Geisterstunde in Los Angeles
haben, aber Sie sind ein Niemand in der Branche. Die Zeiten, wo auch ein Niemand senkrecht in die Höhe schießen konnte, sind in Hollywood leider vorbei. Hier haben die Kaufleute zu bestimmen und die Geldgeber. Drehen Sie Ihren Film meinetwegen auf den Molukken und mit einem Medizinmann als Regisseur, aber lassen Sie mich, verdammt noch mal, in Ruhe!«
Der andere hatte die Schimpfkanonade über sich ergehen lassen, ohne ein Wort zu sagen. Jetzt allerdings redete er. Seine Stimme blieb dabei flach und irgendwie gleichgültig. »Es braut sich etwas zusammen, Lamotte. Sie sind dumm, daß Sie auf meinen Vorschlag nicht eingehen. Es werden Zeiten anbrechen, wo Sie noch zu mir auf den Knie angekrochen kommen, das verspreche ich Ihnen.«
»So etwas kenne ich.«
»Vielleicht, aber ich meine es ernst.«
Lamotte lachte in die Sprechmuschel. »Klar, Sie sind der Beste, der Größte, haben nur Super-Ideen und revolutionieren das Filmgeschäft. Diese Sätze, Mister, kenne ich zu gut. Ich habe sie in meiner langen Laufbahn einfach zu oft gehört.«
»Ich bin der Größte.«
»Nein, das war Muhammed Ali. Und jetzt lassen Sie mich in Ruhe, verdammt noch mal.« Er wollte schon auflegen, aber die Worte des Anrufers ließen ihn zögern.
»Ich kann Ihnen sogar beweisen, daß ich der Größte bin. Und ich werde Ihnen auch heute einen weiteren Beweis bieten.«
»Ach, und wie?«
»Erinnern Sie sich an die Toten, Lamotte?«
»Wie meinen Sie das?«
»Es sind innerhalb kurzer Zeit vier Menschen hier in L. A. gestorben. Drei Frauen und ein Mann. Das müßten Sie wissen.«
»Ja, schon. Ich hörte davon. Die Leute kamen allesamt aus der Filmbranche.«
»Ja, wie Sie!«
»Soll das eine Morddrohung sein?«
»Möglich. Ich sagte Ihnen doch, daß Sie noch auf den Knien gekrochen kommen. Ich habe etwas, von dem Sie und die meisten Menschen nur träumen können. Abel Lamotte. Das ist die Macht. Ja, ich besitze die Macht. Sie befindet sich in meinen Händen. Ich kann Sie vernichten. Und nicht nur Sie, die gesamte Stadt wird mir gehorchen. Hollywood küßt mir die Füße. Ich werde hier Akzente setzen, blutige Spuren hinterlassen. Dämonen in Hollywood. Das ist kein Filmtitel, mein Lieber, sondern die bittere Wahrheit. Sie werden es erleben. Hollywood wird bald von einem Teufel regiert werden…«
»Der Teufel steckt schon lange hier. Das sagt Ihnen jeder, der diesen Laden kennt.«
»Ich bin ein anderer Teufel!« Nach dieser Antwort hörte Lamotte ein Lachen, das fast den Hörer sprengte. So grausam, kalt und gefühllos, daß selbst er, der ausgebuffte Regisseur, eine Gänsehaut bekam und den Anruf nicht mehr als Spaß auffaßte. Er vernahm das Lachen noch, als er längst aufgelegt hatte.
Auf der Stelle drehte er sich um. Von einer Gesichtsfarbe konnte man bei ihm nicht mehr sprechen, höchstens von einer bleichen Totenhaut. Er hatte aufgelegt, aber das Lachen blieb. Wie ein Trompetenstoß jagte es durch die Garderobe, nur konnte der Regisseur den Lacher nicht entdecken. Und aus dem Lautsprecher unter der Decke drang es ebenfalls nicht.
Als er sich auf die Couch setzte, hörte es plötzlich auf. Stille kehrte ein. Der Regisseur vernahm nur seinen eigenen, überlauten Atem. Er war naßgeschwitzt. Wie Öl rann die Flüssigkeit über sein Gesicht. Er spürte sie auch unter den Achseln und sogar in den Kniekehlen. Als er auf seine Hände schaute, sah er, daß sie zitterten. Von einem Weiterschlafen konnte keine Rede mehr sein, der Anruf und das Höllengelächter hatten ihn aus der Fassung gebracht. Die Zigaretten steckten in der rechten Seitentasche der zerknitterten Leinenjacke. Er hatte sie über eine Stuhllehne gehängt, holte die Glimmstengel hervor und zündete sich ein filterloses Stäbchen an. Dabei glitt sein Blick in die Runde. Ihm fielen abermals die Worte dieses ungeheuerlichen Gesprächs ein.
Der Unbekannte hatte starke Drohungen gegen ihn ausgestoßen. Er hatte von Vernichtung gesprochen. Er wollte Hollywood übernehmen und zu einer Brutstätte des Teufels machen. Reine Theorie? Eigentlich ja, aber wie dieser Teufel sich benommen hatte, mußte man ihn eigentlich ernst nehmen, ob man wollte oder nicht.
Lamotte schaute in die Wolken. Er hatte seine Emotionen wieder ein wenig in den Griff bekommen und dachte über den Anrufer nach. Als Resultat zog er nur einen Schluß. Der andere wollte die Dreharbeiten sabotieren.
Sollte dies tatsächlich so sein, blieben Lamotte die Gründe verborgen, und er nahm sich vor, nach den
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