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Gejagt

Gejagt

Titel: Gejagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.C. Cast , Kristin Cast
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bald, mein dunkler Engel«, und das auch noch mit süßer, sinnlicher Stimme. Dann hörte man das Rascheln ihres Kleides und das Öffnen und Schließen einer Tür.
    Unglaublich – sie manipuliert ihn.
Ich fragte mich, ob Kalona sich darüber im Klaren war. Ein Unsterblicher war doch sicher über die psychologischen (und körperlichen, bäh!) Spielchen einer Vampyr-Hohepriesterin erhaben? Dann fiel mir das geisterhafte Abbild Neferets ein, das ich vor dem Bahnhof gesehen hatte. Wie hatte sie das fertiggebracht?
Vielleicht hat sie, als sie auf die Dunkle Seite übergelaufen ist, irgendwie andere, neue Kräfte gekriegt? Vielleicht ist sie nicht einfach nur eine gefallene Vampyr-Hohepriesterin. Wer weiß, was es wirklich bedeuten würde, wenn sie die Tsi-Sgili-Königin wäre?
Der neue Gedanke jagte mir Angst ein.
    Ein Geräusch neben meinem Bett unterbrach mich in meinen schrecklichen Gedanken. Ich lag ganz still. Ich hätte am liebsten den Atem angehalten, aber mir war klar, dass ich tief und ruhig weiteratmen musste. Ich schwör’s, ich spürte genau, wie Kalonas Blick auf mir ruhte, und war heilfroh, dass man mir die Decke züchtig über die Brust gezogen und fest um meinen Körper herumdrapiert hatte.
    Ich spürte die vertraute Kühle seines Körpers. Er musste mir ganz nahe sein. Wahrscheinlich stand er genau vor meinem Bett. Ich hörte das geheimnisvolle Rascheln von Federn und konnte mir intensiv vorstellen, wie er seine wunderschönen schwarzen Schwingen ausbreitete. Vielleicht war er drauf und dran, mich wieder in die Arme zu nehmen und darin einzuhüllen, wie er es im Traum getan hatte.
    Und das war’s. Egal was mein Instinkt mir befahl, ich konnte meine Augen nicht länger geschlossen halten. In der Erwartung, sein unbeschreiblich makelloses Gesicht über mir zu sehen, schlug ich sie auf – und fand mich Auge in Auge mit dem monströsen Rabengesicht von Rephaim. Er beugte sich über mich, seine entsetzlich unnatürlichen Züge schwebten nur wenige Zentimeter über mir. Aus seinem offenen Schnabel leckte seine Zunge in meine Richtung.
    Ich reagierte blindlings und instinktiv, und dann passierten eine Menge Sachen auf einmal. Mit einem typischen schrillen Mädchenkreischen presste ich mir die Decke an die Brust und krabbelte so schnell rückwärts, dass ich mir den Kopf am Kopfteil des Bettes anstieß. Als ich das tat, zischte der Rabenspötter, breitete die Flügel aus und sah aus, als wollte er sich jeden Moment auf mich stürzen. In diesem Moment ging die Tür auf. Darius sprang ins Zimmer, warf nur einen Blick auf das bedrohliche Wesen, das über mir lauerte, und griff mit einer anmutigen und zugleich tödlich präzisen Bewegung unter seine Lederjacke, zog aus einer Innentasche ein Messer und warf. Die Klinge bohrte sich dem Rabenspötter in den oberen Teil der Brust. Er kreischte auf, taumelte zurück und umklammerte mit den Händen den Perlmuttgriff des Messers.
    Kalona war mit zwei großen Schritten bei Darius. »Du wagst es, meinen Sohn anzugreifen!« Mit seiner gottgleichen Stärke packte er den Krieger um den Hals und hob ihn vom Boden hoch. Kalona war so groß, seine Arme so lang und muskulös, dass er Darius ohne Mühe gegen die Zimmerdecke pressen konnte. Dort hielt er ihn fest, während Darius krampfhaft mit den Beinen kickte und Kalonas massive Arme erfolglos mit den Fäusten bearbeitete.
    »Aufhören! Tun Sie ihm nichts!« Notdürftig in die Decke gewickelt wankte ich zu den beiden hinüber, wobei ich erst so richtig merkte, wie schwach ich noch war. Kalona hatte die schwarzen Flügel entfaltet, und um zu Darius zu gelangen, musste ich mich unter einem davon hindurchducken. Nicht dass ich so was wie einen Plan gehabt hätte, als ich so unüberlegt aus dem Bett sprang. Selbst wenn ich in Topform und nicht verletzt und ausgelaugt gewesen wäre, hätte ich keine Chance gegen dieses unsterbliche Wesen gehabt – und egal wie ich ihn jetzt anschrie und in die Seite boxte, mir war klar, dass ich ihn weniger störte als eine lästige Mücke. Aber noch etwas wurde mir klar. Als ich zu ihm aufsah und seine flammenden Bernsteinaugen und sein bestialisches Lächeln mit den gefletschten Zähnen sah, begriff ich, dass er es genoss, Darius ganz langsam zu Tode zu würgen.
    In diesem Augenblick erkannte ich Kalonas wahres Wesen. Er war kein missverstandener Held, der mit Hilfe der Liebe seine gute Seite würde entfalten können. Kalona hatte keine gute Seite. Ob er schon immer so gewesen war oder nicht,

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