Gejagte der Nacht
Versuch?«
»Er misslang nicht direkt, sondern es handelte sich eher um eine … Fehlzündung.«
Levet war nicht der Einzige mit einem schmerzenden Kopf, dachte Styx insgeheim. »Was zum Teufel soll das bedeuten?«
»Ich konnte keinen Kontakt zu ihr aufnehmen, aber es gelang ihr, Kontakt zu mir aufzunehmen.«
Mit einem Mal lag Anspannung in der Luft, als beide Vampire den winzigen Dämon verwundert anstarrten.
»Du hast mit ihr gesprochen?«, stieß Styx hervor.
Levet hob eine Schulter. »Nur für einen kurzen Moment.«
Viper trat vor. »Was sagte sie?«
»Nichts, aber sie schickte mir dies hier.«
Levet streckte die Hand aus, auf der ein kleines Stück Papier lag. Styx beugte sich vor, nahm das Papier und faltete es auf, um eingehend das aus seltsamen Linien bestehende Gekritzel zu betrachten.
»Was ist das?«, verlangte Viper zu wissen.
»Eine Prophezeiung.« Styx hob den Kopf, um seinen Freund besorgt anzublicken. »Bestelle Roke her.«
Gaius’ Versteck in Louisiana
Gaius saß in einem ledernen Ohrensessel in seinem Büro und hielt ein Geschichtsbuch in der Hand, das seine Schlachten als römischer General glorifizierte. Er mochte sich zwar nicht an seine Tage als Mensch erinnern, doch ihm gefiel das Wissen darum, dass er ein hervorragender, von allen gefürchteter Befehlshaber gewesen war. Normalerweise war das seine bevorzugte Art, einen ruhigen Abend in seinem Versteck zu verbringen.
Heute Abend jedoch fand er keine Ruhe.
Nicht einmal mehrere Stunden harter Sex, gefolgt von intensiver Nahrungsaufnahme, hatte das Gefühl der düsteren Vorahnung gelindert, das ihn bereits seit zwei Wochen quälte. Gaius legte das Buch beiseite, erhob sich und schritt zum Fenster. Sein Morgenrock aus Brokat streifte dabei über den Boden.
Er wusste, was ihn dermaßen beunruhigte.
Nachdem er die Befehle des Fürsten der Finsternis befolgt hatte, um den Geist des Zauberers zu beschützen, war er gemeinsam mit Dolf in den Nebel zurückgekehrt. Vielleicht hätte er nicht überrascht darüber sein sollen, dass sein Meister in dem Kind auferstanden war. Aber, offen gesagt, der Anblick der mächtigen Gottheit im Körper eines jungen Mädchens hatte ihn einfach nervös gemacht.
Glücklicherweise hatte er seine wachsende Besorgnis – im Gegensatz zu Dolf, dem es gelungen war, den Zorn des Fürsten der Finsternis auf sich zu ziehen – lange genug für sich behalten können, um aus dem Nebel zu entkommen.
Auf gar keinen Fall würde er sich in der Nähe des Fürsten der Finsternis aufhalten, nur um die Hauptlast der Enttäuschung seines Meisters zu tragen, wenn dieser seinen neuen Körper nicht nutzen konnte, um in die Welt zurückzukehren. Ob seine Kräfte nun aufgezehrt waren oder nicht – er war noch immer mächtig genug, um Gaius in ein Häuflein Elend voller Schmerzen und Qualen zu verwandeln.
Nun war der Vampir sich selbst überlassen und schmorte in seinen eigenen Zweifeln. Er war hin- und hergerissen zwischen dem dringenden Bedürfnis, von dem Fürsten der Finsternis zu hören, damit er seinen Handel mit ihm vollenden und die Rückkehr seiner geliebten Gefährtin verlangen konnte, und dem immer stärker werdenden Wunsch, von dem bösartigen Bastard vergessen zu werden. Oder besser, von dem bösartigen Miststück.
Als er bemerkte, wie sich ihm eine männliche Wolfstöle näherte, bemühte sich Gaius nach Kräften, sich seine Emotionen nicht anmerken zu lassen. Er wandte sich langsam um, um zu beobachten, wie Dolf das Zimmer betrat. Im Kerzenlicht sah der Hund eindeutig mitgenommen aus.
In den vergangenen beiden Wochen war der militärische Kurzhaarschnitt einem längeren, mit grauen Strähnen durchzogenen Haarschopf gewichen. Noch schlimmer aber war die Tatsache, dass er mehr als zwanzig Kilogramm an Gewicht verloren hatte, wodurch sein Gesicht eingefallen und sein Magen eingesunken war.
Er ähnelte in keiner Weise mehr dem kecken Straßenköter, als den Gaius ihn noch vor einem Monat kennengelernt hatte. Aber andererseits hatten sie alle ein wenig von ihrer Keckheit verloren.
»Habt Ihr den Leichnam beseitigt?«, verlangte er zu wissen.
Dolf nickte. In seinen Augen flackerte hektische Rastlosigkeit. Der gesunde Verstand der Wolfstöle hing an einem seidenen Faden. Einem sehr dünnen seidenen Faden.
»Er verfault tief im Sumpf, zusammen mit all den anderen.« Seine Lippen verzogen sich zu der grauenhaften Imitation eines Lächelns. »Ihr habt da draußen eine hübsche Sammlung. Dreizehn, nicht
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