Gejagte Der Dämmerung -9-
sich, während Chase ganz still und reglos geworden war und genauso aufmerksam zuhörte wie die anderen.
»Ich habe den Wagen zu Fuß verfolgt«, fuhr Hunter fort. »Den Killer habe ich neutralisiert.«
Er griff nach hinten in den Bund seiner Drillichhose und zog das detonierte Halsband heraus, das er seinem toten Gegner abgenommen hatte.
Gideon nahm ihm den Ring aus verkohltem schwarzen Polymer aus der Hand. «Noch einer für deine Sammlung, was? Du hast ganz schöne Abschussquoten in letzter Zeit. Gute Arbeit.«
Hunter verzog keine Miene über das unnötige Lob.
»Was ist mit Murdock?«, fragte Lucan.
»Entkommen«, antwortete Hunter. »Er ist geflohen, als ich mit dem Fahrer beschäftigt war. Ich musste mich entscheiden, ihn entweder zu verfolgen oder in den Club zurückzugehen und meinen Partner herauszuhauen.«
Eine Entscheidung, die ihm alles andere als leichtgefallen war. Sein Verstand und seine Ausbildung als einer von Dragos’ Soldaten verlangten von ihm, dass er seine Missionen allein ausführte: effizient, unpersönlich und absolut unabhängig. Murdock war eine wichtige Zielperson; ihn zu verhören würde ihnen sicher wertvolle Informationen bringen. Um diese Mission erfolgreich abschließen zu können, war für Hunter demnach die logische Vorgehensweise, den entkommenen Agenten wieder einzufangen.
Aber der Orden operierte gemäß einem anderen Grundsatz, und er hatte geschworen, ihn einzuhalten, als er dem Orden beigetreten war, auch wenn er allem zuwiderlief, was er gelernt hatte. Die Krieger hatten einen Kodex für jede Mission: Wenn ein Team zusammen rausging, kam es auch zusammen wieder, keiner wurde je zurückgelassen.
Nicht einmal, wenn einem deshalb ein wichtiger Gegner durch die Lappen ging.
»Ich kenne Murdock«, sagte Chase und wischte sich mit dem Handrücken etwas Blut vom Kinn. »Ich weiß, wo er wohnt, ich weiß, wo er sich in seiner Freizeit rumtreibt. Den werde ich schnell finden …«
»Einen Dreck wirst du«, unterbrach ihn Lucan. »Hiermit suspendiere ich dich von dieser Mission. Bis auf Weiteres läuft jeder Kontakt zur Agentur ausschließlich über mich. Gideon kann über Murdocks Immobilienbesitz und seine persönlichen Gewohnheiten alles ausgraben, was wir brauchen. Wenn du denkst, du hättest noch irgendwas Nützliches hinzuzufügen, sag es Gideon. Wie und wann wir uns dieses Arschloch Murdock vornehmen, entscheide ich – und auch, wer für diesen Job der geeignete Mann ist.«
»Tu, was du nicht lassen kannst.« Chases blaue Augen glitzerten wütend unter seinen gesenkten Brauen, und er machte Anstalten zu gehen.
Lucan drehte kaum merklich den Kopf, seine Stimme war so tief wie fernes Donnergrollen. »Ich habe nicht gesagt, dass wir fertig sind.«
Chase stieß ein höhnisches Knurren aus. »Klingt doch, als hättest du alles unter Kontrolle, also wozu brauchst du mich noch?«
»Das frage ich mich schon die ganze Nacht«, antwortete Lucan ruhig. »Wozu zum Teufel brauche ich dich eigentlich noch?«
Zur Antwort murmelte Chase eine Obszönität und tat einen weiteren Schritt, aber plötzlich war Lucan direkt vor ihm. Er hatte sich so schnell bewegt, dass es selbst Hunter schwergefallen war, ihn wahrzunehmen, und nun sprang er Chase mit einer geballten Dosis Gen-Eins-Kraft an und rammte ihn so hart mit der Schulter, dass der andere Krieger durch die Luft flog und gegen die gegenüberliegende Korridorwand krachte.
Mit einem gezischten Fluch richtete Chase sich wieder auf und ging mit Augen wie glühenden Kohlen und voll ausgefahrenen Fängen fauchend zum Frontalangriff über.
Dieses Mal war es Hunter, der sich am schnellsten bewegte.
Um den Angriff auf den Anführer des Ordens – auf seinen Anführer – abzuwehren, stellte er sich zwischen die beiden Vampire und packte Chase mit einer Hand hart an der Kehle.
»Wegtreten, Krieger«, wies er seinen Waffenbruder an.
Es war die einzige Warnung, die Hunter ihm geben würde. Wenn Chase auch nur zuckte, hatte Hunter keine Wahl, als so lange zuzudrücken, bis ihm die Angriffslust vergangen war.
Die Lippen vom Zahnfleisch zurückgezogen, starrte Chase ihn mit wild gefletschten Fängen und fest zusammengebissenen Zähnen in einem schweren, beredten Schweigen an. Da spürte Hunter hinter sich im Korridor eine Bewegung und hörte das leise Aufkeuchen einer Frau – nur ein leises Atemholen durch geöffnete Lippen.
Chases Blick wanderte in die Richtung, und etwas von seiner wütenden Anspannung wich nun von ihm. Hunter
Weitere Kostenlose Bücher