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Geisterbahn

Geisterbahn

Titel: Geisterbahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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hinaus.
    Bobs Mund war trocken. Er schluckte heftig und versuchte, etwas Speichel zu produzieren. »Chrissy?«
    Sie antwortete nicht.
    »Chrissy, um Gottes willen, bist du da?«
    Eine Tür quietschte auf geölten Scharnieren. Hinter ihm.
    Als die Tür sich öffnete, wurde die Musik und das Geschrei in der Geisterbahn lauter.
    Als Bob sich zu dem Geräusch umdrehte, fühlte er etwas, das er seit vielen Jahren nicht mehr gefühlt hatte, nicht mehr, seit er als kleiner Junge allein mit der schrecklichen Überzeugung in seinem dunklen Schlafzimmer gelegen hatte, ein grauenhaftes Geschöpf verberge sich im Schrank.

    Er sah einen Wald von Schatten, und alle bis auf einen waren völlig still, aber dieser eine bewegte sich schnell. Er kam direkt auf ihn zu. Bob wurde von starken Schattenhänden ergriffen.
    »Nein.«
    Er wurde mit einer so unglaublichen Kraft gegen die Rückseite der Geisterbahn geschleudert, daß ihm die Luft aus den Lungen getrieben wurde, und sein Kopf schnappte zurück, und sein Schädel prallte hart gegen die Holzwand. Um seine brennenden Lungen zu besänftigen, sog er verzweifelt Nachtluft ein; sie war ganz kalt an seinen Zähnen.
    Der Schatten stieß wieder zu ihm hinab.
    Er bewegte sich nicht wie ein Mensch.
    Bob sah grüne, leuchtende Augen.
    Er riß einen Arm hoch, um sein Gesicht zu schützen, doch der Angreifer schlug tiefer zu; Bob bekam einen Schlag wie von einem Hammer in den Magen ab. Wenigstens glaubte er einen hoffnungslos optimistischen Augenblick lang, geschlagen worden zu sein. Aber das Schattending hatte ihn nicht mit der Faust getroffen. So sauber war das nicht abgelaufen. Es hatte ihn aufgeschlitzt. Er war schwer verletzt. Das nasse, entsetzliche, gleitende Gefühl, sich einfach aufzulösen, füllte ihn aus. Benommen griff er hinab, legte eine zitternde Hand auf seinen Bauch und würgte vor Ekel und Entsetzen, als er fühlte, wie groß die Wunde war.
    Mein Gott, man hat mir den Bauch aufgeschlitzt!
    Der Schatten trat zurück, ging in die Hocke, beobachtete ihn, schnaubte und schnüffelte wie ein Hund, obwohl er viel zu groß war, um solch ein Tier zu sein.
    Hysterisch schnatternd versuchte Bob Drew, seine hinausquellenden Gedärme im Körper zu halten. Wenn sie hinausrutschten, bestand keine Chance mehr, daß man ihn zusammennähen konnte und er wieder gesund wurde.
    Das Schattending zischte ihn an.
    Bob hatte einen zu großen Schock erlitten, um mehr als einen ganz schwachen Schmerz zu fühlen, doch ein roter Schleier senkte sich über seine Augen. Seine Beine verwandelten sich in Wasser und verdunsteten dann langsam unter ihm. Er lehnte sich gegen die Wand der Geisterbahn, wurde sich bewußt, daß er kaum Chancen hatte, diese Sache zu überleben, auch wenn es ihm gelang, auf den Füßen zu bleiben, aber auch, daß er nicht die geringste Chance hatte, wenn er fiel. Seine einzige Hoffnung bestand darin, seinen Bauch zusammenzuhalten. Geh zu einem Arzt. Vielleicht konnte man ihn zusammennähen. Vielleicht konnte man alles wieder an Ort und Stelle schaffen und eine Bauchfellentzündung verhindern. Es war eine reine Spekulation. Eine ziemlich gewagte. Aber vielleicht ... wenn er nicht fiel ... Er mußte auf den Füßen bleiben. Er durfte nicht fallen. Er würde nicht fallen.
    Er fiel zu Boden.
    Die Schausteller nannten es die >Schlangenhautnacht< und freuten sich mit wahrem Zigeunergeist darauf. Der letzte Abend auf dem Platz. Die Nacht, in der sie abbauten. Die Nacht, in der sie einpackten und alle Vorbereitungen trafen, um zur nächsten Stadt weiterzuziehen. Der Jahrmarkt streifte auf ähnliche Art und Weise eine Stadt ab wie eine Schlange ihre tote, schmutzige, ungewollte Haut.
    Für Conrad Straker war diese Schlangenhautnacht immer die beste in der Woche, denn er hoffte weiterhin, gegen jede Vernunft, daß die nächste Stadt die war, in der er Ellen und ihre Kinder fand.
    Um halb zwei morgens hatten die letzten Besucher das Kirmesgelände des Coal County, Pennsylvania, verlassen.
    Schon vorher war mit dem Abbau einiger Buden angefangen worden, doch der Großteil der Arbeit lag noch vor ihnen.
    Conrad hatte bereits den Abbau zweier Schaubuden beaufsichtigt, die ihm ebenfalls gehörten: Die Wurfbude hatte er gegen ein Uhr schließen und abbauen lassen. Die andere war ein Stehimbiß, eine Fastfood-Bude ohne Stühle; die Kunden mußten die Gerichte mitnehmen und unterwegs essen. Diese Bude hatte er schon früher geschlossen, gegen Mitternacht.
    Nun, in der kühlen Mainacht, arbeitete er

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