Gejagt
sie fest. »Ich bleibe. Bei Zoey.«
Also, ich gebe zu, Aphrodite brachte mich total zum Staunen. Ich meine, klar, ich war schwer verletzt und hatte vermutlich einen ernsthaften Schock, daher schob ich die Änderungen, die geistig und körperlich in mir vorgingen, darauf und hoffte, dass ein Teil der seltsam hypnotischen Wirkung, die der gefallene Engel auf mich hatte, davon kam, dass ich vielleicht im Sterben lag. Aber offensichtlich waren auch alle anderen in geringerem oder größerem Maße von Kalona beeindruckt. Alle außer Aphrodite. Sie hörte sich so unverschämt und zickig an wie immer. Ich kapierte es einfach nicht.
»Prophetin«, sagte Kalona. »Du sagst, du empfängst Warnungen von zukünftigen Unglücken?«
»Ja.«
»Sag mir, was siehst du in der Zukunft, wenn wir Zoey in diesem Augenblick im Stich lassen würden?«
»Ich hatte keine Vision, aber ich weiß, dass Zoey jetzt hier sein muss. Sie ist schwer verletzt«, sagte Aphrodite.
»Dann lass mich dir versichern, dass auch ich dafür bekannt bin, Prophezeiungen ausgesprochen zu haben, die in Erfüllung gegangen sind«, sagte Kalona. Sein Tonfall, der so tief und verführerisch gewesen war, dass ich mir ehrlich nichts mehr gewünscht hatte, als mich gemütlich irgendwohin zu kuscheln und ihm bis in alle Ewigkeit zu lauschen, änderte sich langsam. Zunächst ganz subtil spürte ich die Veränderung in seiner Stimme. Während er weitersprach, stellten sich mir vor Angst die Härchen auf. Seine offensichtliche Gereiztheit spiegelte sich so sehr in seiner Stimme wider, dass selbst Darius einen Schritt zurückwich. »Und ich schwöre dir hiermit, solltest du nicht gehorchen, wird die Priesterin keine weitere Nacht überleben! Geh jetzt!«
Kalonas Worte prasselten derart auf mich ein, dass mein sowieso schon schwindeliger Geist sich immer wilder zu drehen begann. Ich klammerte mich an Darius’ Schultern fest. »Tut, was er sagt«, bat ich Aphrodite und musste unterbrechen, um Atem zu holen. »Er hat recht. Wenn ich keine Hilfe bekomme, dauert’s nicht mehr lange.«
Kalona breitete ein zweites Mal die Arme aus. »Gib mir die Priesterin. Dies ist das letzte Mal, dass ich darum bitte.«
Aphrodite zögerte einen kleinen Moment, dann nahm sie meine Hand. »Wir kommen wieder, sobald es dir besser geht.« Als sie mir die Hand drückte, spürte ich plötzlich, wie die Kraft des Geistes wieder in mich strömte.
Ich wollte protestieren, sie brauche das Element doch – vor allem seinen Schutz –, aber Aphrodite hatte sich schon zu Damien umgewandt und ihn in meine Richtung geschubst. »Sag Zoey tschüs und wünsch ihr
mit all deiner Kraft
, dass sie wieder in Ordnung kommt.«
Ich sah, wie er Aphrodite einen Moment lang ansah. Sie nickte kaum merklich. Da nahm er meine Hand und drückte sie ebenfalls. »Gute Besserung, Z«, sagte er, und als er losließ, spürte ich eine winzige Brise um mich fächeln.
»Ihr auch«, sagte Aphrodite zu den Zwillingen.
Shaunee nahm meine eine Hand, Erin die andere. »Wir drücken dir die Daumen, Z«, sagte Erin, und als sie sich abwandten, blieben Sommerwärme und die Frische eines kühlen Regens bei mir zurück.
»Genug der Sentimentalität. Ich nehme sie jetzt.« Und ehe ich Atem holen konnte, hatte mich Kalona Darius aus den Armen genommen. Gegen seine nackte Brust gepresst, schloss ich die Augen und versuchte, mich an der Kraft der Elemente festzuhalten, während ich in der wundervollen kühlen Hitze seines Körpers erzitterte.
»Ich warte hier«, hörte ich Darius sagen, bevor sich die Tür mit einem grausam endgültigen Geräusch schloss und mich von meinen Freunden trennte. Bei mir waren nur noch meine Feindin, ein gefallener Engel und ein monströses Vogelwesen, das seine Lust vor langer Zeit geschaffen hatte.
Da tat ich etwas, was ich bisher erst zweimal in meinem Leben getan hatte. Ich fiel in Ohnmacht.
Achtzehn
D as Erste, was ich spürte, als ich wieder zu Bewusstsein kam, war, dass die steifgebügelten Decken des Krankenbetts kühl meine nackte Haut streiften. Was bedeutete, ich trug keine Kleider.
Das Zweite war, dass all meine inneren Alarmglocken mich anschrien, ich solle meine Augen geschlossen halten und weiter tief atmen. Mit anderen Worten, es schien wichtig zu sein, dass ich so tat, als wäre ich noch ohnmächtig.
Mit so minimalen Bewegungen wie möglich versuchte ich, Bestand aufzunehmen, was meinen Körper anging. Also, die lange, grässliche Wunde in meiner Brust tat beträchtlich weniger weh
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