Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geisterbahn

Geisterbahn

Titel: Geisterbahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
einem widerlichen, nassen, reißenden Geräusch sank der Pfahl tief in die Brust der Frau.
    Jenny schrie, und Blut schoß aus ihrem verzerrten Mund.
    Die Zuschauer schnappten nach Luft. Ein paar Leute schrien entsetzt auf.
    Jennys Kopf sackte zu einer Seite. Ihre Zunge hing aus dem Mund. Ihre Augen starrten blicklos über die Köpfe der Leute im Zelt.
    Der Tod verwandelte das Gesicht der Freiwilligen auf wundersame Weise. Das rote Haar wurde blond. Die Augen waren nicht mehr grün, sondern blau. Das Gesicht war nicht mehr das Jennys, der Frau, die aus dem Publikum auf die Bühne getreten war. Jetzt war es Liz Duncans Gesicht. Jede Ebene, jede Senke, jede Falte, jede Einzelheit entsprach Liz' Gesicht. Es war nicht nur ein Spiel des Lichts und der Schatten. In diesem Sarg befand sich Liz. Liz war gepfählt worden. Liz war tot, und zwischen ihren vollen Lippen sickerte noch immer Blut hervor.
    Amy konnte kaum atmen, als sie zu dem Mädchen neben ihr schaute und erstaunt feststellte, daß ihre Freundin sich noch dort befand. Liz war im Publikum - und doch war sie auch auf der Bühne, in dem Sarg, tot. »Aber du bist das«, sagte Amy völlig verwirrt. »Du bist ... da oben.«
    »Was?« sagte Liz-im-Publikum.
    Liz-im-Sarg starrte in die Ewigkeit und sabberte Blut.
    »Amy?« sagte Liz-im-Publikum. »Ist alles in Ordnung?«
    Liz wird sterben, dachte Amy. Bald. Das ist eine Vorwarnung ... Vorahnung ... was auch immer man dazu sagte.
    Konnte es stimmen? Konnte es wahr sein? Würde Liz getötet werden? Bald? Noch an diesem Abend?
    Marcos entsetzter und schockierter Blick, den er in dem Augenblick aufgesetzt hatte, in dem das Blut aus dem Mund seiner Freiwilligen spritzte, verwandelte sich nun in ein Grinsen. Der Zauberer schnippte mit dem Finger, und die Frau in der Kiste erwachte plötzlich wieder zum Leben. Der Schmerz verschwand aus ihrem Gesicht. Sie lächelte betörend - und sie erinnerte nicht mehr an Liz Duncan.
    Sie hat nie wie Liz ausgesehen, dachte Amy. Das habe ich mir nur eingebildet. Die Drogen. Halluzinationen. Es war keine Vorahnung; Liz wird nicht bald sterben. Mein Gott, muß ich ein Zeug genommen haben!
    Das Publikum seufzte vor Erleichterung, als Marco den Pfahl aus dem Loch im Deckel des Kastens zog. Der Magier sah auch nicht mehr so unheimlich aus. Er war wieder der schäbige, pummelige, unbeholfene Mann, der vor zehn oder fünfzehn Minuten durch die Klappe im Zelt gestolpert war. Die allwissende, böse Persönlichkeit schaute nicht mehr durch Marcos Augen; seine Ähnlichkeit mit dem Teufel war verschwunden.
    Reine Einbildung, sagte Amy sich. Wahnvorstellungen.
    Es hat nichts zu bedeuten. Überhaupt nichts. Liz wird nicht sterben. Keiner von uns wird sterben. Ich muß mich am Riemen reißen.
    Marco half Jenny aus dem Kasten und stellte sie dem Publikum vor. Sie war seine Tochter.
    »Noch ein billiger Trick«, sagte Liz empört.
    Als Amy das Zelt des Zauberers verließ, spürte sie die Enttäuschung bei ihren drei Begleitern. Es war fast so, als hätten sie gehofft, daß man der Frau wirklich einen Pfahl durchs Herz trieb oder eine Guillotine ihr den Kopf abtrennte. Das Zeug, das Liz unter den letzten Joint gemischt hatte, war äußerst stark, denn es machte sie bereits zapplig, ruhelos; sie brauchten immer mehr und aufregendere Erlebnisse, um ihre neu gewonnene, nervöse Energie aufzuzehren. Eine Enthauptung und vergossenes Blut waren anscheinend genau das, was Buzz und Liz, vielleicht auch Richie, sehen mußten, um die Chemikalien zu verbrennen, die in ihren Blutkreisläufen schäumten; genau so etwas mußten sie erleben, um wieder ruhiger zu werden.
    Heute abend kein Dope mehr, schwor Amy sich. Nie mehr Dope. Ich brauche keine Drogen, um glücklich zu sein. Warum nehme ich sie überhaupt?
    Sie gingen zu einer Bude, die sich >Tierkuriositäten<
    schimpfte, und beim Anblick der bizarren Geschöpfe darin wurde Amy ganz anders. Sie sah eine Ziege mit zwei Köpfen; einen Stier mit je drei Augen und Hörnern; ein abscheuliches Schwein mit Augen auf beiden Seiten des Rüssels und zwei weiteren höher im Kopf, aufgerissenen und lederartigen Lippen, aus denen grünlicher Sabber tropfte, und zwei zusätzlichen Beine, die aus der linken Seite ragten. Schließlich gelangten sie zu einem Verschlag, in dem sich ein normal aussehendes Lämmchen befand, und Amy streckte die Hand aus, um es zu streichen; aber als es sich ihr zuwandte, sah sie, daß es eine zweite Nase und ein vorstehendes, blickloses drittes Auge an der

Weitere Kostenlose Bücher