Geister-Dämmerung
Friseurlehrling seine ersten Schminkversuche unternommen hatte und ein wenig durcheinandergekommen war.
Jenna schluchzte und sprach in einem. »Es ist furchtbar«, sagte sie leise. »Alles ist eingetreten, so wie ich es vorausgesehen habe. Im Pandämonium beginnt die Geisterdämmerung. Dort bricht alles zusammen. Welten werden zerstört, und diese Welten greifen auch auf uns über. Schau dich doch mal um…«
»Sie meinen, dass auch hier die Geisterdämmerung eintritt?«
»Ja. Das Haus kann den Kräften nicht widerstehen. Da entstehen Risse, Wände brechen zusammen, Decken ebenfalls. Es ist, als ob sich hier das gleiche vollzieht wie im Pandämonium. Die Monster werden vernichtet, auch hier können wir nicht überleben, wenn wir Menschen sind. Ich weiß, was du getan hast«, wechselte sie plötzlich das Thema.
»Und was?« fragte Suko.
»Du hast ihn getötet!« Jenna blickte ihn vorwurfsvoll an. »Du hast ihn getötet. Er war mein Mann!«
»Und eine Bestie!« stellte Suko richtig. »Er wollte mich töten. Sie wollten es auch, ich habe es gehört, wie sie ihn angespornt haben. Was wollen Sie noch?«
»Ihren Tod!«
Suko lächelte. »Das hätte ich mir denken können. Aber was haben Sie davon, Jenna?«
»Nichts, denn auch ich werde sterben. Wir können der Geisterdämmerung nicht entgehen. Wer in meinem Umfeld bleibt, wird mit daran glauben. Wir haben als Werpanther das Pandämonium verlassen, um hier eine Chance zu suchen. Und wir haben uns wunderbar einfügen können, niemand merkte, dass wir die Gestalten anderer angenommen hatten.«
»Ihr habt eure Verwandten in den Tod geschickt.«
Sie winkte matt ab. »Er war nicht der leibliche Bruder. Es war ein anderer.« Sie schaute in den Kamin, auf dessen Rost ein Ascherest lag. Ein verloren wirkendes Lächeln zuckte über ihre Lippen. »So wie es dem Feuer ergangen ist, als es verlöschte, so wird es auch uns ergehen!« erklärte sie und nickte dabei heftig, um die Worte zu unterstreichen.
»Wer sollte mich töten wollen?« fragte Suko.
»Die Geisterdämmerung!« erwiderte Jenna allen Ernstes. »Nur die Geisterdämmerung.«
»Und wenn ich jetzt gehe?«
»Hast du eine Chance. Aber wie ich dich kenne, wirst du noch bleiben wollen, nicht wahr?«
»Genau. Ich suche jemanden!«
Jenna Quade kräuselte die Lippen zu einem spöttischen, Lächeln. »Wir hatten einen Besucher. Er stellte sich als John Sinclair vor, war Polizeibeamter und wollte…«
»Wo steckt er?« Suko unterbrach die Frau hart und bekam mit, wie sie anfing zu lachen.
»Geben Sie mir eine Antwort!«
»Was wollen Sie mit einer Leiche?« fragte sie statt dessen.
»Leiche?« wiederholte Suko leise und spürte den kalten Hauch auf dem Rücken.
»Ja, Leiche.«
Durch die Nase holte Suko Luft. Der Ton macht die Musik. Und Jenna hatte so gesprochen, als wäre sie hundertprozentig davon überzeugt gewesen, John Sinclair als Leiche gesehen zu haben. War es tatsächlich so einfach gewesen, den Geisterjäger zu überraschen? John besaß eine gesunde Portion an Misstrauen, und er konnte auch einen Menschen von einem Dämon oder einer Bestie unterscheiden. Wenn er tatsächlich tot war, mussten sie ihn reingelegt haben.
»Ich will ihn sehen!« forderte Suko.
»Wirklich?«
»Reden Sie hier nicht lange herum, sondern zeigen Sie mir den Toten, verdammt.«
Jenna hob die Schultern. »Das kann ich nicht. John Sinclair befindet sich nicht hier im Haus.«
»Und wo habt ihr ihn hingeschafft?«
»Er ist weg. Er hat den Sprung gewagt. Er ist nicht draußen im Garten, er liegt auch nicht im Rinnstein, er ist einfach in eine andere Welt gesprungen. In das Pandämonium…«
»Freiwillig?« fragte Suko, der Johns Überlebenschancen wieder ein wenig höher einschätzte.
»Nein, aber er kam zu uns. Wir berichteten ihm davon, und John Sinclair wollte unbedingt dieses gewaltige Reich sehen und auch die Geisterdämmerung miterleben. Sie allein kommt über uns. Sie wird das Pandämonium zerstören. Es hat kein Recht mehr zu existieren. Es bestand nur aus einer Ansammlung von dämonischen Wesen, von Scheußlichkeiten, aber es war nicht effektiv. Das große Aufräumen hat auf der schwarzmagischen Seite begonnen. All die, die nichts taugen, werden vernichtet. Und wenn dabei eine ganze Welt zusammenbricht, wie es in diesen Augenblicken geschieht.«
Suko hatte sich genug angehört. Er ging auf die Frau zu und legte seine Hand auf ihre Schulter. So zog er sie hoch. »Wenn John Sinclair im Pandämonium verschwunden ist, dann
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