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Geisterlicht: Roman (German Edition)

Geisterlicht: Roman (German Edition)

Titel: Geisterlicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elaine Winter
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Holzdielen des kleinen Zimmers kniete. »Worum ging es in der Erzählung?«
    Der Blick der glitzernden grauen Augen huschte suchend durch das kleine Zimmer, glitt zum Fenster, blieb an den Ästen eines Baums draußen hängen und kehrte dann zu Dawn zurück. »Als ich die Geschichte hörte, war ich noch ein kleines Mädchen. Das ist sehr lange her. Ich kenne den Namen, aber was ihr widerfahren ist, weiß ich nicht mehr.«
    Dawn hätte die alte Frau am liebsten bei den Schultern gepackt und sanft geschüttelt, damit sie sich vielleicht doch erinnerte. »Es ist sehr wichtig für mich, etwas über Catriona zu erfahren«, erklärte sie. »Sie ist meine Urahnin … und ich glaube, sie braucht Hilfe.«
    Die Alte legte den Kopf schief und kniff die ohnehin schon schmalen Augen zusammen. »Sie findet keine Ruhe?« Ihre Frage klang so selbstverständlich, als würde sie keinen Moment anzweifeln, dass Dawn etwas über den momentanen Zustand einer Vorfahrin wusste, die schon seit Hunderten von Jahren tot war.
    Dawn nickte stumm.
    Lange herrschte Schweigen im Zimmer. Nur die Uhr in der Ecke tickte geschäftig. Plötzlich meinte Dawn, eine ferne Stimme zu hören, die ihren Namen rief. Sie richtete sich kerzengerade auf und lauschte. Fiona? Die Stimme verhallte in der Ferne. Dennoch war Dawn sich nun sicher, dass ihre Schwester inzwischen in Kelton angekommen war und dort auf sie wartete.
    Aber bevor sie Fiona begrüßen konnte, musste sie versuchen, irgendeine Information aus der alten Frau herauszubekommen. Die Greisin hatte ihre Kindheit und Jugend in Kelton verbracht und war über neunzig Jahre alt. Tatsächlich schien sie sich zumindest an Catrionas Namen zu erinnern. Vielleicht fiel ihr ja doch noch irgendetwas ein.
    »Meine Schwester«, sagte die Alte plötzlich. »Sie ist fünf Jahre älter als ich. Vielleicht erinnert sie sich noch. Wir haben als kleine Mädchen immer auf dem Fußboden gespielt, wenn die Frauen sich abends bei Nähen die alten Geschichten erzählten.«
    »Sie haben eine Schwester?« Wieder rutschte Dawn im Sessel ganz nach vorn.
    »Ja, die habe ich. Heather ist gerade in dem großen Einkaufszentrum unterwegs.«
    »Aha«, machte Dawn und fragte lieber nicht, ob die fünfundneunzigjährige Heather mit dem Auto dorthin gefahren war. »Was denken Sie, wann sie wiederkommt?«
    »Ach, Heather liebt es, bummeln zu gehen«, erklärte die alte Frau in selbstverständlichem Ton. »Und nach dem Einkaufen kann sie stundenlang im Café sitzen und sich die vorübergehenden Menschen ansehen. Mir ist das zu langweilig.«
    Dawn nickte verblüfft. »Darf ich vielleicht so lange hier warten? Ich würde sehr gern mit Ihrer Schwester sprechen.«
    »Sicher, mein Kind. Wenn Sie so lange Geduld haben. Leider lebt unsere älteste Schwester Keita nicht mehr. Sie würde sich sicher erinnern, aber sie ist im vergangenen Frühjahr von uns gegangen. Noch nicht einmal hundert Jahre war sie alt.« Die Greisin seufzte tief und stand dann erstaunlich behände aus ihrem tiefen Sessel auf. »Ich mache uns noch einen Tee.« Leise vor sich hin murmelnd verschwand die alte Frau in Richtung Küche.
    Dawn suchte in ihrer Tasche nach dem Handy, stellte aber fest, dass sie es wieder einmal vergessen hatte. Morgens war sie in großer Eile gewesen, um den Zug in Richtung Westküste noch zu erwischen. Zu Hause in ihrem abgelegenen Tal gab es keinen Handyempfang, so dass sie ihr kleines silberfarbenes Mobiltelefon ohnehin ständig verlegte. Und eigentlich brauchte sie es auch nicht wirklich.
    Dawn schloss die Augen, konzentrierte sich und sandte ihrer Schwester in Gedanken eine Nachricht.

Drittes Kapitel
    Etwas erstaunt betrachtete Aidan die junge Frau, die ihm die Tür geöffnet hatte. Sie stand bewegungslos da und starrte ihn an wie eine Geistererscheinung. Ihre vollen Lippen waren leicht geöffnet, ihre Augen hatten die silbergrüne Farbe des Loch Sinclair, dessen Wasser er vom Fenster seines Arbeitszimmers aus sehen konnte. Er räusperte sich, und sie zuckte zusammen, als hätte sie nicht damit gerechnet, dass er irgendein Lebenszeichen von sich geben könnte.
    »Wenn Dawn nicht da ist, sollte ich vielleicht lieber später wiederkommen. Wissen Sie, wann sie wieder zu Hause sein wird?« Er versuchte sich an einem unverbindlichen Lächeln, doch diese Frau hatte etwas an sich, das es ihm fast unmöglich machte, gleichmütig zu bleiben. Es war verrückt, aber er hatte das Gefühl, er hätte schon tausend Mal in diese wunderschönen Augen gesehen. Er

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