Geister-Dämmerung
Hause gegangen und hatte sich durch den Nebel kämpfen müssen. So hockte Suko allein im Büro, umgeben von der kargen Einrichtung, dem Telefon und den grauen Wänden. Er hatte sich mit John Sinclair unterhalten und war über das Gespräch nicht sehr zufrieden gewesen. Vielleicht hatte es auch daran gelegen, dass John nicht so reden konnte, wie er gern gewollt hätte.
Auch zeigte sich Suko von dem etwas überrascht, was Mandra gefunden hatte. Das Pandämonium hätte man nicht erst oder nicht nur im Himalaya zu suchen brauchen, es befand sich auch woanders. Sogar in der Nähe. Aber welche Nähe hatte er damit gemeint? Suko machte das Nichtwissen nervös. Er verlor sogar einiges von seiner asiatischen Geduld und schritt manchmal wie ein unruhig gewordener Tiger im Büro auf und ab.
Es tat sich nichts.
Suko trat ans Fenster. Er schaute hinaus und sah nichts. Nur die dichten, wehenden Schleier, die Kreisel, das Quirlen der grauen Suppe, die tatsächlich an Dichte zugenommen hatte.
Da hindurchzufahren, war der reine Wahnsinn. Aber John musste wieder zurück und eine weitere Spur aufnehmen. Vielleicht ging es in London nicht mehr weiter, so dass sie gezwungen waren, Mandra Korab in Indien zu besuchen und eine Klettertour auf das Dach der Welt zu unternehmen. Alles war möglich.
Wer waren die Quades? Suko hatte diesen Namen noch nie zuvor gehört. Er war in bezug auf irgendwelche dämonischen Aktivitäten nicht aufgefallen, aber er musste doch eine bestimmte Bedeutung gehabt haben, davon ging der Chinese aus. Erst starb Harold Quade, und 50 Jahre später führte die Spur wieder zu einem Quade. Das war kein Zufall.
Und Suko wurde misstrauisch. John hatte den Quades einen Besuch abgestattet, möglicherweise auch etwas erfahren oder war in eine Falle gelaufen.
Das wollte Suko herausfinden.
Die Telefonnummer der Quades hatte er sich gemerkt. Er setzte sich auf die Schreibtischkante und tippte die Zahlen ein. Als nach dem vierten Läuten noch nicht abgehoben wurde, runzelte der Inspektor die Stirn, und erstes Misstrauen keimte in ihm hoch.
Schließlich legte er auf. Es hatte keinen Sinn. Entweder waren die Quades und John nicht mehr im Haus, oder sie hatten sich entschlossen, nicht abzuheben.
Der Chinese entschloss sich zu einem zweiten Telefongespräch. Er versuchte, John Sinclair zu erreichen, und dies über den Apparat im Bentley. Auch das hätte er sich sparen können, denn es wurde nicht abgehoben. Demnach befand sich John Sinclair auch nicht auf dem Rückweg.
Wo steckte er dann? Suko machte sich Sorgen. Johns Besuch bei den Quades schien doch nicht so harmlos zu gewesen sein, wie es zuvor den Anschein gehabt hatte. Suko dachte darüber nach, was er tun konnte.
Es gab nur eine Möglichkeit. Er musste sich auf die Harley schwingen und zu den Quades fahren. Bei diesem Wetter zwar leichter Wahnsinn, aber nicht anders zu machen.
Er wollte schon das Büro verlassen, als das Telefon anschlug. In der Hoffnung, dass es sich bei dem Anrufer um John handelte, hob Suko rasch ab.
Enttäuscht war er nicht, als er die Frauenstimme hörte, die ihn fragte, ob er an diesem Abend noch nach Hause kommen wollte.
»Shao, das weiß ich nicht.«
»Wieso?«
Suko holte tief Luft. »Es ist etwas schiefgegangen. Wahrscheinlich ist John verschwunden.«
»Und wohin?«
»Ich habe jetzt keine Zeit, es dir zu erklären. Ich muss ihn suchen und werde zu einer Familie hinfahren, die Quade heißt. Ich gebe dir auch die Adresse, damit du weißt, wo du mich findest. Hast du etwas zu schreiben in der Nähe?«
»Ja.«
Suko diktierte. Ihm war nicht wohl bei der Sache, aber es gab keine andere Möglichkeit.
»Bei diesem Nebel willst du fahren?« fragte Shao. »Hast du eigentlich mal nach draußen gesehen?«
»Das habe ich.«
»Gib es wirklich keine andere Chance?«
»Nein, Shao. Aber ich verspreche dir, vorsichtig zu sein. Okay?«
»Sicher.« Ihre Stimme klang traurig. »Dann kann ich dich in dieser Nacht wohl abschreiben.«
»Ich hoffe, nicht.«
Shao sagte ihrem Partner noch ein paar sehr private Worte, bevor sie auflegte.
Auch dem Inspektor passte es nicht, bei Dunkelheit und dichtem Nebel loszugondeln. Doch er musste in den sauren Apfel beißen, streifte die gefütterte Lederjacke über und nahm auch den Helm mit, denn er war mit der Harley gekommen.
Die Maschine stand im Freien, auf dem kleinen Hinterhof des Yards. Sie wirkte wie ein Schatten an der Hauswand, der von Nebelwolken umflort wurde. Suko machte sich startbereit. Die
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