Gekauft für den Harem
Kalif erklärte sich bereit, Harriet zu verschonen, doch der Preis, den er verlangte, war hoch. Kasim schloss die Augen und atmete langsam aus. Er würde hierbleiben müssen, bis Hassan sein Ungestüm abgelegt hatte, und das konnte Jahre dauern, vielleicht ein ganzes Leben. Aber eine Alternative gab es nicht.
„Dann ist die Frau mein. Ich lasse sie in meinen Harem bringen und stelle sicher, dass sie sich fügsam verhält. Davon unabhängig geht die Suche nach Hassans Braut weiter.“
„Ich glaube nicht, dass sie gefunden wird, und wenn es so wäre, würde mein Sohn sich vermutlich weigern, sie zu heiraten. Er ist enttäuscht und wütend, und nur wegen mir. Ich dachte, eine Engländerin wäre gut für ihn, würde ihn dazu bringen, ruhiger zu werden, aber ich habe mich geirrt. Ich werde an den Sultan herantreten und anfragen, ob er oder einer seiner Verwandten eine Tochter im heiratsfähigen Alter hat, die meinem Sohn gefallen könnte.“
„Ich bin sicher, es gibt etliche davon in der Familie des Sultans. Und für Hassan wäre es eine Ehre und würde seine Enttäuschung sicher mildern.“
„Ich hätte den Sultan gleich fragen sollen.“ Khalid schüttelte den Kopf. „Du hast meinem Plan, Hassan mit einer Engländerin zu vermählen, von Anfang an skeptisch gegenübergestanden – und deine Zweifel waren berechtigt.“
„Soweit es Lady Harriet betrifft, bedaure ich nichts. Hätte ich sie nicht gekauft …“ Kasim unterbrach sich. „Danke, dass Ihr so großmütig seid, Hoheit. Ich bin Euch zutiefst verbunden für die Gnade, die Ihr ihr erweist.“
„Es würde mir keine Befriedigung bereiten, sie bestraft zu sehen. Sie erinnert mich an Anna.“ Khalid wirkte müde. „Ich kann die Dinge nicht ändern, Kasim. Anna bat mich unzählige Male, wenigstens den Haremsfrauen ihre Freiheit zu geben. Ich tat es nicht, klammerte mich an die althergebrachten Sitten. Sklaven wurden in meiner Kultur schon immer gehalten, für uns sind sie eine Selbstverständlichkeit. Vielleicht kannst du einen Wandel herbeiführen. Ich habe stets versucht, ein gerechter Herrscher zu sein, doch manchmal musste ich Dinge tun, die grausam waren. Wenn ich einmal nicht mehr bin, wirst du verstehen, was ich meine.“
„Wann werdet Ihr Hassan eröffnen, dass er die Macht mit mir teilen muss?“
„Bald. Das Dekret ist bereits unterzeichnet. Ich hatte vor, mit dir darüber zu sprechen, doch es war nie der richtige Augenblick – bis jetzt.“
Kasim glaubte zu wissen, was den Kalifen davon abgehalten hatte, ihn zu fragen. Khalid befürchtete, dass sein Berater, wenn er tot war, in sein Heimatland zurückkehrte. Was ich vermutlich tun würde, gestand Kasim sich ein. Wenn ich nicht mein Wort gegeben hätte . Er liebte Hassan wie einen Bruder, doch es war absehbar, dass der Kronprinz sich mit ihm anlegen würde, sobald sein Vater das Zeitliche gesegnet hatte, wenn nicht schon vorher. Der junge Heißsporn konnte unmöglich damit einverstanden sein, dass er an die Kandare gelegt wurde. Bereits jetzt herrschte eine ausgeprägte Rivalität zwischen ihnen. Kasim wusste, dass der Prinz ihn bewunderte und ihm gleichzeitig grollte. Er hatte es bislang nicht geschafft, Kasim, in dem er einen älteren Bruder sah, zu überflügeln, und er konnte es nicht ertragen, nur Zweitbester zu sein. Kasims Überlegenheit ertrug er nur, weil er der Thronfolger war und eines Tages die Macht innehaben würde.
Wenn sein Vater ihm eröffnete, was er plante, stand zu befürchten, dass der Prinz vor Wut außer sich geriet. Kasim konnte nur hoffen, dass er sich irgendwann beruhigte und die Entscheidung des Kalifen akzeptierte.
Er bat Khalid, sich zurückziehen zu dürfen, und erhielt die Erlaubnis. Tief in Gedanken begab er sich zu der Zelle, in die Harriet gebracht worden war. Sie hatte eine Nacht Zeit gehabt, über ihr Schicksal nachzudenken. Er würde dafür sorgen, dass sie anständiges Essen und saubere Kleidung bekam, sie jedoch noch nicht freilassen.
Eine Reihe von Vorkehrungen musste getroffen werden, ehe er Harriet in seine Gemächer holen konnte. Sie sollte nicht in seinem Harem leben, aber er würde die anderen Frauen auch nicht gleich fortschicken. Sie brauchte Freundinnen.
Irgendwann würde er sie fragen, ob sie hier bleiben und sich einleben oder zu ihrer Familie zurückkehren wollte. Er wusste nicht, wie er sich fühlen würde, wenn sie sich entschied, nach England zurückzukehren. Sie ging ihm wie keine Frau zuvor unter die Haut. Wäre er frei gewesen,
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