Geisterstunde
erzogen?«
»Meistens Kelle. Und das Personal.«
»Ach. Was ist aus ihnen geworden?«
»Der General hat sie entlassen, um Platz für uns zu schaffen. Wir hätten das Gut bewirtschaften und das Ackerland verpachten können. Aber das hat nicht funktioniert.«
»Kelle hat er behalten. Warum ausgerechnet sie?«
»Sie gehört sozusagen zum Haus. Kelle lebt schon ewig hier. Ihn hat sie auch aufgezogen. Und seinen Vater und dessen Vater. Er hat eben eine sentimentale Ader.«
»Das spricht für ihn.« Als mein Kommandant war er absolut nicht sentimental gewesen. Allerdings hatte ich ihn damals auch nie kennengelernt.
»Er kümmert sich um seine Leute.« Dellwood öffnete die Tür zu den Gemächern des Generals und führte mich in den Raum, in dem ich dem General das erste Mal begegnet war. Der alte Kaid legte gerade Holz im Kamin nach. »Warten Sie hier. Ich bringe ihn in ein paar Minuten zu Ihnen.« Die Temperatur im Raum war ekelhaft.
»Klar. Danke.«
Es dauerte länger als ein paar Minuten, aber der alte Mann bot einen lohnenden Anblick, als er schließlich herausgerollt wurde. Er lächelte, und seine Wangen schimmerten rosig. Er wartete, bis Dellwood und Kaid verschwunden waren. »Guten Abend, Mr. Garrett. Ich nehme an, Sie haben Fortschritte gemacht?«
»Fortschritte schon, General, aber leider habe ich keine guten Nachrichten für Sie.« Hatte er sich erholt, weil meine Anwesenheit den Giftmischer abschreckte?
»Gute Nachrichten, schlechte Nachrichten, was macht das für einen Unterschied? Bringen wir es hinter uns.«
»Ich war heute morgen in der Stadt und habe einige Bekannte auf die Spur der Gegenstände gesetzt. Sie sehen sich bei den Leuten um, die mit heimatlosen Dingen handeln. Es sind sehr kompetente Männer. Wenn der Dieb irgendwas durch diese Kanäle losgeschlagen hat, dann finden sie es raus und liefern eine Beschreibung des Verkäufers. Ich brauche Instruktionen. Soll ich die Artikel wiederbeschaffen? Wenn sie schon verkauft sind, sind Sie möglicherweise auf den guten Willen der neuen Besitzer angewiesen.«
»Sehr gut. Ausgezeichnet. Jawohl. Natürlich möchte ich wiederbeschaffen, was möglich ist. Ich nehme an, Sie werden Schwierigkeiten haben, sie von jemandem zurückzuholen, der einen Narren an ihnen gefressen hat.« Er lächelte.
»Sie scheinen guter Dinge zu sein, General.«
»Bin ich allerdings. Ich habe mich seit Monaten nicht so gut gefühlt. Vielleicht sogar seit Jahren nicht. Sie sind keineswegs der Grund, aber seit Ihrer Ankunft verbessert sich mein Zustand zusehends. Sie bringen mir Glück. Wenn ich so weitermache, werde ich in ein paar Monaten wieder tanzen können.«
»Das hoffe ich, Sir. Denn ich komme jetzt zu den schlechten Nachrichten. Aber erst muß ich Ihnen etwas beichten. Ich bin nicht nur hier, weil ich einen Dieb zur Strecke bringen soll.«
»Ach nein?« Seine Augen funkelten.
»Nein, Sir. Sergeant Peters glaubt, daß jemand Sie langsam vergiftet. Er will, daß ich rausfinde, wer es ist. Falls das überhaupt den Tatsachen entspricht.«
»Und? Haben Sie etwas gefunden?« Jetzt schien er doch besorgt zu sein.
»Nein, Sir. Bis jetzt nicht.«
Das freute ihn.
»Andererseits gibt es auch nichts, was den Verdacht entkräftet. Und ich wundere mich über Ihre rasche Genesung. Es freut mich zwar, aber ich bin von Natur aus mißtrauisch.«
»Waren das Ihre schlechten Nachrichten?«
»Nein, Sir, die sind unangenehmer. Durchdringender, wenn Sie so wollen.«
»Sprechen Sie ruhig weiter. Ich schlachte normalerweise die Überbringer schlechter Nachrichten nicht, und ich weigere mich auch nicht, sie anzuhören, nur weil sie nicht meinen Vorstellungen entsprechen.«
»Dann möchte ich folgendes vorausschicken, Sir: Ich möchte gern Ihr Testament lesen.«
Er runzelte die Stirn. »Peters hat mich um eine Abschrift gebeten. Auf Ihr Betreiben?«
»Ja.«
»Reden Sie weiter.«
»Ich fürchte, es könnte so aufgesetzt sein, daß es zu einem Verbrechen geradezu einlädt.« Ich klang ziemlich aufgeblasen. Aber es war auch ganz schön hart, einer der Jungs von General Stantnor zu sein. »Wenn die Zahl der Erben sich verringert, vergrößert sich dadurch der Anteil der Überlebenden?«
Er glotzte mich verständnislos an.
»Ich gehe davon aus, daß Jennifer die Hälfte erbt und der Rest an die anderen geht. Ursprünglich waren es sechzehn Leute. Seit heute morgen sind es nur noch acht. Das bedeutet, daß sich der Anteil für die Überlebenden verdoppelt hat.«
Er sah mich scharf
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