Gejagte der Nacht
kürzlich mit Darcys Schwester verbunden hatte, dazu geführt, dass er zumindest salonfähig war.
»Jagr, was ist geschehen?«, fragte Styx. Er wusste, dass der andere Vampir ihn niemals belästigt hätte, wenn die Angelegenheit nicht ernst gewesen wäre.
»Seid Ihr in Eurem Arbeitszimmer?«
»Ja.« Styx runzelte verwirrt die Stirn. »Weshalb?«
»DeAngelo überwacht die Monitore, und er hat soeben beobachtet, wie Ihr das Haus durch eine Seitentür betreten habt und auf den Raum von Tane und Laylah zugeht.«
»Gaius«, knurrte Styx und dankte stumm Nefri für ihre Warnung vor den eigenartigen Talenten ihres Clanbruders. »Sendet die Raben aus, um ihn gefangen zu nehmen – ich bin auf dem Weg.«
Jagr nickte. »Wird gemacht.«
»Und, Jagr?«
»Ja?«
»Lasst das Kinderzimmer nicht unbewacht«, befahl der Vampirkönig. »Womöglich ist das ein Versuch, uns abzulenken.«
Jagr verkniff es sich klugerweise zu betonen, dass es nicht nötig war, ihm zu sagen, wie er seine Aufgaben zu erledigen hatte. »Sehr wohl.«
»Oh, und der Eindringling soll nicht getötet werden.« Ein grausames Lächeln bildete sich auf Styx’ Lippen. »Ich will, dass dieses Vergnügen mir vorbehalten bleibt.«
So schnell, dass es mit bloßem Auge kaum zu erkennen war, verließ Styx sein Arbeitszimmer und steuerte auf die unteren Ebenen seines Verstecks zu. Auf seinem Weg entfaltete sich seine Macht vor ihm, ließ Glühbirnen zerspringen und brachte Marmorstatuen zu Fall.
Als er endlich die privaten Räumlichkeiten erreichte, die er Tane und Laylah überlassen hatte, verlangsamte er seine Schritte und nickte den Raben zu, die vor dem Kinderzimmer Wache hielten. Mit vollständig ausgefahrenen Fangzähnen folgte er dem Verlauf des Korridors und entfernte sich damit vom Wohnbereich. Er ging auf die schmale Treppe zu, die zu seinen Kerkern führte.
Als er um eine Ecke bog, erkannte er Jagr, der vor einer Silbertür stand, in die auf Augenhöhe ein kleines Fenster eingelassen war. Der ehemalige Westgote drehte sich um, als Styx sich ihm näherte. Seine stets so grimmige Miene war noch düsterer als üblich, und er hielt ein riesiges Schwert in der Hand.
»Nun?«, erkundigte sich Styx.
»Wir erwischten ihn, bevor er Tanes Privatgemächer erreichte, und brachten ihn hierher«, antwortete Jagr, und seine eisblauen Augen waren hart vor Abscheu. »Seht selbst.«
Styx trat an das Fenster heran und spähte hindurch. Er fauchte schockiert, als er den Vampir erblickte, der mitten in der Zelle stand.
Obgleich er sich darauf vorbereitet hatte, musste Styx feststellen, dass er schauderte, als er in dem anderen Vampir sein Ebenbild erkannte.
Das gleiche lange, dunkle Haar, das zu einem Zopf zusammengebunden war, der gleiche große, mit Leder bekleidete Körper und eindeutig aztekische Gesichtszüge. Gott. Es fühlte sich an, als blicke man in einen Spiegel.
Oder zumindest nahm er an, dass es sich so anfühlen musste, wenn man in einen Spiegel blickte. Da er kein Spiegelbild besaß, konnte er nur vermuten, dass diesem Bastard die Gesichtszüge gut geglückt waren.
Das warf die Frage auf, wie sie ihm überhaupt geglückt sein konnten .
Waren sie sich schon einmal begegnet? Nach so vielen Jahrhunderten war es ihm unmöglich, sich an jeden Vampir zu erinnern, mit dem sich seine Wege jemals gekreuzt hatten.
»Verdammt.« Er verwarf die belanglosen Gedanken und konzentrierte sich darauf, was als Nächstes getan werden musste. »Was verriet ihn?«
»Er war zu hübsch.«
Styx schnaubte. »Sehr witzig. Nun will ich die Wahrheit hören.«
Jagr zuckte mit einer breiten Schulter. »Er musste die Geheimtür, die zu den unteren Ebenen führt, erst einmal suchen.«
Styx schüttelte den Kopf, als der falsche Styx die Arme vor der Brust verschränkte, und zwar auf eine Art, die ihm auf unheimliche Weise bekannt vorkam.
»Das ist einfach …«
»Zum Fürchten«, beendete Jagr den Satz für ihn.
»Ja.« Stxy fasste nach dem Türknauf. »Bleibt hier.«
Jagr blickte ihn mit gerunzelter Stirn an. Er war ganz eindeutig nicht erfeut über Styx’ Entscheidung. »Seid Ihr Euch sicher? Wir kennen nicht das volle Ausmaß seiner Kräfte.«
»Aus diesem Grund gehe ich auch allein hinein.« Styx erwiderte unbeirrbar Jagrs Blick. Er wusste, dass der Instinkt seinen loyalen Wächter zu dem Versuch verleiten würde, ihn zu verteidigen. »Vorerst ist nichts von größerer Bedeutung, als das Kind zu beschützen. Ich wünsche, dass Maluhia zur Kommission gebracht wird,
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