Gejagte der Nacht
drohenden Unheils immer mehr wuchs.
Viper hatte große Anstrengungen aufwenden müssen, um ein Blutbad zu vermeiden.
»Ich bin der König der Vampire«, gab Styx zurück. Er war nicht bereit zuzugeben, die Geduld verloren zu haben, als Salvatore ihm vorgeworfen hatte, nicht genügend Maßnahmen zu ergreifen, um Kassandra und Caine aufzuspüren. Als verfüge er über die Macht, von einer Dimension in die andere zu wechseln. Dieser lästige Hund. »Ich habe keine Tobsuchtsanfälle.«
Viper wirkte unbeeindruckt. »Du kannst sie nennen, wie auch immer es dir beliebt, aber sie drohen meine Stadt zu zerstören.«
Styx stieß ein leises, frustriertes Knurren aus. »Ich hasse es, gezwungen zu sein, nur dazusitzen und Däumchen zu drehen.«
»Vorerst gibt es einfach nichts anderes zu tun.« Viper sah ihn mit ernster Miene forschend an. »Hast du von Santiago gehört?«
Santiago gehörte zu Vipers getreuesten Soldaten. Er hatte sich vergeblich aufgemacht, Kassandra zu finden, war dann aber stattdessen auf Nefri gestoßen – die mysteriöse und mächtige Clanchefin, die hinter dem Schleier lebte.
Es war Santiago, der in Erfahrung gebracht hatte, dass der Vampir, der seine Seele an den Fürsten der Finsternis verkauft und sein Volk verraten hatte, einer ihrer Clanangehörigen war.
Und unglaublicherweise zugleich auch Santiagos verschollener Vater.
»Ja, er hilft Nefri bei ihrer Suche nach Gaius.«
»Laut Jaelyn besitzt er ein Medaillon, ganz ähnlich wie das von Nefri, das er zum Reisen verwenden kann. Ist sie imstande, ihr Medaillon zu nutzen, um ihn aufzuspüren?«
»Sie versucht noch herauszufinden, woher sein Medaillon stammt. Soweit sie wusste, besaß sie das einzige, das jemals hergestellt wurde.«
Viper runzelte die Stirn, während er mit seinen schlanken Fingern seine Rüschenmanschette in Ordnung brachte. »Das gefällt mir nicht.«
Styx trat auf seinen Kameraden zu, da er dessen echte Besorgnis spürte. »Weshalb?«
»Santiago ist geschickt darin vorzugeben, es habe ihn nicht in Mitleidenschaft gezogen, als sein Vater ihn verließ, um durch den Schleier zu reisen, aber er hat seelische Verletzungen davongetragen, die niemals völlig verheilt sind«, erklärte Viper. »Ich bin mir nicht sicher, ob er klar zu denken vermag, wenn es um Gaius geht.«
»Falls dieser Vampir uns verraten hat, dann spielt es für mich keine Rolle, ob Santiago klar denkt«, erwiderte Styx mit harter Stimme. In letzter Zeit ging ihm allmählich das Mitgefühl aus. »Dann will ich, dass dieser Bastard stirbt.«
»Es ist nicht immer so einfach, diejenigen zu töten, die wir als unsere Familie betrachten, selbst wenn wir wissen, dass es für das höhere Wohl notwendig ist.«
Styx fauchte, als er somit daran erinnert wurde, dass er das Vampirvolk aus falsch verstandener Loyalität beinahe der wahnsinnigen Brutalität des vorherigen Anasso ausgeliefert hätte. »Ich habe es begriffen.«
Viper griff in seine Tasche und zog ein schmales Handy hervor. »Willst du, dass ich ihn nach Hause rufe?«
Styx schüttelte die unwillkommenen Erinnerungen ab und verzog die Lippen zu einem schiefen Lächeln. »Du kannst es versuchen.«
Viper ließ mit argwöhnischer Miene das Telefon sinken. »Gibt es da etwas, das ich wissen sollte?«
»Darcy behauptet, ich hätte das soziale Einfühlungsvermögen eines Schneckendämons, doch selbst ich habe bemerkt, wie Santiago Nefri anstarrt, wenn er sich unbeobachtet fühlt.«
»Und wie starrt er sie an?«
»Als sehne er sich danach, sie zu verschlingen.«
Viper gab einen schockierten Laut von sich. »Nefri?«
»Weshalb sollte er das nicht tun? Sie ist eine wunderschöne Frau.«
»Atemberaubend schön«, stimmte der Clanchef zu. »Und gefährlich.«
»Das ist wahr.« Styx konnte das nicht bestreiten. Er hatte außer ihr noch nie einen anderen Vampir getroffen, der es an Stärke mit ihm aufnehmen konnte. Tatsächlich war er sich nicht einmal sicher, wer in einem direkten Kampf den Sieg davontrüge. »Ihre Macht ist jenseits von Gut und Böse. Nicht jeder Mann ist imstande, eine Frau zu akzeptieren, die über eine solche Stärke verfügt.«
»Das ist es nicht.« Viper vollführte eine ungeduldige Geste mit der Hand. »Santiago wählte schon immer mächtige Frauen aus.«
»Wo liegt dann das Problem?«
»Falls man den Gerüchten Glauben schenken darf, kehrte Nefri dieser Welt absichtlich den Rücken, um wie eine Nonne in einem Kloster zu leben«, erklärte er. »Ich will nicht, dass sie Santiago mit
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