Gejagte der Nacht
Geist umgarnte. Er war weniger begabt als andere Vampire, wenn es darum ging, Menschen in seinen Bann zu ziehen, aber die Frau erlag seiner Macht sofort. Im Handumdrehen erschlaffte ihr Gesicht, und ihre Muskeln entspannten sich, bis ihre Arme kraftlos an ihren Seiten herunterhingen. Vergessen waren die schweren Fesseln.
»Wie heißt du?«, fragte er sanft.
»Farah.«
Ihre Stimme war zu hoch und besaß einen harten amerikanischen Akzent. Sie klang vollkommen anders als Daras rauchige, melodische Stimme, aber Gaius verdrängte verbissen die Erinnerung daran, dass diese Frau niemals die Leere und den Schmerz mitten in seinem Herzen würde ausfüllen können.
»Hübsch, aber von dieser Nacht an wird man dich als Dara kennen.«
»Dara«, plapperte ihm die Frau gehorsam nach.
»Ja, und ich bin Gaius. Der Mann deiner geheimsten Träume.«
Augenblicklich verdunkelten sich ihre Augen vor geistloser Hingabe, und ihre Lippen öffneten sich, um einen leisen Seufzer auszustoßen. »Gaius«, flüsterte sie.
»Sehr gut«, lobte er sie und verstärkte den Griff um ihr Gesicht, während er sie auf die Knie herunterdrückte. »Und nun wirst du mir zeigen, wie froh du bist, wieder mit deinem geliebten Gefährten vereint zu sein.«
Mit dem eindeutigen Geschick einer Professionellen öffnete die Frau seinen Reißverschluss und legte die Lippen um seine Erektion. Gaius stöhnte beifällig und schloss die Augen, während er Erinnerungen an seine wunderschöne Gefährtin heraufbeschwor.
Viel zu schnell erreichte er einen intensiven Orgasmus, der mehr mit physischer Erleichterung als mit wahrer Lust zu tun hatte. Er grub die Hand in das lange Haar der Frau und zog sie hoch. Sie machte keinerlei Anstalten, sich gegen ihn zu wehren, als er ihren Kopf zur Seite neigte und seine Zähne mit einer ruhigen Bewegung tief in das Fleisch an ihrem Hals gleiten ließ.
Gaius vernahm ihr leises Stöhnen der Erregung bei seinem Biss, aber er ignorierte die Tatsache, dass sich ihr Körper unter ihm wand, und nahm große Schlucke von ihrem Blut. Er verzog das Gesicht, als die warme Flüssigkeit seine Kehle hinunterrann. Das Blut war, den Göttern sei Dank, nicht durch Drogen oder Alkohol verdorben, schmeckte aber fade.
Dennoch trank er immer weiter und hörte erst auf, als er spürte, wie ihr Herz besorgniserregend flatterte. Es war zu lange her, seit er Blut direkt aus der Ader genossen hatte, und dieses Gefühl war berauschend.
Später würde er sich einen Ersatz für Dara suchen, der für seine Geschmacksknospen erfreulicher war. Dann konnte er sich damit vergnügen, diese Frau hier ganz und gar auszusaugen.
Als Gaius den Klang sich nähernder Schritte hörte, zog er seine Fangzähne heraus und ließ die Frau los. Erschlafft durch ihre sexuelle Reaktion auf seinen Biss und den plötzlichen Abfall ihres Blutdrucks, sackte die Frau gegen die Ketten. Nur diese hielten sie davon ab, zu Boden zu sinken.
Davon bemerkte Gaius jedoch nichts.
Er hatte die Frau bereits vergessen, als er seine Kleidung in Ordnung brachte und sich der Tür zuwandte.
Sally klopfte kurz an die Tür und öffnete sie. Ihr Blick fiel auf die bewusstlose Prostituierte, bevor sie Gaius’ süffisantes Lächeln erblickte.
»Unsere Gäste sind angekommen«, sagte sie steif.
Seine Nasenflügel blähten sich, als er den Hundegestank roch, der bereits sein Versteck verpestete. »Wolfstölen?«
Die Hexe sah nicht glücklicher aus als Gaius. Aber weshalb sollte sie auch? Wolfstölen waren von Personen, die Magie nutzten, nicht begeisterter als Vampire.
»Ein echtes Paar.«
Gaius runzelte die Stirn. »Wie bitte?«
Sie verdrehte die Augen. »Man muss es sehen, um es zu glauben.«
Gaius, der nicht in der Stimmung für Ratespiele war, schritt an ihr vorbei und trat in den Flur. »Führt sie in mein Arbeitszimmer.«
»Und was ist mit der Nutte?«
Er warf einen Blick über die Schulter auf die Frau, die wie eine zerbrochene Puppe in ihren Fesseln hing. »Sie bleibt hier.«
Sally rümpfte die Nase. »Aber …«
»Wenn sie stirbt, werde ich mich darum kümmern, dass sie beseitigt wird«, unterbrach er sie ungeduldig. Menschen waren so unangenehm empfindlich, wenn es um Leichen ging.
»Wie reizend«, murmelte Sally.
Ohne sich die Mühe einer Antwort zu machen, ging Gaius die Treppe hinunter und betrat die kleine Bibliothek, die er als Arbeitszimmer nutzte.
Er hatte nicht vor, in dem langen Raum, der von Regalen gesäumt wurde und mit einem Schreibtisch aus Walnussholz und
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