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Geisterjagd

Geisterjagd

Titel: Geisterjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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gewöhnlichen Schere schneiden?” Sie riß die beiden anderen Folienpakete auf und berührte das darin befindliche Material. „Diese hier auch?”
    „Ja.” Er reichte ihr ein Paar glänzender Handschuhe. „Trage sie, wenn du arbeitest. Am besten wäre es, du würdest im Dachgarten schneidern, wo es ein wenig Luftzirkulation gibt. Und bring nichts davon direkt mit deiner Haut in Berührung.” Er blickte sie ernst an. Jetzt gab er sich ihr gegenüber steif und verschlossen, und wenn er sie berührte, geschah dies mit einer vorsichtigen Zartheit, als wäre sie ein uraltes, gebrechliches Geschöpf. Manchmal sprach er sehr leise zu ihr, manchmal mit einer so entschieden fröhlichen Stimme, daß sie ihn treten wollte. Ziemlich inbrünstig hoffte sie, er würde sich an den Gedanken gewöhnen und sich in das recht lässige Geben und Nehmen entspannen, das sie in den letzten drei Jahren zunehmend selbstverständlich praktiziert hatten. „Laß keine Reste herumliegen”, warnte er. „Wenn du fertig bist, kannst du sie mir geben.”
    „Was ist, wenn ich fertig bin?”
    „Laß die Kleider in die Folie eingewickelt, und bewahre sie an einem Ort auf, wo sie kühl bleiben.” Er strich über die zerknitterte Metallfolie und lächelte plötzlich, ein breites, blitzendes Grinsen, das sein Gesicht erhellte. „Du brauchst dich nicht darum zu sorgen, daß sie knittern.”
    „Was ist mit den Dienerinnen, die mir Vater zur Seite stellen wird? Es gibt nichts, was ich dagegen tun könnte. Es ist Tradition.
    Sie kleiden mich für die Zeremonie. Außerdem brauche ich sie unbedingt - mit diesen ganzen verdammten Kleidern kann ich allein nicht klarkommen.”
    Acthon bewegte sich unruhig, seine Miene verfinsterte sich. „Du weißt darüber besser Bescheid als ich. Denk dir etwas aus. Behaupte nicht, so etwas Einfaches könnte dich aufhalten.”
    „Hah! Du hast leicht reden!”
    Drei Tage. Zwei Wochen auf dem Schiff. Und dann…
    0 Gott, ich habe schreckliche Angst vordem, was ich tun will.
    Mein Vater wird mich bei der Hand nehmen und mich in den Saal führen, wird mich zu meinem Krötenbräutigam führen. Die Türen werden steh hinter uns schließen. Ich kenne seine Pläne. Mein Vater wird zu mir kom men und meine Hand ergreifen und mich hineingeleiten, und ich, ich werde meinen Schleier beiseite reißen und - ich werde den Auslösestreifen losreißen und…
    Welche Götter es auch geben mag - helft mir!
    Am Abend vor der Einschiffung wickelte Lilit ihr Tagebuch in ein quadratisches Stück Seide, band es zu einem ordentlichen Bündel und gab es Acthon, der es verstecken sollte, und sie bekam sein Versprechen, daß er es nicht öffnen werde, bis das Signal des Schmugglers kam.
    Der Junge und der Dieb
    Der Dieb schob sich durch die wimmelnde Menge in der Kuppelhalle, in der die eintreffenden Vergnügungssuchenden nach den Fähren Ausschau hielten, welche sie zu ihren Endzielen befördern würden, und der Junge trottete hinter ihm her. Ein wenig fühlte er sich wie ein Schwimmfüßlerküken, das hinter seiner Mutter herwatschelte, obwohl Stawer selbst in seiner gegenwärtigen Verkleidung keine allzu überzeugende Mutter abgab. Der Junge lächelte hinter dem verhaßten Schleier und hielt sich so nahe wie nur möglich an die große, schmale Gestalt, wobei er sorgfältig darauf achtete, nur ja nicht auf die hinter der Vijayne herschleifenden Gewänder zu treten.
    Die Menge war laut und fröhlich, obgleich sich die Tünche hier und dort abnutzte und unter der Belastung von Körperhitze und seltsamen Gerüchen manch müdes Temperament hervorbrach - bis auf vier Drehkreuze waren sämtliche Abfertigungsterminals geschlossen worden, was die Wartezeiten ins Unermeßliche verlängerte.
    Mengenkontrollrobots jagten geschäftig umher und beschränkten mit samtener Kraft jeden Wortwechsel, der auszuufern oder über den erhitzten Austausch von Beleidigungen hinauszugehen drohte. Kinder jammerten oder schluchzten oder schrien -jeweils ihrer Natur oder, wenn sie bereits alt genug waren, ihrer Kultur entsprechend.
    Der Junge beobachtete sie mit Abscheu und fühlte sich ihnen allen unendlich überlegen. Und er fand Zeit, die feinen Änderungen von Mienenspiel und Körperhaltung zu bemerken und zu genießen, wenn Stavver in den Gewändern der Vijayne an den Angehörigen dieser oder jener Spezies vorbeistolzierte, andere vorsichtig umkreiste und schließlich anhielt, um wieder andere an sich vorbeistelzen zu lassen. Es ist wie ein phantastischer Tanz,

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