Gejagte der Nacht
heiserer Stimme.
Der Vampir umfasste mit der Hand den Anhänger, der an einer Kette um seinen Hals hing. »Ja.«
Er schloss die Augen, wie um sich auf seine Kräfte zu konzentrieren. In demselben Moment ertönte eine Singsangstimme.
»Gaius«, schnurrte die sich nähernde Frauenstimme, und eine sengende Hitze hüllte Kassie ein und hätte sie beinahe zu Boden geworfen. »Wo bist du, du unartiger Vampir?«
Caine legte den Kopf zurück, um zu heulen. Es war unmöglich zu erkennen, ob vor Wut oder vor Angst. Gaius hingegen hielt die Augen fest geschlossen. Sein weißes Gesicht ließ einen Ausdruck der Erschütterung erkennen.
»Verdammt«, murmelte er. »Wir haben keine Zeit mehr.«
»Konzentriert Euch«, drängte Kassie und biss die Zähne zusammen, als sich auf ihrer Haut Blasen zu bilden begannen und Caine plötzlich vor Schmerzen zu jaulen anfing.
Als Reaktion packte Caine ihren Arm mit eisernem Griff. Kassandra zuckte zusammen und bemerkte dann, dass die Welt um sie herum sich in Dunkelheit aufzulösen begann.
»Nein …« Sie wehrte sich gegen seinen Griff. »Ich gehe nicht ohne Caine.«
Gaius blickte sie finster an und weigerte sich, sie loszulassen. »Seid Ihr wahnsinnig? Er wird Euch töten. Falls es dem Fürsten der Finsternis nicht gelingt, das an seiner Stelle zu erledigen.«
»Das ist mir gleichgültig.« Grimmig riss sie sich von ihm los, um augenblicklich in den Nebel und zu den siedend heißen Qualen zurückzukehren. »Ich gehe nicht ohne ihn.«
»Diese dummen Hunde«, murmelte Gaius und vollführte eine Handbewegung.
Die Barriere verschwand, aber die pulsierende Hitze hatte Caine in die Knie gezwungen und dafür gesorgt, dass er sich vor Schmerz duckte.
Den Göttern sei Dank.
Sie kauerte sich neben ihn und streckte ihre Hand nach Gaius aus.
»Sie kommt«, meinte sie warnend, als der Vampir zu zögern schien.
Als ob er die gezackten Scherben der Macht nicht selbst spüren könne.
Dann ergriff er mit einem resignierten Kopfschütteln ihre ausgestreckte Hand, und die Dunkelheit umhüllte sie erneut wie eine Seifenblase.
In der Ferne hörte Kassie einen Schrei, der ihr fast die Trommelfelle zerriss.
»Nein! Was tust du da, du Narr?« Der Nebel teilte sich, und die schlanke junge Frau kam zum Vorschein. Ihre Augen glühten in einem feurigen Blutrot. »Ihr werdet mir nicht entkommen!«
Die Finsternis verdichtete sich immer mehr, aber nicht schnell genug. Kassie erzitterte, als die Frau durch den Nebel glitt, das hübsche Gesicht wutverzerrt.
Fast zu schnell, als dass man ihr mit dem Blick folgen konnte, war sie bei ihnen angekommen, schob ihren Arm in den Riss, den Gaius erzeugte, und packte den Vampir an den Haaren.
»Gaius«, keuchte Kassie entsetzt, als sie spürte, wie die Seifenblase sich aufzulösen begann.
Die Augen des Vampirs weiteten sich vor Angst. Es war deutlich zu sehen, dass seine Furcht ihm bis ins Mark ging, aber überraschenderweise schob er Kassie dennoch mitten auf den Riss zu. »Geht«, kommandierte er.
Kassandra schwankte, als sie erstaunt erkannte, dass der Vampir die Absicht hatte, sich zu opfern, um sie zu retten.
Aber weshalb? War er etwa nicht derjenige gewesen, der sie aufgespürt, Caine mit dem grässlichen Zauber der Wolfstöle gequält und sie dann in diese geheimnisvolle Dimension gezerrt hatte, um sie dem Fürsten der Finsternis zu opfern?
Weshalb sollte er seine Meisterin jetzt verraten?
Diese Frage hatte kaum in ihrem Kopf Gestalt angenommen, als sie auch schon von einer mächtigen Vision verdrängt wurde, die Kassandras Geist durchzuckte. Sie stöhnte auf. Das klare Bild tauchte auf und war wieder verschwunden, bevor sie es geistig vollständig verarbeiten konnte, aber sie verstand genug, um zu wissen, dass es sich um eine Warnung handelte.
Diese war allerdings nicht für sie gedacht, sondern für den Vampir, der von dem erbosten Fürsten der Finsternis aus dem Riss gezerrt wurde.
»Gaius, hört mir zu«, rief sie so laut, dass es die frustrierten Schreie der bösen Gottheit übertönte. »Ein Gesicht, ganz egal, wie vertraut es auch sein mag, kann Lug und Trug sein.«
Sein Kopf war nach hinten gebogen, und Blut strömte ihm über die Stirn, aber er schaffte es, ihr sein verwirrtes Gesicht zuzuwenden. »Wie bitte?«
»Traut Euren Augen nicht.«
Gaius, der sie immer noch verwirrt ansah, wurde plötzlich mit einem heftigen Ruck aus der Blase gezogen und zur Seite geschleudert. Kassie erhaschte einen Blick auf ihn, er lag ohnmächtig auf dem
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