Geister-Dämmerung
Schritten verließ.
Es war ein Buckliger, wie Suko erkennen konnte. Und das Gesicht zeigte die Furchen und Gräben des Alters. Die grauen Haare wirkten schmutzig und ungepflegt.
Der andere seiberte, kicherte und näherte sich dem liegenden Chinesen.
»Erst Sinclair, jetzt du!« formulierte er flüsternd, und Suko verspürte bei diesen Worten einen heftigen Stich in der Brust. Sollte dieser Hundesohn John ermordet haben?
Der Chinese schluckte hart. Er spürte, dass sich sein Herzschlag beschleunigte, und er hoffte stark, dass der andere davon nichts bemerkte. So blieb er zunächst einmal liegen und sah zu, wie der Bucklige sich bückte, um ihn mit seinen mageren Fingern der linken Hand zu untersuchen. In der rechten Hand hielt er seinen Gewehrstock. Und den hämmerte Suko mit einem blitzschnellen Schlag zur Seite. Gleichzeitig schleuderte er seine Beine hoch und ließ die Füße vorschnellen.
Der Bucklige wurde davon so überrascht, dass er sich weder halten noch wehren konnte. Wie vom Katapult geschleudert, flog er zurück, warf noch die Arme hoch, begann wütend zu schreien und krachte mit dem Rücken gegen die offene Tür, die er nach innen öffnete, wobei er ihr folgte.
Da stand Suko bereits auf den Beinen und folgte diesem Kerl. Er flog regelrecht in den Raum, der voll Gerümpel stand. Suko krachte hinein, wobei es unter seinem Gewicht zusammenbrach, aber er erwischte auch den Buckligen, der schrie, als würde er am Spieß stecken. Seinen Gewehrstock hielt er noch umklammert, er schlug damit nach Suko, der war es leid und entriss ihm das verdammte Ding, um es in die Düsternis des Zimmers zu schleudern.
Jetzt sah Suko auch, wo die Lampe brannte. Weiter hinten an der Wand hing sie wie ein großer trüber Tropfen. In diese Richtung schleuderte der Inspektor seinen Gegner. Der Bucklige spielte Flieger. Er breitete noch die Arme aus, krachte unter der Lampe gegen die Wand und schüttelte den Kopf, als hätte ihm jemand Wasser über den Schädel gegossen. Suko wollte nachsetzen, war schon einen Schritt vorgegangen, als er das Knirschen vernahm und auch bemerkte, wie die Wand hinter dem Buckligen nicht nur Risse bekam, sondern auch ins Wanken geriet. Suko musste zurück.
»Hau ab!« schrie er dem Buckligen zu, der nicht hörte, dafür aber lachte und von einem Untergang und der Geisterdämmerung sprach, die auch dieses Haus erfassen würde.
»Wir sind aus dem Pandämonium geflüchtet!« brüllte er mit sich überschlagender Stimme. »Wir sind entkommen, aber das Unheil hat sich auf unsere Fersen geheftet. Es wird uns vernichten, nur vernichten, verflucht noch mal…«
Die letzte Beschimpfung erstarb in einem gewaltigen Krachen, das ertönte, als die Wand zusammenbrach. Sie fiel in sich zusammen und gleichzeitig nach vorn, denn so würde es ihr gelingen, den anderen unter sich zu begraben.
Suko sah, wie sich die Brocken lösten, und er glaubte sogar, für einen kurzen Moment einen hellen Feuerschein zu sehen. Dann löste sich auch die Decke, und er musste aus dem Zimmer verschwinden, wenn er nicht ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen werden wollte. Geduckt huschte er durch die offene Tür, schützte seinen Kopf mit den Armen und blieb erst in der kleinen Diele stehen. Im Zimmer vor ihm rumorte und krachte es. Gewaltige Brocken stürzten zu Boden, das Licht verschwand, riesige Wolken aus Dreck und Staub quollen in die Höhe, drangen durch die offenstehende Tür nach draußen und nahmen Suko die Sicht auf das Chaos und den Wall von Trümmern. Auch seine Umgebung blieb nicht verschont. Als er in die Höhe leuchtete, hatte er das Gefühl, als würde sich die Decke durchbiegen, aber sie hielt, wie auch die übrigen Trennwände der angrenzenden Räume.
Allmählich nur wurde es ruhiger. Es fielen noch einige Reste nach. Dumpf polternde Geräusche entstanden, wenn die Steine zu Boden prallten oder vom Schuttberg rutschten.
Suko stand nahe der Treppe, um, wenn es nötig war, so rasch wie möglich in Deckung zu gehen. Wie sein Freund John Sinclair trug auch er stets eine dieser kleinen Bleistiftleuchten mit sich herum, um für Notfälle gerüstet zu sein. Hier war einer dieser Notfälle eingetreten. Suko schaltete die Lampe ein. Verdammt dünn war der Strahl, der sich zu Beginn noch durch die dünneren Schichten der Staubwolken bohrte, dann aber in den dickeren Staubwolken hängen blieb, so dass er dem Inspektor kaum etwas half.
Geröll, kleinere Steine und Schutt waren durch die zerstörte Tür in den kleinen Flur
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