Gejagt
wette, das hat mit dem blöden Pfeil zu tun, der vorhin in mir gesteckt hat.«
Weil Stevie Rae es gerade erwähnte – ich fühlte mich auch extrem erschöpft, nun, da die Wirkung des kleinen Schusses Blut verflogen war. Und als ich mich umsah, bemerkte ich sowohl bei den roten als auch den blauen Jungvampyren dunkle Ringe unter den Augen, und einige gähnten unterdrückt. Sicher, noch immer nagten Kalona und die Lage im House of Night an mir, ebenso wie das Gefühl, dass bei den roten Jungvampyren nicht alles so war, wie es nach außen schien. Aber ich war zu müde, um mir Gedanken darüber zu machen.
Ich wäre gern in Tränen ausgebrochen, aber ich räusperte mich, versuchte mich zu konzentrieren und sagte: »Wie wär’s, wenn wir alle schlafen gingen? Wir sind hier einigermaßen sicher, und gegen das, was da oben los ist, können wir nichts tun, vor allem nicht, wenn wir so müde sind, dass wir fast im Stehen einschlafen.«
»Einverstanden«, sagte Darius. »Aber ich denke, wir sollten an allen Ausgängen der Tunnel Wachen aufstellen – natürlich mit deinem Einverständnis, Priesterin, nur für alle Fälle.«
»Ja, das ist ganz gut«, sagte ich. »Stevie Rae, gibt’s noch andere Eingänge als den durch den Bahnhof?«
»Z, ich dachte, du wüsstest, dass ’n paar alte Innenstadthäuser Eingänge in die Tunnel haben. Das hier ist ein Teil dieses Systems.«
»Aber außer euch kommt niemand hier runter und benutzt die Tunnel, oder?«
»Nee, die hier nicht, weil alle denken, die wären alt und verlassen und eklig.«
»Könnte daran liegen, dass sie alt und verlassen und eklig
sind
«, lallte Aphrodite sarkastisch. Ich bemerkte, dass sie mein Weinverbot ignoriert und die zweite Flasche geöffnet hatte.
»Stimmt nicht. Sind nicht verlassen und eklig.« Kramisha schaute Aphrodite finster an. »Haben wir verschönert und wohnen wir hier. Musst du wissen, weil wir dafür dein’ Gold Card mit kein’ Limit benutzt haben.«
»Hast du dir schon mal überlegt, stattdessen so was wie Grammatik zu benutzen?«, fragte Aphrodite und blinzelte sie an Darius vorbei trübe an.
»Schau, weißt du, du bist ’n Mensch und hast gerade dumme Prägung mit Stevie Rae gekriegt und bist außerdem total zu, also mach ich nicht unfair und klopp dich mit meine rote Superkräfte zusammen, aber wenn du mich noch mal mit blöde Anmache kommst, vergess ich das mit ›keine böse Zwecke‹.«
»Könnten wir uns nicht auf die Bösen da draußen konzentrieren, die uns vielleicht an den Kragen wollen, anstatt untereinander herumzusticheln?«, fragte ich müde. »Stevie Rae, gibt’s von hier aus eine Verbindung zu dem übrigen Tunnelsystem?«
»Ja, aber die ist versiegelt, oder wenigstens sieht es für jeden außer uns so aus.«
»Nur eine?«, fragte Darius.
»Nur eine, die ich kenne. Und die ist mit ’ner echt dicken Stahltür verschlossen. Was ist mit euch? Habt ihr noch mehr gefunden?«
»Also, vielleicht«, sagte Ant.
»Was heißt vielleicht?«, fragte Stevie Rae.
»Ich bin auf Erkundung gegangen und hab eine Öffnung gefunden, aber sie war selbst für mich zu eng, also kam ich nicht rein. Ich wollte mit ’ner Schaufel, oder noch besser: mit Johnny B noch mal hingehen und sie erweitern, aber bisher bin ich noch nicht dazu gekommen.«
Johnny B grinste und spannte prahlerisch seinen Bizeps an. Ich ignorierte ihn, aber die Zwillinge kicherten bewundernd.
»Gut, das heißt also, außer dem Eingang durch den Bahnhof gibt es unseres Wissens nach noch exakt einen Durchgang, der zu weiteren Tunneln führt?«, fragte ich.
»So kann man’s sagen«, bestätigte Stevie Rae.
»Dann würde ich zwei Wachtposten vorschlagen, Priesterin«, sagte Darius. »Einen an dem Ausstieg in den Bahnhof und einen dort, wo das Tunnelsystem weitergeht.«
»Ja, hört sich gut an«, sagte ich.
»Ich werde die erste Wache am Bahnhof übernehmen, und Erik, du solltest mich ablösen. Da dies unsere verwundbarste Stelle ist, sollten dort erwachsene Vampyre postiert sein.«
Erik nickte. »Einverstanden.«
»Jack und ich können zuerst an dem Zugang zu den anderen Tunneln wachen«, sagte Damien. »Das heißt, falls niemand was dagegen hat.«
»Ja, dann könnten wir uns währenddessen überlegen, was wir als Nächstes zu essen machen und welche Nahrungsmittel wir noch brauchen«, sagte Jack.
Ich lächelte die beiden an. »Gute Idee.«
»Durchaus«, sagte Darius. »Shaunee und Erin, könntet ihr die beiden gegen Mittag ablösen?«
Die Zwillinge
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