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Geisterbucht

Geisterbucht

Titel: Geisterbucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Vollenbruch
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Hundertfünfzigmeterläufen war er weit entfernt. Also übte er sich in einem flotten Schritt, bis er das Polizeirevier erreichte.
    Dort ließ man ihn erst einmal zehn Minuten warten, bevor er zu Inspektor Havilland geführt wurde. Anders als sein Kollege Cotta in Rocky Beach hatte Havilland ein tadellos aufgeräumtes Büro und an der Wand hingen keine Poster von Humphrey Bogart und anderen Filmstars vergangener Zeiten, sondern diverse Diplome, Auszeichnungen und Familienfotos. Und der kleine Wimpel mit der amerikanischen Flagge stand ordentlich auf dem Schreibtisch, statt in einem Kaktus auf der Fensterbank zu stecken.
    »Ah, Justus«, begrüßte ihn der Inspektor. »Setz dich. Wo hast du denn deine Kollegen gelassen?«
    »Im Stau.« Justus setzte sich auf den angebotenen Besucherstuhl. Während der Wartezeit hatte er sich überlegt, so viele Informationen wie möglich aus Havilland herauszulocken, wenn er seine Zeit schon hier vertun musste. Also kam er gleich ohne Umschweife zur Sache. »Ich muss Ihnen etwas über Rashura erzählen.«
    »Über wen?«
    »Rashura.«
    »Wer ist das?«
    »Das wissen wir noch nicht. Aber es sind die Leute, die bei Mr Shreber eingebrochen sind und Mr Mason verletzt haben. Und vermutlich stecken sie auch hinter dem Versuch, ihn zu vergiften. Wie geht es ihm?«
    »Unverändert.« Havilland runzelte die Stirn und schrieb den Namen auf. »Rashura. Vielleicht indianisch …«
    »Oder indisch. Wir haben die Bedeutung aber noch nicht herausgefunden.«
    »Warum indisch?«
    »Weil Mr Shreber in den letzten Jahren immer wieder ein seltsames Foto zugeschickt wurde, das ihn sehr zu beunruhigen schien. Offenbar hatte er mit einem Ereignis zu tun, das auf dem Foto als Cochin Big Blind bezeichnet wird und 1972 stattfand. Cochin dürfte die heutige indische Hafenstadt Kochi sein. Außerdem steht auf dem Foto noch etwas in einer vermutlich indischen Schrift geschrieben, aber wir haben noch nicht herausgefunden, was es heißt.«
    Havilland zog die Brauen hoch. »Dieses Foto würde ich gerne sehen.«
    »Ich habe es zu Hause, aber ich kann es Ihnen gerne schicken. Ein Mann namens Taylor, der zusammen mit einem Komplizen einen Polizeiwagen gestohlen und sich bei uns als Polizist ausgegeben hat, wollte es uns abnehmen, aber ich habe ihm nur den leeren Umschlag gegeben.«
    »Rashura, Cochin Big Blind 1972, Taylor. Das ist ja schon etwas. Kannst du diesen Taylor beschreiben?«
    »Ja, natürlich. Er war etwa vierzig Jahre alt und schlank. Braune Augen und dunkelbraune Haare, die er militärisch kurz geschnitten hatte. Er trug schwarze Kleidung und hatte ein auffälliges Grübchen am Kinn. Außerdem trug er einen Ring mit einem kleinen Stachelkranz am rechten Ringfinger. Daran habe ich gemerkt, dass er kein echter Polizist war. Kein Polizist der Welt trägt im Dienst einen solchen Ring.«
    Havilland lächelte anerkennend. »Solche genauen Beschreibungen hätte ich gerne öfter.« Er schrieb alles auf, rief einen Beamten herein und gab ihm die Beschreibung. »Wir erweitern die Fahndung auf diesen Mann. Und schicken Sie mir Sergeant Madhu herein.«
    »Jawohl, Inspektor«, sagte der Polizist und ging.
    Justus wand sich auf seinem Stuhl.
    »Ist etwas?«, erkundigte sich Havilland.
    »Nun ja … dauert das noch lange? Meine Kollegen und ich verfolgen eine Spur …«
    Havilland unterdrückte ein weiteres Lächeln. »Dann will ich euch natürlich nicht aufhalten.« Er blickte auf, als ein uniformierter Polizist hereinkam. Der Mann war schwarzhaarig und dunkelhäutig und musterte Justus aus schwarzen Augen.
    »Madhu«, sagte Havilland, »Sie kommen doch aus Indien. Kennen Sie ein Wort namens Rashura?«
    Der Polizist wandte sich von Justus ab und Havilland zu. »Nein, Sir. Das Wort habe ich nie gehört.«
    »Schade«, sagte Havilland. »Das wäre ja auch zu einfach gewesen. Danke, Sie können gehen.« Madhu ging hinaus und streifte Justus noch mit einem Blick, der den Ersten Detektiv trotz der Hitze frösteln ließ. Dieser Polizist mochte ihn nicht – ganz und gar nicht. Aber Justus war sicher, dass er den Mann noch nie gesehen hatte. Vielleicht mochte er einfach grundsätzlich keine Jugendlichen, die sich in die Fälle der Polizei einmischten.
    Justus folgte Inspektor Havilland zu den Zellen der Untersuchungshäftlinge. In einer davon saß ein junger Mann auf der Pritsche. Als er Havilland sah, sprang er auf. »Ist dieser Zirkus jetzt endlich vorbei? Kann ich gehen? Wissen Sie, was mein Vater Ihnen erzählen wird, Sie

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