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Geisterschiff Vallona

Titel: Geisterschiff Vallona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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aufgequollenen Holz.
    Die Nebelhörner tuteten wie wahnsinnig und Salzwasser spritzte ihm ins Gesicht. Er schaute nach vorne. Die Vallona war jetzt
     so dicht am Leuchtturm, dass er die flackernde Petroleumlampe erkennen konnte.
    Genau da gab der Riegel mit einem vernehmlichen Klicken nach, die Tür schlug auf und der Lotse stürzte in derselben Sekunde
     hinaus, in der das Schiff auf Grund lief.
    Ihre Blicke trafen sich und Karl sah noch die Erleichterung und Dankbarkeit im Gesicht des Lotsen, dann gab das Geländer nach
     und sie fielen   … Sie fielen und fielen, es kam Karl vor wie eine Ewigkeit. Und während sie fielen, rotierten die Gedanken in seinem Kopf.
     Ein unzuverlässiger Fremder, dem man nicht vertrauen konnte. Das hatte man über den Lotsen gesagt – und so dachte auch Doktor
     Ekwall über Karl   … Die Wirklichkeit vermischte sich mit all den Spukgeschichten, die er an diesem Abend gehört hatte, bis er beides nicht mehr
     länger auseinanderhalten konnte.
    In der Ferne hörte er Sara rufen. Oder war es die Schwarze Sara, die ihren Lotsen rief?
    Alles wurde schwarz und die Welt versank im Rauschen des Meeres.
     
    Als Karl wieder zu sich kam, war ihm kalt. Er fröstelte und fühlte sich schrecklich müde. Die alte Korkweste war zerrissen,
     ohne von Nutzen gewesen zu sein. Seine Kleider hatten sich voll Wasser gesogen, machten ihn schwer und zogen ihn unter die
     Wasseroberfläche.
    Noch ein letztes Mal holte Karl keuchend Luft, dann schlug das Salzwasser über seinem Kopf zusammen und er versank in der
     eisigen Dunkelheit. Hier gab es nichts mehr und Karl ließ sich weiter in die Tiefe sinken. So kalt, aber auch so still und
     friedlich   …
    Doch dann   … Autsch! Irgendetwas zerrte an seinen Haaren. Karl strampelte mit Armen und Beinen. Etwas zog ihn nach oben. Er bekam den
     Kopf über Wasser und spürte, wie ein Arm entschlossen seinen Brustkorb umfasste, bis er rücklings auf dem Wasser lag. Er schielte
     zu Seite, das Salz brannte in seinen Augen. Sara.
    »Wo ist er?«, murmelte Karl. »Wo ist der Lotse?«
    »Nicht sprechen«, sagte Sara. »Lieg still und halt die Klappe, dann geht es leichter.«
    Karl merkte, wie die Erschöpfung ihn übermannte. Er lag auf dem Rücken im Meer und schaute zum Himmel hinauf. Dort war keine
     Spur mehr von Nebel zu sehen. Und es war auch kein Sturm aufgezogen. Stattdessen schimmerte eine prächtige Morgenröte über
     dem Horizont. Dann verlor Karl das Bewusstsein.

Kapitel 16

    Erst war alles dunkel. Lange, sehr lange. Obwohl Karl wach war, gelang es ihm einfach nicht, die Augen zu öffnen.
    Die Erinnerungen überrollten ihn. Da waren der Lotse, die Schwarze Sara, seine Freundin Sara, Großvater, Schrott-Jansson,
     Ursula, die sinkende Juno   … und Mama. Er versuchte zu spüren, ob die Kälte noch da war. Ob das Meer ihn noch immer fest umschloss. Aber er fühlte nichts.
     Als ob er schwebte. Schwebte wie ein   … wie ein Engel.
    Diese Vorstellung war so komisch, dass er dort in seiner Dunkelheit lachen musste. Da wusste er, dass er ganz sicher nicht
     tot war, denn Leichen liegen höchst selten kichernd herum. Jetzt spürte er auch die weichen Laken, die ihn umgaben, und er
     erkannte den Geruch seines Betts. Karl wurde ruhig. Jetzt würde alles gut werden. Er war zurück in Großvaters Haus.
    »Karl?«
    Es war Mama. Ihre Stimme klang besorgt. Er wollte sie beruhigen, aber er brachte kein Wort heraus.
    »Das ist der Schock«, hörte er jemanden mit kalter Stimme sagen. »Er ist noch immer bewusstlos. Das Lachen ist eine Folge
     der ganzen Anspannung.«
    Karl kannte die Person. Doktor Ekwall. Es schnürte Karl den Hals zu, er versuchte sich zu bewegen, aber es war unmöglich.
    Er wollte ihnen zeigen, dass er keineswegs bewusstlos war, aber er wusste nicht, wie er sich bemerkbar machen sollte. Vielleicht
     wenn er die Hand hob   … Er versuchte es, aber nichts geschah.
    »Ich habe gehört, dass heute Nacht ein Forschungsschiff gesunken sein soll«, sagte Doktor Ekwall. »Wirklich bedauerlich.«
    Im Raum wurde es still. Ein Stuhl kratzte über den Boden.
    »Ja, wirklich«, sagte Mama kurz. »Aber ich habe gehört, dass alle unverletzt davongekommen sind.«
    »Was hatte Karl eigentlich da draußen im Nebel vor?«, fragte Doktor Ekwall. Seine Stimme war vorwurfsvoll und misstrauisch.
    Für eine ganze Weile herrschte Schweigen.Dann hörte Karl, wie sein Großvater sich räusperte.
    »Kinder, du weißt schon«, sagte er. »Sie hatten sich wohl

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