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Geisterbahn

Geisterbahn

Titel: Geisterbahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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menschliches Baby halten. Und es war nicht menschlich. Es war kein Mensch, verdammt. Es war böse. In seiner Nähe konnte man sich keinen Augenblick lang ungezwungen verhalten; Gefühle machten einen verletzbar. Sie weigerte sich, es Victor zu nennen.
    Und sie weigerte sich sogar einzugestehen, daß es eine geschlechtliche Identität
    hatte. Es war kein kleiner Junge. Es war ein kleines Ungeheuer. »Warum? Warum hast du meinen Victor getötet?«
    »Es hat mich angegriffen«, wiederholte sie. »Du lügst.«
    »Nein!«
    »Verlogene Schlampe.«
    »Sieh mich an!« Sie hob ihre blutenden Hände und Arme. »Sieh doch, was es mir angetan hat.«
    Die Trauer auf Conrads Gesicht war einem Ausdruck des schwärzesten Hasses gewichen. »Du hast versucht, ihn umzubringen, und er wollte sich verteidigen und hat sich gewehrt.«
    »Nein. Es war schrecklich. Entsetzlich. Es hat mich gekratzt. Es hat versucht, mir die Kehle herauszureißen. Es hat versucht ...«
    »Halt die Klappe«, sagte er durch zusammengebissene Zähne.
    »Conrad, du weißt, daß es gewalttätig war. Es hat auch dich manchmal gekratzt. Wenn du der Wahrheit ins Gesicht siehst, wenn du einfach in dein Herz schaust, wirst du eingestehen müssen, daß ich recht habe. Wir haben kein Kind geschaffen. Wir haben ein Ding geschaffen. Und es war schlecht. Es war böse, Conrad. Es ...«
    »Ich hab' dir gesagt, du sollst deine dreckige Klappe halten, du verdammtes Miststück.«
    Er zitterte vor Wut. Flecke aus schaumigem Speichel sprenkelten seine Lippen.
    Ellen zuckte zusammen. »Wirst du die Polizei rufen?«
    »Du weißt doch, daß Schausteller niemals zu den Bullen laufen. Die klären ihre Probleme selbst. Ich weiß genau, wie ich mit so widerwärtigem Dreck wie dir umzugehen habe.«
    Er würde sie umbringen. Davon war sie überzeugt.
    »Warte, hör zu, gib mir Gelegenheit, es dir zu erklären.
    Was für ein Leben hätte es überhaupt führen können?«  wandte sie verzweifelt ein.
    Conrad funkelte sie an. Seine Augen waren mit kaltem Zorn, aber auch mit Wahnsinn erfüllt. Sein frostiger Blick durchbohrte sie, und sie hatte fast den Eindruck, als triebe eine langsame, stumme, kaum wahrnehmbare, aber trotzdem verheerende Explosion Eissplitter durch ihren Körper. Das waren nicht die Augen eines normalen Menschen.
    Sie erschauderte. »Es hätte doch nur ein ganz erbärmliches Leben führen können, wäre immer unglücklich gewesen. Es wäre ein Freak geworden, man hätte es überall nur verspottet, zurückgewiesen, verachtet. Es hätte nicht mal die einfachsten Vergnügungen genießen können.
    Ich habe nichts Falsches getan. Ich habe das arme Ding nur von seinem Elend erlöst. Mehr habe ich nicht getan. Ich habe es vor vielen Jahren der Einsamkeit bewahrt, vor ... «
    Conrad schlug ihr ins Gesicht. Hart.
    Sie schaute hektisch nach links und rechts, sah aber nicht die geringste Möglichkeit zur Flucht.
    Seine scharfen, klar geschnittenen Gesichtszüge wirkten jetzt nicht mehr aristokratisch, sondern starr und angsteinflößend. Die Schatten im Raum meißelten sein Gesicht zu einer wolfsähnlichen Fratze.
    Er trat noch näher an sie heran, gab ihr eine weitere Ohrfeige. Dannbenutzte er seine Fäuste-einmal, zweimal, dreimal. Harte Schläge in den Magen und gegen die Rippen.
    Sie war zu erschöpft, sich zu wehren. Sie glitt unaufhaltsam dem Boden und, wie sie vermutete, dem Tod entgegen.
    Maria, Mutter Gottes!
    Conrad packte Ellen, riß sie mit einer Hand hoch, teilte mit der anderen weitere Ohrfeigen aus und verfluchte seine Frau lautstark. Bald wußte sie nicht mehr, wie oft er sie geschlagen hatte, und verlor die Fähigkeit, neue Schmerzen von der Myriade alter Schmerzen zu unterscheiden, die sie quälten. Und endlich verlor sie auch das Bewußtsein.
    Nach einer unbestimmbaren Zeitspanne trieb sie von einem dunklen Ort zurück, an dem gutturale Stimmen sie in fremden Sprachen bedrohten. Sie öffnete die Augen, und einen Moment lang wußte sie nicht, wo sie war.
    Dann sah sie eine kleine, abscheuliche Leiche auf dem Boden, nur einen Meter von ihr entfernt. Das knorrige Gesicht, für alle Zeiten zu einem bösartigen Schnauben gefroren, war ihr zugewandt.
    Regen trommelte hohl auf das runde Dach des Wohnwagens.
    Ellen lag flach auf dem Boden. Sie setzte sich auf. Sie fühlte sich schrecklich, innerlich völlig kaputt.
    Conrad stand neben dem Bett. Ihre zwei Koffer waren geöffnet, und er warf Kleider in sie hinein.
    Er hatte sie nicht umgebracht. Warum nicht? Er hatte sie

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