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Geisterblumen

Geisterblumen

Titel: Geisterblumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Jaffe
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Parklücke setzte.
    »Du hast Angst vor ihr«, sagte ich.
    Der Zahnstocher verharrte reglos. Bain hatte den Kopf nach hinten über die rechte Schulter gedreht, so dass er mir genau ins Gesicht sah. »Nein, habe ich nicht. Warum sollte ich vor meiner kleinen Schwester Angst haben?«, fragte er herausfordernd.
    Ich konnte nicht antworten, wusste aber, dass ich recht hatte. Man spürt so etwas, wenn man wie ich gelebt hat.
    Drei Herzschläge lang saßen wir so da, seine Augen waren auf mich gerichtet, den Zahnstocher hatte er zwischen den Lippen. Lange genug, um zu bemerken, dass er nicht blinzelte. Lange genug, um zu merken, wie sein Trotz etwas anderem wich, einem eindringlichen Ausdruck, der Sehnsucht oder Hass oder etwas von beidem sein konnte.
    Mit betont gleichgültiger Stimme sagte er: »Wenn ich dich sehe, vermisse ich meine Cousine.«
    »Habt ihr euch nahegestanden?«
    »Wir waren eine Familie.« Dann wandte er sich abrupt ab und legte den Gang ein. Er hielt den Fuß auf der Bremse und ließ den Motor so lange aufheulen, bis der Porsche mit quietschenden Reifen auf die Straße schoss.
    Die nächsten zehn Minuten verbrachten wir schweigend. Als wir eine gewundene Straße hinauffuhren, beleuchteten die Scheinwerfer cremefarbene Felsen, dann graues Geröll und schließlich Bäume, die immer und immer höher wurden. Wir kamen an einem silbernen Briefkasten vorbei, dann bog Bain in einen schmalen Weg zwischen den Bäumen ein, wurde langsamer und kam vor einer Dreifachgarage zum Stehen. Sie befand sich in einem zweistöckigen, steinernen Gebäude mit einem eckigen Turm an der Seite, an dem Kletterpflanzen emporrankten. Ein warmes, gelbes Licht drang aus den Fenstern über den Garagen und dem Turm, doch ansonsten war die gesamte Umgebung dunkel.
    »Wir sind da«, sagte er und stieg aus. »Willkommen in der Familienhütte.«
    Ich stieg ebenfalls aus. »Die meisten Leute würden das hier eher als Burg bezeichnen.«
    Bridgettes Stimme erklang von der anderen Seite der Kiesauffahrt. »Du wirst feststellen, dass wir nicht wie die meisten Leute sind.«
    Sie stand neben einer breiten Tür am Fuß des Turms. Sie hatte graue Leggings und einen
weiten, hellblauen Pullover angezogen, trug aber noch immer ihre Mokassins. Die Arme hielt sie vor der Brust verschränkt. »Zum einen sind wir vorsichtiger. Jetzt sag mir deinen Namen, bevor du noch einen Schritt weitergehst. Und komm mir nicht mit Eve Brightman. Es gibt keine Eve Brightman, das habe ich überprüft. Du bist nicht mal bei Facebook. Wer bist du
wirklich

    Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Nichts in meinem Leben hatte jemals in Kategorien gepasst, in denen die zwei dachten. Aber das konnte ich Bridgette schlecht sagen. Stattdessen erwiderte ich in herausforderndem Ton: »Warum ist das wichtig?«
    »Das ist keine Antwort. Ich will eine Antwort.«
    Ich beobachtete eine Motte, die um das buttergelbe Licht neben der solide aussehenden Tür flatterte, und musste an den Kokon von vorhin denken.
    Ich entschied mich für die Wahrheit.

5. Kapitel
    » I ch bin auf der Flucht«, sagte ich. »Ich habe mich versteckt.«
    Bridgette kniff ein wenig die Augen zu, und ich ahnte, dass sie damit nicht gerechnet hatte. »Vor wem?«
    »Vor jemandem, der glaubt, ich hätte etwas, das er haben will.«
    »Wirst du von der Polizei gesucht?«
    »Nein.« Ich war mir ziemlich sicher, dass es stimmte, aber hundertprozentig wusste ich es nicht.
    »Also ist es nur … diese eine Person. Wer ist es?«
    »Das geht dich nichts an.«
    Da trat Bain neben mich. »Du hast mir nicht gesagt, dass du kriminell bist. Du hast mich getäuscht.«
    »Ich bin nicht kriminell. Und du hast auch nicht danach gefragt.«
    »Wie heißt du in Wirklichkeit?«
    Ich dachte ernsthaft darüber nach und sagte: »Ich glaube, das möchte ich dir nicht sagen.«
    Als er die Zähne aufeinanderpresste, erschienen dunkle Höhlen unter seinen Wangenknochen. »Vergiss es. Die Sache ist gestorben.«
    Bridgette schaute ihn neugierig an. »Es war doch deine Idee.«
    »Nun, ich habe es mir anders überlegt. Es war eine schlechte Idee. Und wie du mir sicher gleich unter die Nase reiben wirst, auch nicht meine erste.« Er schaute wieder zu mir. »Ich bringe dich zurück nach Tucson. Außer, du möchtest lieber mit Bridgette fahren.«
    »Das ist mir egal.«
    Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, dass Bridgette uns amüsiert beobachtete. »Bain, könnte ich dich kurz sprechen?«
    Er riss sich von mir los und funkelte sie an.

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