte beim besten Willen nicht so laut Plopp, daß er mit einem Champagnerkorken verwechselt werden konnte. Das wäre doch sehr weit unter des Champagnerkorken Niveau gewesen. Nichtsdestotrotz durchforstete Annie Landvogt ihr Gedächtnis nach Erbauungsliedern während der Apostel sachlich-nüchtern überlegte, was nun zu tun sei.
    Theresa Trinklein-Sparwasser hatte es ob der zwei Schüsse – nicht Plopps – die Sprache verschlagen.
    Darob ward der Geiselnehmer arg erzürnt: „Paß auf, Thesi, ich will’s dir erklären. Genau über dir befindet sich eine Gießkanne.“
    Alle Augen wandten sich zu besagtem Objekt.
    „Und in dieser Gießkanne ist Salzwasser. Weißt du, was passiert, wenn ich an dieser Schnur hier ziehe und das Salzwasser dringt in die Schnittwunden auf deinem hübschen Gesicht? Na, weißt du das?“
    Herr Schweitzer wußte es und war versucht, sich zu melden, um die Frage zu beantworten. Doch waren wir hier nicht in der Schule, also ließ er es bleiben. Außerdem wäre es albern gewesen.
    Die Filialleiterin wußte es offensichtlich nicht, hatte möglicherweise in der Schule nicht aufgepaßt.
    Langsam, doch mit einer gehörigen Portion Verachtung in der Stimme erklärte Trinklein, daß Narben zurückblieben, gelänge Salz in die Wunden. So machte man es nämlich in den einschlägigen Studentenverbindungen, die allesamt solch an Heroentum gemahnende Namen wie Germania, Teutonia und so weiter trugen, wo Schmisse im Gesicht Männlichkeit dokumentierte. Schmisse entstanden also durch Salz in der Wunde.
    Jetzt hatte Theresa Trinklein-Sparwasser verstanden. Ängstlich schaute sie nach oben. „Meine Anwältin …“
    „Ja, meine Hübsche, wir hören“, unterbrach der Bankräuber süffisant und sichtlich gut gelaunt.
    „Meine Anwältin hat gesagt, ich soll ihr alle Bilder geben, die Magdalena-Theresa je gemalt hat, und dann war da eins dabei, wo meine Anwältin gesagt hat, daß …“
    „Ja, weiter so, ganz toll machst du das.“
    „Ein Bild, das einen Mann im halbgeöffneten Bademantel und in Unterhosen zeigt. Das sollst du sein, hat meine Tochter dann gesagt, als sie von Frau Holst dazu befragt wurde.“
    „Unsere Tochter“, berichtigte der Geiselnehmer.
    „Natürlich. Unsere Tochter.“ Die Filialleiterin stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch.
    „Und das soll alles sein, ein Bild von mir in Unterhosen und Bademantel?“ fragte Trinklein, der die Antwort natürlich bereits kannte.
    „Frau Holst sagt, das dürfte reichen“, stotterte seine Ex.
    Uzi intervenierte: „Dafür kann man doch nicht verurteilt werden.“
    Trinklein: „Dachte ich auch. Doch Frau Holst, ihre Anwältin, steht in dem Ruf, noch nie einen Sorgerechtsprozeß verloren zu haben. Da hilft’s auch nicht, daß Magdalena lieber bei mir als bei ihrer Mutter bleiben möchte.“
    „Sie ist meine Tochter“, schrie die Filialleiterin urplötzlich, „hörst du, meine Tochter. Wir brauchen keinen Mann im Haus.“
    Trinklein zog an der Schnur und das Salzwasser ergoß sich über der Filialleiterin Haupte. Nach einer Schrecksekunde erfolgte ein markerschütternder Schrei, der wohl recht passabel die erlittenen Schmerzen ausdrückte. Dann stand der Bankräuber auf, versetzte ihr mehrere Ohrfeigen auf einmal, drückte ihren Kopf nach hinten und flößte ihr eine ganze Menge von dem Chivas Regal ein. Man hatte das Gefühl, daß er ihr statt dessen lieber die Haut abgezogen hätte.
    Spornstreichs leckte sich Johnny die Lippen.
    Und Dragoslav Popic schrieb wieder.
    Und Voltaire hatte doch recht, als er behauptete, Gott ist Bosheit. In diesem Sinne betrachtete Herr Schweitzer das ruchlose

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