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Gekapert

Titel: Gekapert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuruddin Farah
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bei denen es am wahrscheinlichsten war, daß sie brauchbare Sätze von sich geben würden. Eritrea, Äthiopiens Erzfeind, ist der Hauptverbündete der Union und ihr Waffenlieferant.
    Im Wunsch, mehr zu erfahren, versucht Malik Fee-Jigan, Gumaad und einige andere anzurufen. Vergeblich, entweder ist besetzt oder sie sind nicht erreichbar.
    Cambara, die wahrscheinlich weniger weiß als er, meldet sich – nicht, um ihm Neuigkeiten mitzuteilen, sondern um ihm zu sagen, er könne jederzeit anrufen oder vorbeikommen, wenn er deprimiert sei und wieder ins Lot kommen wolle oder wenn er zu müde sei, sich etwas zu kochen oder wenn er einfach Lust habe, zu plaudern und mit jemandem zu lachen.
    Gelegentlich löst Freundlichkeit Verbitterung aus, und Malik fängt an zu jammern. »Überall ist belegt oder es geht keiner ran.«
    »Was hast du denn heute gemacht?«
    Malik faßt seine erfolglose Begegnung mit Ma-Gabadeh kurz zusammen und erwähnt dann, daß er von Dajaal von den Angriffen auf die Flughäfen erfahren hat. »Gumaad behauptet, er wird zum Sprecher der Union ernannt und deutet an, daß er sich mit DerScheich treffen und eine scharfe Verlautbarung über das äthiopische Vorgehen entlang der Grenze vorbereiten wird«, ergänzt Malik.
    »Zu spät, würde ich mal sagen.«
    »Ein Kommuniqué ist trotzdem nötig.«
    »Konnte Gumaad dir eigentlich helfen?« fragt sie.
    »Jede Biene, die Honig im Maul hat, verfügt über einen Stachel im Hinterleib«, antwortet Malik, »und kann daher auf vielerlei Arten nützlich sein. Aber nicht auf ganz so viele, wie ich gehofft hatte.«
    »Was meinst du damit?«
    Er erzählt ihr von seiner Begegnung mit Fee-Jigan und wiederholt die Anschuldigung des Journalisten, Gumaad sei Nachrichtenoffizier. »Ich kann ihm nicht mehr vertrauen.«
    »Es könnte sein, daß wir, Dajaal, Bile und ich, weil wir uns auf Robleh, die Schlange unter uns, konzentrierten, die Giftspinne übersehen haben. Hast du mit Dajaal darüber gesprochen?«
    »Ich befürchte, er könnte es schlecht aufnehmen.«
    »Du mußt dir ohnehin wahrscheinlich keine Sorgen mehr darüber machen«, sagt Cambara, »ich habe den Verdacht, daß DerScheich und die anderen großen Tiere der Union, einschließlich DerAndereScheich aus der Stadt fliehen werden, bevor die Äthiopier einmarschieren. Keiner von denen ist darauf erpicht, dem Feind in die Hände zu fallen oder gefangengenommen zu werden und zum Verhör nach Guantánamo zu kommen.«
    »Ich wünschte, ich könnte mit DerScheich ein Interview führen.«
    »DerScheich dürfte keinesfalls in der Stimmung sein, mit Gumaad zu plaudern«, gibt Cambara zurück, die nicht in der Stimmung ist, der Union Wohlwollen entgegenzubringen. »Ich wette, er bleibt keine Sekunde länger hier als notwendig.«
    Malik stellt sich die Männer in ihren langen Gewändern vor, wie sie bei Anbruch der Nacht die Flucht ergreifen, wissend, daß eine Niederlage sie der Lächerlichkeit preisgibt, ihre opportunistischen Freunde sie in dem Moment, in dem sie die Macht verlieren, im Stich lassen. Ein Zufluchtsort wird schwer zu finden sein. Man muß nicht Machiavelli gelesen haben, um zu wissen, in welcher Klemme sich die Männer der Union befinden, wenn die Äthiopier Mogadischu besetzen.
    »Wie nimmt Bile es auf?« fragt er Cambara.
    »Bis jetzt weiß er noch nicht, was passiert ist.«
    Im Kopf übertitelt Malik seinen Artikel »Scheiche auf der Flucht«. Dann juckt es ihn plötzlich fürchterlich, als griffe ihn ein ganzes Läusebataillon an. Es juckt ihn so sehr, daß er ihr am liebsten vorschlagen würde, später weiterzureden.
    Aber Cambara ist noch nicht fertig. »Das ist nicht das ideale Land, wenn man auf der Flucht ist, besonders nicht, wenn man guerillamäßig ein Comeback starten will. Nur in Jubbada Hoose gibt es Wälder, die so dicht bewachsen sind, daß sich ein Kampftrupp darin verstecken und einen Überraschungsüberfall planen könnte. DerScheich wird sich auch nicht nach Kenia hineinwagen.«
    »Warum nicht?«
    »Weil ihn die Kenianer an Du-weißt-schon-wen ausliefern werden.«
    »Warum nicht den Seeweg nehmen?«
    »Du wirst überrascht sein, aber viele Somalier aus der Küstenregion, die in Städten und Dörfern am Meer aufgewachsen sind, haben nie schwimmen gelernt. Fisch essen sie übrigens auch nicht.«
    »Piraten können nicht schwimmen? Das ist doch grotesk.«
    »Seltsam, aber es stimmt«, sagt sie.
    »Wie ich höre, plant die Union ein Comeback?«
    »Seit kurzem kocht die Gerüchteküche im

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