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Geisterblumen

Geisterblumen

Titel: Geisterblumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Jaffe
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war ich froh darüber.
    Althea war allerdings immer noch kühl, als sie auf die Tür zeigte. »Komm mit, Aurora. Es gibt keinen Grund, plappernd wie Papageien auf der Straße herumzustehen. Steig ein.« Sie ließ meinen Arm los, und ich bemerkte, dass sie zufrieden die roten Furchen betrachtete, die ihre Nägel hinterlassen hatten.
    Bridgette, Bain und ich hatten Stunden damit verbracht, dieses erste Gespräch mit Auroras Großmutter zu proben und uns Antworten auf die unvermeidlichen Fragen zu überlegen – wo bist du gewesen, warum bist du verschwunden, wieso bist du zurückgekommen, was ist in jener Nacht geschehen?
    »Erzähl ihr nicht zu viel darüber, wo du gewesen bist«, hatte Bain mich gewarnt. »Sag einfach nur, dass du dich an das meiste nicht erinnern kannst und dich schuldig gefühlt hast, als dein Gedächtnis zurückkehrte.«
    »Ich finde ›schmutzig‹ besser als ›schuldig‹«, hatte ich vorgeschlagen.
    Bridgette hatte den Kopf auf die Seite gelegt wie ein neugieriger Vogel und dann genickt. »Du hast recht. Schmutzig. Das wird Althea verstehen, auch wenn sie nicht sonderlich scharf auf die Einzelheiten sein dürfte.«
    »Und sie soll das Gespräch beginnen«, hatte Bain gedrängt. »Warte ab, bis sie dich fragt.«
    Ich rutschte über den breiten Rücksitz aus karamellfarbenem Leder, und Althea stieg hinter mir ein. Die Tür fiel mit einem leisen Plopp ins Schloss, und ich machte mich auf meine erste Privatvorstellung gefasst.
    »Das ist mal eine Abwechslung am Freitagabend«, sagte Althea, als die Limousine lautlos über die Straße glitt.
    »Ja, das stimmt«, pflichtete Arthur ihr bei.
    »Gin oder Quartett?«, fragte sie.
    Ich war mir nicht sicher, ob sie Arthur oder mich meinte. Sie schaute keinen von uns beiden an. War das ein Test? Sie klappte die Armlehne im Rücksitz herunter und holte ein Kartenspiel mit goldenem Monogramm heraus. Dazu gehörte eine kleine Platte aus Teakholz mit zwei Flügeln, die man zu einem Kartentisch ausklappen konnte. Sie hielt mir die Karten hin und wiederholte ungeduldig: »Gin oder Quartett?« Unsere Blicke begegneten sich.
    »Du möchtest Karten spielen?«
    »Wir haben immer Karten gespielt. Wieso nicht jetzt?«
    Ich überlegte kurz und klopfte mit dem Fingernagel auf den Tisch, um meinen Herzschlag zu übertönen. War es Gin oder Quartett gewesen? Bain und Bridgette hatten nichts von Kartenspielen erwähnt. »Gin.«
    Althea lächelte, aber ich war mir nicht sicher, ob es die richtige Antwort war. »Einen Penny pro Punkt«, verkündete sie. »Ohne Einsatz macht es keinen Spaß.«
    »Ich spiele nicht um Geld.«
    »Das sagen alle. Es stimmt nie.« Sie schob mir die Karten hin. »Heb ab.«
    Während ich zusah, wie sie die Karten zusammenschob, begriff ich, dass mir der kühle Empfang sehr recht war – er vertrieb meine Sorge, dass wir sie mit dem, was wir drei planten, verletzen könnten. Althea Silverton war unverwundbar.
    Sie gab rasch und geschickt, wie jemand, der in Übung ist. Wir spielten schweigend, man hörte nur das Geräusch der Karten, die aufgenommen und hingelegt wurden. Einmal sagte sie: »Du spielst gut.«
    Sie war eine gerissene Spielerin, aber ich konnte es mit ihr aufnehmen, auch wenn ich nicht ganz bei der Sache war, weil ich zwischendurch aus dem Fenster schaute. Angesichts des Lebens, das ich geführt hatte, war es ganz praktisch, wenn man Menschen und ihre Karten gleichzeitig einschätzen konnte.
    Aus Bains Lektionen – der Immobilienbesitz der Familie war eines seiner Lieblingsthemen – wusste ich, dass das Anwesen der Silvertons auf einem weitläufigen Grundstück stand, das Auroras Großvater Sargeant Silverton und Althea im Laufe der Zeit zusammengekauft hatten. Als Sargeant sein Immobilienvermögen aufbaute, erwarben sie immer mehr Land, bis ihnen fast die gesamte Hügelkuppe bis hin zum Ventana Canyon gehörte. Sie bauten ihr Haus, das offiziell Silverton House hieß, aber einfach nur als »das Haus« bezeichnet wurde, und danach Häuser für ihre Kinder, wenn sie heirateten. Unmittelbar neben dem Haus befand sich Silverton Manse, in dem Bridgette und Bain mit ihrem Vater wohnten, dahinter lag Weathervane, das Haus von Tante Claire und Onkel Thom. Als ich mich erkundigte, woher der Name stammte, erwiderte Bain, das würde ich verstehen, sobald ich es gesehen hätte.
    Als wir den Hügel hinauffuhren, entdeckte ich ein Gebäude aus Glas und Stahl, das wie ein Adler mit geöffneten Schwingen über den Canyon ragte. Oder eben wie eine

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