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Geisterreigen

Geisterreigen

Titel: Geisterreigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dinah Kayser
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Schultern. "Auf den ersten Blick wirkt er sehr sympathisch", gab sie zögernd zu.
    "Das ist er auch", erklärte Mrs. March. Sie lachte leise. "Wenn ich ein paar Jahrzehnte jünger und nicht verheiratet wäre, Doktor Lansing könnte sogar mir gefährlich werden."
    "Lassen Sie das nicht Ihren Mann hören, Mistreß March", meinte Diana amüsiert.
    "Er weiß es", erwiderte die Köchin. "Aber er weiß auch, daß Doktor Lansing an mir höchstens meinen Früchtekuchen schätzt."
    Diana beschloß, sich noch etwas die Füße zu vertreten. Sie hatte weder zum Fernsehen noch zum Lesen Lust, und zum Schl afengehen war es noch zu früh. Zudem strich zwar ein kühler Wind durch den Park, aber es regnete nicht und die frische Luft verlockte geradezu, noch einige Zeit im Freien zu verbringen.
    Langsam schlenderte die neue Herrin von Rowland Castle durch die sorgsam gepflegten Anlagen ihres Besitzes. Sie dachte über ihren Besuch in Alberry nach und vor allen Dingen auch über den Pfarrer des kleinen Ortes. Sie war es nicht gewohnt, daß man sie ablehnte. Seit ihrer Kindheit hatten sich die anderen stets um sie bemüht. Natürlich wußte Diana, daß das zum Teil auch an ihrem Vermögen lag. Sie hatte immer zur High-Society gehört, obwohl sie niemals daran gedacht hatte, ihr Leben mit Nichtstun zu verbringen.
    Diana hatte den Felsabsturz erreicht. Vorsichtig spähte sie nach unten. Sie überlegte, ob es nicht besser sein würde, hier ein Geländer anzubringen.
    "Humpty Dumpty sat on a roof...", hörte sie plötzlich einige Kinder singen. Obwohl es gefährlich war, trat sie noch einen Schritt näher an den Felsabsturz. Unten am Strand tanzten die Kinder, die sie bereits am Vortag kurz vor Alberry gesehen hatte.
    Die junge Frau lief zu dem schmalen Pfad, der zwischen den Klippen zum Strand hinunter führte. Es war leichtsinnig, ihn bei Dunkelheit zu benutzen, aber sie wollte mit den Kindern sprechen. Nach wie vor konnte sie nicht daran glauben, daß es sich um Geistererscheinungen handeln sollte.
    Langsam stieg sie den Pfad hinunter. Immer wieder mußte sie sich an der Felswand abstützten. Zweimal wäre sie fast ausg erutscht und konnte sich gerade noch an einem der dorren Büsche halten, die zwischen den Steinen wuchsen.
    Diana hatte fast den Strand erreicht, als die Stimmen plötzlich verstummten. "Lucy!" rief sie. "Lucy, lauf nicht fort!"
    Die einzige Antwort, die sie erhielt, war das leise Säuseln des Windes.
    Sie zog die Schuhe aus und eilte durch den kühlen Sand zu der Stelle, an der sie von oben die Kinder beobachtet hatte. Direkt vor ihr leuchtete etwas auf. Sie bückte sich danach und hielt eine Mohnblüte in der Hand. Aber noch während sie auf die Blüte blickte, verlor diese ihre Farbe und löste sich auf.
    "Das gibt es doch nicht", sagte sie leise. "Diese Blüte war so wirklich, so..."
    Diana blickte sich um. Sie war völlig alleine am Strand. In der Ferne sah sie die Lichter von Alberry. Wahrscheinlich hielten sich die Kinder irgendwo in der Nähe versteckt. Sie sah ein, daß es sinnlos sein würde, jetzt nach ihnen zu suchen. In den Klippen gab es unzählige Höhlen, und die Kinder kannten sich hier bestimmt besser aus als sie.
    Die junge Frau kehrte durch den Sand zum Pfad zurück, zog sich wieder die Schuhe an und machte sich an den schwierigen Aufstieg. Erleichtert atmete sie auf, als sie wieder den Park erreichte und die mächtigen Mauern von Rowland Castle vor sich aufragen sah.
    Während sie durch den Park ging, starrte Diana immer wieder auf ihre Hand. Sie konnte nicht fassen, daß sich die Mohnblüte so einfach aufgelöst hatte. Sie hatte die Blüte auf ihrer Handfläche gefühlt, hatte sie...
    Die junge Frau war so tief in ihren Gedanken verstrickt, daß sie nicht mehr auf den Weg achtete und quer über den Rasen ging. Plötzlich fühlte sie Holz unter ihren Füßen. Es gab ein häßliches Geräusch und bevor sie sich noch irgendwo halten konnte, wurde sie bereits in die Tiefe gerissen. Trotz ihrer Angst bemerkte sie den entsetzlichen Gestank, der aus dem Loch, in das sie stürzte, nach oben drang. Halb im Unterbewußtsein hörte sie, wie einige Meter unter ihr das Holz im Wasser aufschlug.
    "Ich will nicht sterben!" schrie es in ihr. "Ich..."
    Für den Bruchteil einer Sekunde huschte ein Lichtschein durch den Schacht. Er reichte aus, um Diana die eisernen Griffe in der Schachtwand erkennen zu lassen. Blitzschnell griff sie zu. Es gelang ihr, mit der rechten Hand einen der Griffe zu packen. Sie spürte einen

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