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Gejagte Der Dämmerung -9-

Titel: Gejagte Der Dämmerung -9- Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian
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wusste sie, dass er ihre Narben meinte. Von denen er nur wissen konnte, weil er sie vorhin im Badezimmer beobachtet hatte.
    Er rechnete damit, dass sie wütend werden würde; das war wohl ihr gutes Recht. Er würde nicht leugnen, dass er hingeschaut hatte. Wahrscheinlich hätte er auch zugegeben, dass ihm das Gesehene gefallen hatte. Die ganze Nacht lang hatte er dagegen angekämpft, sie sich nackt in der Badewanne des Hotelzimmers vorzustellen. Die Erinnerung kam jetzt nur umso lebhafter zurück und hielt sich hartnäckig trotz seiner Anstrengungen, sie aus seinem Kopf zu verbannen.
    Was ihre Narben anging, die waren schrecklich, minderten aber ihre Schönheit nicht. Jedenfalls nicht für ihn.
    Es verblüffte ihn, wie versucht er war, ihr das zu sagen, ob sie es nun hören wollte oder nicht.
    Corinne starrte ihn lange an, dann schob sie ihren Stuhl zurück und stand auf. »Ich gehe mal für kleine Mädchen«, murmelte sie.
    Er stand mit ihr auf und blickte über die Menge. »Ich komme mit.«
    »Aufs Frauenklo?« Sie warf ihm einen schrägen Blick zu. »Warte hier. Ich bin gleich wieder da.«
    Obwohl er ihr am liebsten durchs ganze Restaurant gefolgt wäre, blieb ihm nichts anderes übrig, als untätig am Tisch zu warten. Er sah ihr nach, wie sie auf das Neonschild mit der Aufschrift Femmes zuging, dann verschwand sie durch die dunkle Schwingtür.
    Corinne blieb nur eine oder zwei Minuten auf der Toilette, den Rücken an die Wand vor dem schartigen Porzellanwaschbecken und dem abgeplatzten Spiegel gelehnt. Nur so lange sie brauchte, um wieder zu Atem zu kommen und ihre Gedanken zu sammeln, so gut sie konnte. Der eine Cocktail zum Abendessen war ihr direkt in den Kopf gestiegen. Warum sonst hätte sie mit Hunter am Tisch gesessen, über Musik geredet und in Erinnerungen an die alten Zeiten geschwelgt, statt ihn zu fragen, was er und der Orden inzwischen über Henry Vachon herausbekommen hatten?
    Wenn Hunter ihre Narben nicht zur Sprache gebracht und sie so daran erinnert hätte, dass er sie und noch sehr viel mehr im Hotel gesehen hatte, würde sie jetzt vielleicht immer noch dort sitzen und sich in den einfachen Freuden von gutem Essen und Trinken verlieren, und an die Musik, die sie als Mädchen so sehr geliebt hatte. Sogar die Gesellschaft ihres steifen Begleiters hatte sie genossen, was nur bestätigte, wie verheerend sich das bisschen Alkohol bei ihr ausgewirkt hatte.
    Sie trat aus der Toilette wieder in den verrauchten höhlenartigen Gastraum. Ohne die stützende Wand im Rücken war ihr leicht schwindlig, und sie war etwas unsicher auf den Beinen, als sie langsam auf die kleine Combo und die volle Tanzfläche zuging.
    Corinne stand am Rand des abgetretenen Tanzparketts und beobachtete, wie sich die Paare eng umschlungen im Kerzenlicht zu dem langsamen Stück bewegten. Sie lächelte wehmütig und musste grinsen, als sie den schwülen, herausfordernden Liedtext erkannte.
    Wieder ein Bessie-Smith-Song. Wieder ein Flashback in ihre Vergangenheit, zurück in eine Zeit, als sie unschuldig gewesen war und noch nicht gewusst hatte, wie grausam und hässlich das Leben sein konnte.
    Sie schloss die Augen und spürte, wie die vertraute alte Musik sie wie eine Welle überströmte, sie in ihren sicheren Hafen lockte. Es war nur eine Illusion, das wusste sie. Sie konnte ihrer Vergangenheit nicht entfliehen, auch wenn sie sich noch so sehr danach sehnte, die Erinnerungen an alles auszuradieren, was sie durchgemacht hatte. Sie konnte nicht ignorieren, wo sie gewesen war, was sie verloren hatte … was für sie immer noch zu tun blieb.
    Das wusste sie alles, aber als die Stimme der Sängerin sie am Rand der Tanzfläche einlullte, konnte sie ihrem überwältigenden Sog nicht widerstehen. Corinne wiegte sich langsam im Takt der Musik. Nur für eine Minute, ein kleiner Luxus, den sie voll auskostete. Sie schloss die Augen und ließ sich einfach treiben.
    Als sie einen Moment später die Augen öffnete, stand Hunter direkt vor ihr.
    Er sagte nichts, überragte sie nur stumm, eine Wand von Muskeln und dunkler Energie, und sie spürte die Hitze seiner Präsenz über die wenigen Zentimeter, die sie voneinander trennten. Sein wie gemeißelt wirkendes, gut aussehendes Gesicht war so unergründlich wie immer, aber in seinen Augen glühte ein schwelendes Feuer.
    Es war derselbe Blick, den sie im Hotel in seinen Augen gesehen hatte, nur war da jetzt keine Tür mehr zwischen ihnen, die sie schließen, kein Ort mehr, wo sie sich vor dem

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