Gekauft für den Harem
gleichzeitig wusste sie, dass ihn ein tiefer Kummer gequält hatte. Wahrscheinlich wusste er genau, was ihr bevorstand.
„Ihr habt nach mir geschickt, Hoheit?“ Kasim verneigte sich vor dem Kalifen. Er hatte die ganze Nacht damit zugebracht, Marguerite aufzuspüren, und darüber nachgedacht, wie er Harriet helfen konnte. Khalid hatte allen Anlass, zornig zu sein, dessen war Kasim sich bewusst, denn Harriets Verhalten hatte den Prinzen auf eine nicht hinnehmbare Weise gekränkt.
„Hast du Neuigkeiten für mich, die die entlaufene Sklavin betreffen?“
„Sie befindet sich nicht mehr im Palast, Hoheit.“
„Haben die Janitscharen die Verfolgung aufgenommen?“
„Ja, Hoheit. Ein Suchtrupp ist ausgeschwärmt, sobald Ihr den Befehl gabt.“
„Dann wird sie gefunden werden.“ Nachdenklich heftete Khalid den Blick auf Kasim. „Wusstest du von dem Täuschungsmanöver der anderen Frau?“
„Ich versichere Euch, ich hätte Euch davon in Kenntnis gesetzt, wäre mir bekannt gewesen, dass sie eine solch unverzeihliche Dummheit plant.“
„Eine Dummheit? Verharmlost du ihr Vergehen nicht?“
„Ich glaube nicht, dass sie die Absicht hatte, den Prinzen zu kränken, Hoheit.“
„Dennoch hat sie genau das getan. Die Beleidigung eines Herrschers ist ein schweres Verbrechen, Kasim. Mein Sohn ist mein Nachfolger, und indem sie vortäuschte, ihre Cousine zu sein und sich dann weigerte, ihn zu heiraten, hat sie ihn in nicht hinnehmbarer Weise gekränkt. Wäre es ein Mann gewesen, der Hassan beleidigt, hätte ich ihn längst hinrichten lassen. Ich verhänge die Todesstrafe nicht leichtfertig, und nicht ohne guten Grund, doch ich glaube, in diesem Fall habe ich keine andere Wahl.“
„Ich bitte Euch, Hoheit, lasst Euch Eure Entscheidung noch einmal durch den Kopf gehen“, rief Kasim aus. „Vollstreckt das Urteil nicht. Um meinetwillen, um euretwillen …“
„Nenn mir einen guten Grund, Kasim.“
„Hört mich an, Hoheit, bitte. Sie kennt unsere Sitten und Gebräuche nicht. Sie wusste nicht, dass sie den Prinzen beleidigt. Ich flehe Euch an, seid großherzig und begnadigt sie.“ Kasim holte tief Atem. „Ich weiß, was sie getan hat, doch glaubt mir, es war keine Absicht. Sie hatte nur ihre geliebte Cousine im Auge. Ihr Handeln war verwerflich, doch es beweist auch Tapferkeit, denn sie wusste, dass man sie bestrafen würde.“
Khalid starrte ihn schweigend an. „Und von der anderen gibt es keine Spur?“
„Nein. Es ist, als habe sie sich in Luft aufgelöst. Sie muss Helfer innerhalb der Palastmauern gehabt haben. Man wird die Schuldigen finden und ihrer gerechten Strafe zuführen.“
„Sie würdest du strafen, nicht jedoch die Frau?“ In Khalids Augen glomm ein Funke Verständnis auf. Er zwinkerte, dann sah er Kasim an. „Ich schlage dir einen Handel vor, mein Freund. Als Gegenleistung dafür, dass ich ihr das Leben schenke, verlange ich ein Versprechen von dir.“
„Was immer Ihr wollt, Hoheit. Ihr wisst, dass Ihr nur zu fragen braucht. Es ist mir eine Ehre, Euch zu dienen.“
„Ich habe nicht mehr lange zu leben.“ Khalid sah ihn unverwandt an. „Die Ärzte geben mir höchstens noch ein paar Monate.“
„Hoheit …“ Kasim fühlte sich wie betäubt, die Kehle schnürte sich ihm zu. „Wie lange wisst Ihr es schon?“
„Ich ahnte, was mir bevorsteht, als ich dich aussandte, eine Engländerin für meinen Sohn zu suchen. Ich liebe Hassan innig, doch er ist ein Hitzkopf. Wenn es mich nicht mehr gibt, wird er unser Volk in endlose Kriege verwickeln – außer du fungierst als sein Berater und erhältst einen Teil meiner Macht.“
„Damit wäre Hassan nie einverstanden. Und zu Recht – er ist Euer legitimer Erbe.“
„Es wird ihm nichts anderes übrig bleiben. Es ist mein Entscheid, dass ihr euch die Regierungsgeschäfte teilt … bis du sicher sein kannst, dass er in der Lage ist, meinen Platz vollständig auszufüllen.“
„Der Prinz würde mich hassen. Er ist Euer rechtmäßiger Nachfolger.“
„Mit dieser Bürde zurechtzukommen wird deine Aufgabe sein.“ Khalid seufzte. „Du bist der Sohn, der mir nachfolgen sollte, Kasim. Mein Verstand sagt mir, dass du besser allein regieren würdest, aber meine Gefühle gestatten mir nicht, Hassan zu enterben. Ihr müsst gemeinsam herrschen, wenigstens so lange, bis du sicher sein kannst, dass der Prinz das Richtige tut. Versprich es mir, und ich werde Gnade walten lassen.“
Kasim zögerte. Er fühlte sich, als würde er entzweigerissen. Der
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