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Geisterflut

Geisterflut

Titel: Geisterflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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Sanfords den Bonus bekommen hätte.
    Es wären zehn Riesen für sie gewesen, mehr als genug, um ihre Schulden bei Bump zu begleichen.
    Diese bescheuerten Geister verdarben immer alles - wie plärrende Babys in einem netten Restaurant.
    Die Sanfords boten ihr einen Kaffee an, den sie dankend ablehnte, und ein Glas Wasser, das sie dankend annahm, und dann unterschrieben sie diverse Formulare und eidesstattliche Erklärungen. Als Chess ihnen schließlich den Scheck überreichte, war es schon fast halb zehn, und dabei musste sie noch beim Friedhof vorbei, ehe sie auf den Markt konnte. Der verdammte Mr. Dunlop. Sie hoffte, dass er seine gerechte Strafe bekam.

2
    »Und so begab es sich, dass die Kirche einen Bund
    mit der Menschheit schloss, um sie vor der Niedertracht der
    Toten zu bewahren; und sollte der Kirche dies einmal nicht
    gelingen, so wird sie Wiedergutmachung leisten.«
    Das Buch der Wahrheit, »Veraxis«, Artikel 201
    Der Markt war schon in vollem Gange, als Chess kurz vor elf dort eintraf. Sie war körperlich ruhig und geistig gefasst. Eine schnelle Dusche, die schwarz gefärbte Betty-Page-Frisur geföhnt, Freizeitklamotten an und das Wonnegefühl einer weiteren Cept, das sich in ihren Blutbahnen breit machte - mehr brauchte sie nicht, um sich wieder halbwegs normal zu fühlen.
    Stimmengewirr hing über dem Platz, als sie an der bröckelnden Säulenplatte vorüberging, die einmal zum Eingang einer christlichen Kirche gehört hatte. Das Gebäude selbst war natürlich längst abgerissen worden. Man hatte es nicht mehr gebraucht. Wer wollte schon für nichts und wieder nichts an einen Gott glauben, nachdem die »Kirche der Wahrheit« bewiesen hatte, dass es ein Leben nach dem Tod gab und sie außerdem wusste, wie man Magie und Energie nutzbar machte?
    Die Säulenplatte aber war geblieben, ein nutzloses Relikt, wie so vieles andere. Wie ich letztlich auch, dachte Chess.
    Vor der Mauer gegenüber boten Händler Obst und Gemüse an, das im Licht der Fackeln feucht und wächsern schimmerte. Von Balken baumelten Rinderhälften und Geflügel, ganze Lämmer und Schweine, in Blutgeruch gehüllt. Ihr Blut sammelte sich in Pfützen auf der ungepflasterten Straße und haftete an den Schuhen der Passanten, die anschließend an den Feuertonnen vorübergingen, wo man seine Einkäufe gleich an Ort und Stelle garen konnte.
    Anschließend kam der Abschnitt mit den Klamotten, aber keine sauberen, ladenmäßigen Stände, denn die Händler auf dem Markt von Downside kannten ihre Kundschaft. Zerlumpte schwarze und graue Kleider flatterten gespensterhaft im Wind. Bunte Röcke und schwarzes Latex zierten die wackligen Stellwände und lugten am Boden aus staubigen Kartons. Schmuck, der größtenteils aus Rasierklingen und Spikes bestand, spiegelte den Flammenschein. Chess schlenderte durch die schmalen Gänge und beachtete die Leute kaum, die ihr eilig aus dem Weg gingen. Wer sie kannte, blickte kurz zu ihr hinüber oder schenkte ihr ein beiläufiges Lächeln, doch wer sie nicht kannte ... der sah ihre Tätowierungen, sah eine Hexe und machte einen großen Bogen um sie. Einer gesetzlichen Vorschrift zufolge durfte man sich magische Symbole oder Runen nur tätowieren lassen, wenn man Mitarbeiter einer Kirche war, egal welcher, und als solcher war man nun mal nicht überall gern gesehen. Schon gar nicht dort, wo die Leute gute Gründe hatten, ihrer Regierung zu grollen.
    Früher hatte Chess sich daran gestört. Doch mittlerweile war es ihr egal. Wer wollte schon von irgendwelchen Leuten behelligt werden, die ihre Nase in Sachen steckten, die sie nichts angingen? Sie jedenfalls nicht.
    Chess mochte den Markt, zumal wenn ihr Blick ein wenig zu verschwimmen begann. Denn dann sah sie nicht mehr so genau, wie abgemagert manche Händler und auch die Kinder waren, die in Lumpen gekleidet zwischen den Ständen hin und her flitzten und verlorene Münzen oder Essensreste aufklaubten. Es tat ihr leid, wie die Kinder sich selbst an einem recht milden Abend wie diesem um die Feuertonnen drängten, als könnten sie dabei genug Wärme speichern, um den nahenden Winter zu überstehen. Und sie wollte auch nicht ständig an den krassen Unterschied zwischen dem Vorstadtviertel der Sanfords und dem Zentrum von Downside, wo sie selbst wohnte, erinnert werden.
    Irgendwo in der Mitte des Marktes fand sie Edsel, der wie ein aufgebahrter Leichnam hinter seinem Stand ruhte. Die Reglosigkeit seines Körpers und seiner schweren Augenlider täuschte die Leute immer

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