Gekauft für den Harem
Ich dachte schon, man habe vor, mich verhungern und verdursten zu lassen.“
„Khalid hätte die Todesstrafe für Euch gefordert, doch ich konnte ihn davon überzeugen, dass Ihr nicht wusstet, was Ihr tut.“
„Ich hatte nicht die Absicht, jemanden zu beleidigen. Aber ich hoffe, Marguerite wird nicht gefunden.“ Harriet sah ihm fest in die Augen. „Was ich getan habe, habe ich für sie getan, und ich bin bereit, jede Strafe auf mich zu nehmen, die der Kalif mir zumisst.“
„Törin, die Ihr seid! Seht Ihr nicht, was beinahe passiert wäre? Fast hätte man Euch mit dem Prinzen vermählt …“ Harriet sprang auf die Füße, als Kasim einen Schritt auf sie zutrat, trotzdem ragte er drohend über ihr auf. Er packte sie bei den Schultern, als wolle er sie schütteln. Seine Fingernägel gruben sich in ihre Haut, seine Miene war hart. In seinen Augen allerdings stand ein Ausdruck, der Harriet verwunderte. „Nein, ich will nicht weiter darüber sprechen“, fuhr er missmutig fort. „Was geschehen ist, ist geschehen. Ihr bleibt hier, bis ich Euch hole. Seht zu, dass Ihr angemessene Reue zeigt, denn wenn Ihr weiterhin gegen die geltenden Regeln verstoßt, verliere selbst ich die Geduld mit Euch.“ Sein Blick schweifte durch die Zelle. „Ich lasse Euch frische Kleidung und Eure Kämme und Essenzen bringen. Und ein Talglicht, damit Ihr es nicht die ganze Zeit dunkel habt.“
„Ich danke Euch …“ Harriets Kehle fühlte sich an wie ausgedörrt. Es schien, als läge ihre Bestrafung in seinen Händen. Was hatte er mit ihr vor, und warum kümmerte es sie? „Bitte richtet dem Prinzen aus, dass es mir leidtut, wenn ich ihn gekränkt habe, aber meine Cousine …“
„Er ist nicht in der Stimmung, sich Eure Entschuldigung anzuhören“, fiel Kasim ihr ins Wort. „Wir suchen noch nach Eurer Cousine. Und nach dem Mann, der ihr geholfen hat, aus dem Harem zu gelangen.“
„Welcher Mann?“ Harriet riss vor Schreck die Augen auf. Der Mund wurde ihr trocken. „Er wird doch nicht mehr im Palast sein?“
„Wisst Ihr, wer es war?“
„Nein … Ich hörte nur die Stimme, das ist alles …“ Sie befeuchtete sich die rissigen Lippen. „Was würde mit ihm geschehen, wenn …?“
„Wenn man den Eunuchen – und es muss einer der Eunuchen gewesen sein – findet, wird er getötet.“ Kasim presste den Mund zu einer schmalen Linie zusammen. „Dachtet Ihr, man würde ihm eine Rüge erteilen und ihn am Leben lassen? Niemand entkommt dem Harem des Kalifen. Die wenigen, die es in der Vergangenheit versuchten, wurden aufgespürt und bestraft, und auch auf eventuelle Helfer wartet die Todesstrafe. So lautet das Gesetz, und es wird in jedem Fall angewendet.“
Harriet schnappte nach Luft. Sie hatte Marguerite aufgetragen, dem Onkel zu sagen, dass er den Mann ein zweites Mal zu ihrer Rettung schicken sollte, aber von dieser Hoffnung musste sie sich verabschieden. Der Versuch wäre zwecklos und lebensgefährlich. Sie saß für den Rest ihrer Tage fest in diesem Palast.
„Mir war klar, dass es gefährlich ist, aber …“ Sie sah Kasim an. „Ihr wisst nicht, wer es ist, nicht wahr?“
„Glaubt mir, man wird ihn finden, wenn er töricht genug war, in den Palast zurückzukehren. Ihr wurdet gesehen, als Ihr auf dem Weg zu Katrina wart – oder besser gesagt, man dachte, Ihr seid es, aber es handelte sich natürlich um Eure Cousine. In Katrinas Gärten gibt es einen Durchlass in der Mauer, durch den die Gärtner hinein- und hinausgelangen, unter der Aufsicht eines Eunuchen, wohlgemerkt. Dieser Eunuch ist der Einzige, der über einen Schlüssel verfügt; es kann also nur er gewesen sein, der den Durchlass aufgesperrt und später wieder verriegelt hat.“ Kasim krauste die Stirn, als Harriet scharf Luft holte. „Ja. Ich dachte mir, dass es sich so abgespielt haben muss. Malik war unauffindbar heute Morgen, aber die Janitscharen haben sich ihm an die Fersen geheftet. Wenn sie ihn lebend gefangen nehmen, wird er Euren Namen verfluchen, ehe er stirbt.“
„Bitte …“ Harriet stiegen die Tränen in die Augen. „Könnt Ihr ihn nicht verschonen? Ihr habt Einfluss auf den Kalifen und auf den Prinzen.“
„Nicht genug, um Malik zu retten. Es ist nicht ausgeschlossen, dass ich Euch helfen kann, da ich Hassan einmal das Leben gerettet habe, als er noch ein Kind war und beinahe entführt und getötet worden wäre. Ich konnte ihn davor bewahren, und der Kalif belohnte mich mit meiner derzeitigen Position am Hofe. Eure Bestrafung
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