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Geisterblumen

Geisterblumen

Titel: Geisterblumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Jaffe
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Wetterfahne, die nach Norden zeigt.
    Wir hielten vor zwei gewaltigen eisernen Toren, die von zwei verschlungenen S geschmückt wurden.
    »Gin«, verkündete Althea und legte ihre Karten hin. Dann schaute sie mich durch die getönten Brillengläser an. »Bist du auf Drogen?«
    Ich sah in ihrer Brille, wie sich meine Augen überrascht weiteten. »Nein.«
    »Hast du irgendwelche Krankheiten?«
    »Nein.«
    Schweigen. Sie nickte einmal zum Rückspiegel, und die Tore schwangen auf. Der große Wagen glitt hindurch und die Zufahrt zum Haus entlang. Mich überkam das beängstigende Gefühl, dass es jetzt erst richtig losging.
    Sie hob die dünne Faust zum Mund und räusperte sich. »Wenn wir da sind, wirst du dich sofort in dein Zimmer begeben und warten, bis man dich morgen früh herunterruft. Das Personal muss über deine Rückkehr informiert werden, aber auf meine Weise, nicht auf deine.« Ihre Stimme klang hart und kalt, ohne die geringste Freundlichkeit. »Ich habe kein Problem damit, dich hinauszuwerfen, junge Dame. Wenn du bleiben möchtest, solltest du besser kooperieren … als in der Vergangenheit.«
    Ich nickte.
In der Vergangenheit. Wie war die wirkliche Aurora gewesen?
, fragte ich mich.
    Der Wagen rollte an dem gewaltigen steinernen Springbrunnen in der Mitte der runden Einfahrt vorbei und hielt vor einem Portal, zu dem drei Stufen führten. Kleine Scheinwerfer tauchten die in Stein gefassten Fenster in ein goldenes Licht. Die eichene Haustür war gewaltig, handgeschnitzt und zeigte die Geschichte von Apollo und Daphne. Sie war ein Hochzeitsgeschenk von Auroras Vater an seine Frau gewesen. Die Fassade erinnerte an eine toskanische Villa, doch ihre Dimensionen überstiegen sogar die der Medici. Drei Stockwerke zogen sich um einen offenen Innenhof. Viel gewaltiger als auf den Fotos, die ich gesehen hatte.
    »Weißt du, warum du beim Gin verloren hast?«, fragte Althea.
    »Weil du besser warst.«
    »Nein. Weil du achtlos warst.« Sie sprach schnell und noch eindringlicher als zuvor. »Ich konnte immer deine Hand sehen, sie spiegelte sich im Fenster. Ich wusste jedes Mal im Voraus, welchen Zug du machen würdest. Ein dummer Fehler.« Sie schaute mich über die getönte Brille hinweg an. »Du solltest besser auf dich aufpassen.«
    Ich hatte den Eindruck, dass es nicht nur ums Kartenspiel ging, und erwiderte daher: »Vielleicht solltest du nicht die Asse in der Hand verschwinden lassen.«
    Sie holte überrascht Luft und sagte dann fast verwundert: »Du hast dich verändert.«
    »Ich betrachte es als Kompliment.«
    Mir war, als wollte sie etwas sagen, doch dann stand Arthur da und hielt ihr die Tür auf. Als sie ausgestiegen war, kam er herum und öffnete meine Tür. Ich atmete einen Moment lang die warme Nachtluft ein, die süß nach Geißblatt duftete, und schaute an Silverton House empor.
    Althea hatte gesagt, dass alle schliefen, doch als ich die Reihen schimmernder Fenster betrachtete, war mir, als würde mich jemand beobachten.
Das Haus,
dachte ich dann. Es war, als würde mich das Haus beobachten. Auf mich warten.
    Etwas stimmt nicht
, sagte eine Stimme in meinem Kopf.
Das hier wird dir nichts Gutes bringen. Geh, solange du kannst.
    Doch Altheas Hand umfasste meinen Arm wie eine Klaue, und sie führte mich hinein.

13. Kapitel
    W ährend ich neben Althea herging, rief ich mir noch einmal den Grundriss des Hauses ins Gedächtnis, um mich auf die nächste Prüfung vorzubereiten.
    Althea räusperte sich. »Dein Zimmer«, forderte sie mich auf. Ich spürte, wie sich ihr Blick förmlich in mich einbrannte. Auroras Zimmer befand sich im zweiten Stock in der südwestlichen Ecke. Von der Haustür aus führten zwei Wege nach oben.
    Ich konnte entweder nach rechts gehen …
    »Wohin willst du?«, fragte Althea. Ich drehte mich um. Ihre Augen hinter der getönten Sonnenbrille blickten herausfordernd.
    »In mein Zimmer.«
    »Du nimmst nicht die Treppe?«
    »Der kürzeste Weg führt über den Innenhof und über die mittlere Treppe.« Ich bemerkte, wie sich ihr Gesichtsausdruck veränderte. »Du hast gesagt, ich soll direkt dorthin gehen.« Ich bemühte mich, die Selbstzufriedenheit in meiner Stimme zu unterdrücken.
    Wenn ich stand, war ich einen halben Kopf größer als sie, so dass ich nun mühelos durch ihre getönte Brille schauen konnte. Ich bemerkte eine Mischung aus Überraschung und Verwirrung in ihrem Gesicht.
    »In der Tat. Ich hatte nur nicht erwartet, dass du so gehorsam sein würdest.«
    »Wie du schon

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