Geisterreigen
Hinblick auf dem Fluch, Reverend Lansing?" Diana hob die Augenbrauen. Selten war ihr ein Mensch auf den ersten Blick so unsympathisch gewesen. Abgesehen vom harten Klang seiner Stimme, schien Ian Lansing jegliche Güte zu fehlen. Er strahlte eine Unnahbarkeit aus, die sie fast schmerzte. Sie fragte sich, durch welche Umstände ein Mann wie er Pfarrer geworden war.
"Ja." Er nickte. "Ihnen ist sicher nicht verschwiegen worden, daß die Töchter der Rowlands in England dem Tode geweiht sind."
"Ich bin nicht abergläubisch, Reverend Lansing", erwiderte die junge Frau. "Was immer den Töchtern der Rowlands das Leben gekostet hat, es ist sicherlich nicht dieser Fluch gewesen." Sie legte eine Hand auf den Sarkophag, vor dem sie stand. "Ich weiß nicht viel von der Geschichte meiner Familie, aber ich bin en tschlossen, alles über sie zu lesen, was nur jemals über die Rowlands geschrieben wurde."
"Es ist keine erfreuliche Geschichte, Miß Rowland, das muß ich zu meinem Bedauern sagen. Bis ins neunzehnte Jahrhundert hinein hat es kaum einen Rowland gegeben, der nicht Not und Leid über die Menschen gebracht hätte, die ihm durch Gott anve rtraut waren."
"Und was ist mit Andrew Rowland?" fragte Diana scharf. "Hat er nicht versucht, die Fehler seines V aters wieder gutzumachen?"
"Mag sein, doch es reichte nicht aus, um das Blut abzuw aschen, das seine Vorfahren vergossen haben." Reverend Lansing schlug auf den Sarkophag. "Kein Rowland hätte es verdient, in diesem ehrwürdigen Haus beigesetzt zu werden." Er wies auf die mit reichen Schnitzereien versehene Kirchenbank, die sich seitlich des Altars entlang zog. "Hier haben die Rowlands gesessen und den Segen des Allmächtigen auf sich herab gefleht, während sie gleichzeitig Tod und Verderben über ihre Untergebenen gebracht haben. Sie..."
"Ich habe Ihnen jetzt lange genug zugehört, Reverend La nsing", fiel ihm Diana ins Wort und sah ihn herausfordernd an. Sie bemerkte, wie er ihrem Blick auswich. "Heißt es nicht in der Bibel: Wer unter uns ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein?" Ohne dem Pfarrer Gelegenheit zu einer Antwort zu geben, drehte sie sich um und verließ das Gotteshaus.
Die neue Herrin von Rowland Castle hatte eigentlich noch dem angrenzenden Friedhof einen Besuch abstatten wollen, um nach dem Grab ihres Großonkels zu sehen, jetzt verschob sie es auf einen anderen Tag. Sie befürchtete, dort noch einmal mit R everend Lansing zusammenzutreffen. Ihr Bedarf an einer Unterhaltung mit diesem Mann war für diesen Tag gedeckt.
Diana beschloß, ihren Wagen vor dem Bürgermeisteramt st ehenzulassen und zu Fuß zum Meer hinunterzugehen. Aber schon nach den ersten Metern, wäre sie am liebsten umgekehrt. Von allen Seiten wurde sie angestarrt. Es sah aus, als würden sich die Leute fragen, wann das Schicksal auch sie ereilen würde. Sicher gab es kaum einen Menschen in Alberry, der nicht an den Fluch glaubte und in ihr das nächste Opfer sah.
Aber wenn ich hier leben will, dann muß ich damit fertig we rden, dachte die junge Frau und ließ sich nichts von ihren Gefühlen anmerken. Obwohl sie nach ihrer Begegnung mit Reverend Lansing davor zurückscheute, Annies Teehaus aufzusuchen, stieg sie die Stufen zu ihm hinauf und suchte sich einen Platz auf der Terrasse.
Um diese Stunde war das Teehaus gut besucht. Schon bald merkte Diana, daß es sich bei den Gästen, die an den kleinen T ischen auf der Terrasse saßen, nicht nur um Einwohner von Alberry handelte. Die meisten schienen Touristen zu sein. Sie erinnerte sich, daß Edith March die vielen Fremden erwähnt hatte, die während der Sommermonate nach Alberry kamen. Ihnen verdankte der kleine Ort seinen Wohlstand.
"Was darf ich Ihnen bringen, Miß Rowland?"
Diana blickte auf. Ein junges Mädchen in einem adretten dunklen Kleid und einer kleinen weißen Schürze stand vor ihr. In der rechten Hand hielt es einen Block. "Woher wissen Sie, wer ich bin?" fragte sie. "Ich könnte doch irgendein Tourist sein."
Das Mädchen schüttelte den Kopf. "Unmöglich, Mylady, Sie sehen aus wie eine Rowland. Sie können Ihre Herkunft nicht ve rleugnen." Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. "Ich bin übrigens Lucy Cook."
"Lucy Cook", wiederholte Diana fassungslos.
Lucy nickte. "Eine direkte Nachfahrin von Peter Cook, dem Bruder der ermordeten Schwestern." Sie wies ins Teehaus. "Annie ist meine Großmutter. Ja, wir Cooks haben es zu etwas gebracht."
"Das freut mich", sagte Diana aufrichtig. Sie gab ihre Beste llung
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