Gejagt
als vor der Ohnmacht. Mit all meinen Sinnen (außer den Augen natürlich) tastete ich meine Umgebung ab und konnte spüren und auch riechen, dass mich noch immer Geist, Luft, Wasser und Feuer umgaben. Sie waren nicht voll manifestiert, schrien ihre Präsenz also nicht in alle Welt hinaus, aber ihre Anwesenheit gab mir Trost und Kraft – und stürzte mich in wahnsinnige Sorge um meine Freunde.
Geht zurück zu den anderen!
, befahl ich den Elementen in Gedanken und spürte, wie sie sich widerstrebend von mir lösten. Alle außer dem Geist. Ich hätte am liebsten geseufzt und mit den Augen gerollt. Stattdessen konzentrierte ich mich noch stärker.
Geist, geh zu Aphrodite. Beschütze sie.
Fast sofort wurde mir die Abwesenheit des mächtigen Elements bewusst. In diesem Moment muss ich unwillkürlich eine Bewegung gemacht haben, denn irgendwo in der Nähe meiner Füße ertönte Neferets Stimme.
»Sie hat sich bewegt. Ich zweifle nicht daran, dass sie bald wieder zu Bewusstsein kommen wird.« Eine Pause folgte, und ich hörte eine Bewegung, als ob sie während des Redens im Zimmer auf- und abginge. »Ich bin immer noch der Meinung, ich hätte sie nicht heilen sollen. Man hätte ihren Tod so leicht erklären können. Sie war schon fast tot, als sie hier ankam.«
»Wenn das, was du mir erzählt hast, wahr ist, und sie alle fünf Elemente kontrollieren kann, dann ist sie zu mächtig, als dass man ihren Tod zulassen sollte«, sagte Kalona. Auch er schien nicht weit vom Fußende meines Bettes entfernt zu stehen.
»Ich habe dir nichts als die Wahrheit erzählt. Sie kann die Elemente beherrschen.«
»Dann können wir sie gut gebrauchen. Warum lassen wir sie nicht an unserer neuen Vision der Zukunft teilhaben? Sie auf unserer Seite zu haben könnte einige Mitglieder des Rates umstimmen, die meinem Charme nicht ohne weiteres erliegen würden.«
Neue Vision der Zukunft? Den Rat umstimmen? War damit der Hohe Rat der Vampyre gemeint? Heilige Scheiße!
Selbstsicher und geschmeidig antwortete ihm Neferet: »Wir werden sie nicht brauchen, mein Geliebter. Unser Plan wird auch ohne sie Erfolg haben. Du musst wissen, dass Zoey uns ihre Macht ohnehin niemals zur Verfügung stellen würde. Sie schwärmt viel zu sehr für die Göttin.«
»Nun, das kann sich ändern.« Seine tiefe Stimme klang wie geschmolzene Schokolade. Obwohl das, was ich soeben gehört hatte, meine Gedanken rasen ließ, war mein Körper von dem Klang wie hypnotisiert; es fühlte sich schlicht und einfach gut an, ihm zuzuhören. »Ich glaube, mich an eine andere Priesterin zu erinnern, deren Schwärmerei für die Göttin verging.«
»Sie ist jung und noch nicht reif genug, als dass man ihr die Augen mit vielversprechenden Möglichkeiten öffnen könnte, wie das bei mir der Fall war.« Die Richtung, aus der beide Stimmen kamen, war die gleiche; ich ahnte, dass sie in seinen Armen lag. »Zoey wird für uns immer eine Feindin sein. Ich fürchte, dass einst der Tag kommen wird, an dem entweder du oder ich sie töten müssen.«
Kalona schmunzelte. »Du bist eine so herrlich blutrünstige Kreatur. Wenn die junge Priesterin uns nicht von Nutzen sein kann, müssen wir sie sicherlich eines Tages beseitigen. Doch noch will ich sehen, was ich tun kann, um die Fesseln, die sie binden, zu brechen.«
»Nein. Ich will, dass du dich von ihr fernhältst!«, forderte Neferet.
»Du solltest nicht vergessen, wer hier das Sagen hat. Ich werde mich niemals wieder unter einen anderen Willen beugen oder gar fangen lassen. Was ich gebe, werde ich mir auch wieder nehmen, falls mein Missfallen geweckt wird.« Die seidige Sinnlichkeit war aus seiner Stimme geschwunden; an ihre Stelle war eine schreckliche Kälte getreten.
Neferet zeigte sofort Reue. »Sei nicht zornig. Die Sache ist nur, dass ich es nicht ertragen könnte, dich zu teilen.«
»Dann errege nicht mein Missfallen!«, versetzte er, aber der Zorn begann schon aus seiner Stimme zu schwinden.
»Komm mit mir nach oben, und ich verspreche dir, dass du keinen Grund zum Missfallen haben wirst«, schnurrte sie. Dann hörte ich das ekelhaft schmatzende Geräusch eines Kusses. Von Neferets atemlosem Stöhnen wurde mir fast schlecht.
Nach einem viel zu langen, überhaupt nicht jugendfreien Geräuschspektakel sagte Kalona schließlich: »Geh auf unser Zimmer. Mach dich für mich bereit. Ich werde dir bald folgen.«
Fast hörte ich schon Neferets
Nein! Komm jetzt mit mir
! durch den Raum gellen, aber erstaunlicherweise sagte sie: »Komm
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