Geisterstunde in Los Angeles
schrammte ich an der Kante entlang, bevor ich in den Flur eintauchte.
Er war sehr schmal. Dicht hinter der Tür stand eine junge Frau und weinte.
»Was ist geschehen?«
»Der… der Hund…«
»Wo?«
»An der Treppe!«
Erst als ich meine kleine, lichtstarke Leuchte einschaltete, sah ich die Stufen. Die Treppe war ebenso schmal wie der gesamte Flur. Wie ein Schlauch zog sie sich in die Höhe. Ich nahm sie mit drei Sprüngen und sah einen langen Gang vor mir, der wahrscheinlich direkt in einen schmalen Anbau führte.
Die Wände waren mit Plakaten beklebt. Als der Lichtkegel darüber hinweghuschte, erkannte ich die erotischen Motive. Da war mir klar, wo ich mich befand. In einem Stundenhotel!
Wieder vernahm ich die Schreie. Diesmal schon leiser und auch wimmernder.
Türen standen offen. Ich schaute in schmale, zellenartige Räume, wo Mädchen hockten. Einige von ihnen waren nackt, andere wiederum hatten Kunden bei sich, die sich hastig anzogen. Ein dicker Mann stürmte aus einem Raum. Er war noch dabei, sich die Hose hochzuziehen. Sein Gesicht glänzte wie eine Speckschwarte.
»Hau ab, du!« brüllte er mich an und schlug mit der rechten Hand nach mir.
Ich duckte mich, er hieb gegen die Wand und rannte weiter. Etwas mußte ihn erschreckt haben.
Ich sprang mit gezogener Waffe in das Zimmer hinein, aus dem der Dicke gekommen war.
Der Hund wollte mir nicht aus dem Kopf, und die Schreie gellten noch in meinen Ohren nach.
Ich leuchtete in die Runde. Zuerst sah ich das Mädchen. Es trug nur einen weißen Slip, lag neben einer Couch und rührte sich nicht mehr. Als ich das Blut sah, wußte ich Bescheid.
Dann hörte ich das Knurren.
Blitzschnell drehte ich den Arm nach links.
In einer Ecke saß der Hund. Aber wie sah er jetzt aus? Er war dreimal so groß, ein Monstrum mit bösen Augen und weit aufgerissenem Maul, in dem die spitzen Zähne blitzten.
Ich dachte an Anne Cargill. Auch sie war von einem Monstrum getötet worden. Vielleicht einem ähnlichen wie diesem Hund, der knurrte und ohne Vorwarnung auf mich zusprang.
Ich war schneller und wollte nicht das gleiche Schicksal erleiden wie das Mädchen. Mit einem gewaltigen Satz überwand ich die trennende Distanz zwischen den beiden Wänden. Der veränderte Hund wischte an mir vorbei und klatschte noch gegen die Türkante. Er wirbelte sofort wieder herum. Ich war auch nicht faul gewesen. Nicht die Beretta holte ich hervor, mein Kreuz schleuderte ich ihm entgegen, als er wieder abhob.
Wenn diese Aktion nichts nützte, kam ich in die Klemme. Das Kreuz traf den Hund voll.
Für einen Moment verschwand es im Fell, dann bäumte sich der Hund noch auf und fiel gleichzeitig in sich zusammen. Er blieb am Boden liegen und löste sich vor meinen Augen auf. Er wurde regelrecht zusammengedrückt, dabei immer flacher und zu einer Lache, die sich verteilte.
Das Lampenlicht zeigte mir, daß es sich um eine grüne Lache handelte. Die Spur nach Aibon, in die schreckliche Welt dieses Landes. Wie damals in New York, da hatten sich die Zwerge ebenfalls in grüne Lachen aufgelöst, wenn mein Kreuz sie berührte.
Ich nahm das Kreuz wieder an mich, von dem noch der letzte Tropfen des Schleims rann und zu Boden klatschte. Dann kümmerte ich mich um das Mädchen.
Ihm konnte niemand mehr helfen. Dieser verdammte Hund hatte es geschafft, die Unbekannte zu töten.
Mich überkam ein bedrückendes Gefühl. Auf einmal wußte ich Bescheid. Wer in Dr. Horrors Magie geriet, konnte sich verändern. Aus normalen Tieren wurden reißende Bestien, die über Menschen herfielen und sie töteten.
Eine furchtbare Sache, und ich fragte mich auch, was wohl mit den Menschen geschah, die in diesen Bann direkt hineingerieten. Wurden auch sie zu Monstren?
Eine für mich furchtbare Vorstellung. Hatte es Sinn, die Absteige hier räumen zu lassen? Kaum, auf der Straße waren die Mädchen ebenso gefährdet wie in diesem Haus.
Ich aber mußte raus, um meine Begleiter zu informieren. Sehr vorsichtig verließ ich das Zimmer.
Der Gang war leer. Nur aus den Zimmern hörte ich die wispernden Stimmen der Mädchen.
Ich ging an einer offenen Tür vorbei. Große, braune Augen schauten mich aus einem erschreckten Gesicht an. Eine schmale Hand hielt mich fest.
»Sag mir, was mit Jill ist«, flüsterte die Stimme. »Sie… sie hat so furchtbar geschrien.«
Ich hob die Schultern.
Der Griff löste sich, das Gesicht verschwand in der Dunkelheit, wurde zu einem zerfließenden Schemen. »Tot, nicht? Jill ist tot. Die
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