Gekapert
und zwar laut!« befiehlt Ma-Gabadeh.
»Ich bin schuld«, sagt Fee-Jigan. »An allem.«
»Dann erzähl ihm, was ich zu dir gesagt habe, bevor wir hierhergekommen sind.«
»Du hast gesagt, wenn dir eine der Fragen des Journalisten nicht paßt, würdest du auf deinem Recht bestehen, die Antwort zu verweigern, oder sie unter der Bedingung beantworten, daß er die Frage anders formuliert«, sagt Fee-Jigan zutiefst demütig.
Ma-Gabadeh wendet sich an Malik. »Sie sehen, Malik, wie äußerst schwierig es ist, in einer Welt ehrlich zu bleiben, die sekündlich unehrlicher wird und in der die Menschen, denen man vertraut, einen ständig im Stich lassen. Was schlagen Sie vor, sollen wir mit der Welt anstellen? Sie sind gebildeter und klüger als ich. Was sollen wir gegen die Unehrlichkeit der Menschen unternehmen?«
Ma-Gabadeh sammelt seine Sachen zusammen, steht auf, ruft übers Handy seine Bodyguards an und weist sie an, mit dem Auto hinter dem Hotel zu warten. »Sie hören von mir«, sagt Ma-Gabadeh zum Abschied. Malik ist sich nicht sicher, an wen Ma-Gabadehs Worte gerichtet sind oder was er damit meint. Falls sie an Malik gerichtet sind, könnte man sie so interpretieren: »Ich melde mich bei Ihnen.« Ebenso könnten sie eine Warnung beinhalten – »ab jetzt habe ich dich auf dem Kieker« –, falls Fee-Jigan der Adressat ist. Aber was, wenn Ma-Gabadeh die Absicht hat, Malik zu warnen, weil er ihm kritische Fragen über die finanzielle Unterstützung der Al-Schabaab gestellt hat, eben jene Frage, die den Krach zwischen Fee-Jigan und Ma-Gabadeh auslöste?
Als er fort ist, schickt Malik eine kurze SMS an Qasiir: Alles in Ordnung.
Fee-Jigan beugt sich vor, streckt freundschaftlich die Hand aus, berührt beinahe Maliks Handgelenk. Vielleicht will der Mann seinen Namen reinwaschen, schießt es Malik durch den Kopf.
»Das war bestimmt ein Kabinettstückchen, wie Sie es während Ihrer Reisen als Auslandskorrespondent nur selten gesehen haben. Nicht schlecht, was?«
»Ehrlich gesagt, ich bin immer noch verwirrt«, sagt Malik. »Könnten Sie mich vielleicht aufklären?«
Fee-Jigan läßt sich beim Aufstehen Zeit. »Ich bestreite kategorisch, daß die Idee, das Interview durch einen Anruf zu beenden, von mir stammt. Es war sein Vorschlag. Es tut mir leid, daß ich zugestimmt habe.«
Malik widerspricht Fee-Jigans Behauptung nicht sofort, denn ihm geht ein arabisches Sprichwort durch den Kopf: Damit die Starken den Schwachen ihren Willen aufzwingen können, müssen sie diese derart provozieren, daß sie sich mit unklugem Verhalten selbst vernichten. Mit anderen Worten, Fee-Jigan ist nicht in der Position, Ma-Gabadeh der Lüge zu bezichtigen.
»Und jetzt so zu tun, als wäre er unschuldig und ich schuldig und mich dann auch noch zu bedrohen – das finde ich ein starkes Stück«, fährt Fee-Jigan fort.
Malik ist geneigt, Fee-Jigan zu glauben, sagt aber lediglich: »Lassen Sie uns etwas trinken gehen.«
Das Teehaus, das sie aufsuchen, ist nach dem Speisesaal des Hotels recht enttäuschend. Die Kellner sind schmuddelig, ihre weißen Hemden mit Essensflecken besudelt, Stricke halten die Hosen oben. Ihre Kunden unterscheiden sich nicht von den Leuten, die man draußen auf den Straßen trifft. Vielleicht zieht hier jetzt doch noch die Demokratie herauf, denkt Malik zynisch. Mit ihrer Frömmigkeit protzende Männer tragen üppige Bärte. Sie verstummen, als Fee-Jigan und Malik auf der Suche nach einem freien Tisch an ihnen vorbeigehen. Dann nehmen sie ihr Gespräch wieder auf und ihr Arabisch klingt wie aus dem Lehrbuch, ohne Anklang eines Dialekts wie bei Muttersprachlern. Einer ist so begeistert von seiner Beherrschung der Sprache, daß er ihnen wie ein angeberischer Teenager zungenbrecherische Fehdehandschuhe zuwirft.
Der Ober entfernt sich, um ihnen den Tee zu bringen, und Malik kommt gleich auf den Punkt. »Unterstützt Ma-Gabadeh die Piraten finanziell?«
»Die Verbindung zwischen den Piraten und der Al-Schabaab läßt sich schlecht beweisen und noch viel weniger dementieren«, sagt Fee-Jigan. »Allerdings habe ich einen seiner Komplizen sagen hören, wenn es eine Verbindung in der ständig länger werdenden Kette gibt, die die Piraten mit Al-Schabaab verbindet und Al-Schabaab mit den ausländischen Dschihadisten, dann ist Ma-Gabadeh diese Verbindung, denn er hat viele Beziehungen zu allen drei Gruppierungen. Außerdem heißt es, er soll Deals abgeschlossen haben, von denen sowohl die Piraten profitierten, weil er
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