Gekauft für den Harem
wie von Kasim vorgesehen. Es war damit zu rechnen, dass Khalid seinen Sohn in Kürze über die Regelung einer gemeinsamen Regentschaft unterrichtete, und Kasim wusste, dass Hassan außer sich geraten würde, wenn er davon erfuhr. Zu Recht, denn das Dekret verweigerte ihm sein rechtmäßiges Erbe, und kein junger Mann, der etwas taugte, konnte einen solchen Affront einfach hinnehmen. Der Prinz und er waren immer Rivalen und Freunde gewesen, und nun stand zu befürchten, dass ihre Freundschaft zerbrach.
Die Vorstellung, Hassans Vertrauen zu verlieren, schmerzte ihn, doch er wusste, wenn Harriet sich entschied, ihn zu verlassen, würde er sich fühlen, als risse man ihm das Herz aus dem Leib. Gleichzeitig konnte er sie nicht bitten zu bleiben, denn wie sollte er ihr ein Leben zumuten, bei dem sie so vielen Einschränkungen unterworfen war?
Kasim beobachtete, wie sie den Blick zu dem Falken hob und seinen Flug verfolgte. Das Verlangen und die Sehnsucht nach ihr drohten ihn zu verzehren. Seine Lenden peinigten ihn, und seine Arme fühlten sich leer an ohne sie. Sie war ihm ein Quell der Freude und gleichzeitig des Schmerzes, aber er hatte es verdient zu leiden. Viel zu lange schon sah er fort, wenn er eigentlich hätte hinschauen müssen; viel zu lange schon arrangierte er sich mit Dingen, die er im Grunde nicht akzeptieren konnte, und tat nichts, um sie zu ändern. Eines nicht mehr fernen Tages würde er eine Machtposition innehaben, doch es war fraglich, ob er gemeinsam mit Hassan regieren konnte. Was, wenn er gezwungen sein würde, die Herrschaft alleine zu übernehmen und seinen Bruder zu unterwerfen? Die Zukunft barg unendlich viele Schwierigkeiten, und Kasim war keineswegs sicher, ob er es schaffen würde, damit fertigzuwerden.
Selbstironisch lächelte er in sich hinein. Es war, als habe er sich in einem Brombeergestrüpp verfangen. Je mehr er kämpfte, um sich zu befreien, desto schmerzhafter verletzte er sich an den scharfen Dornen, denen er zu entkommen suchte.
„Der Kalif hat mich zu sich befohlen“, informierte er Harriet am nächsten Morgen, als er ihr auf dem Weg zum Audienzsaal im Innenhof begegnete. „Ich fürchte, er will seine Ankündigung machen.“
„Welche Ankündigung?“, fragte Harriet verwirrt. „Und warum fürchtet Ihr sie? Habt Ihr Khalid erzürnt?“
„Nein, eher im Gegenteil.“ Kasim seufzte. „Ich wollte es Euch schon lange sagen, Harriet – der Kalif will, dass ich nach seinem Tod gemeinsam mit Hassan die Herrschaft übernehme.“
„Nach seinem … Ist er krank?“ Erst jetzt fiel Harriet auf, wie beunruhigt Kasim war, und sie berührte kurz seinen Arm. „Ihr seid besorgt, nicht wahr? Warum lehnt Ihr das Angebot nicht einfach ab? Ihr könntet dem Palast den Rücken kehren …“
„Nein, das könnte ich nicht“, unterbrach er sie scharf. „Ich habe Khalid mein Wort gegeben, und ich muss es halten, selbst wenn meine sämtlichen Pläne und Hoffnungen dadurch hinfällig werden. Heute Abend erkläre ich Euch alles genauer“, setzte er ruhiger hinzu, als sie fragend die Brauen hob. „Das hätte ich schon längst tun sollen, aber …“ Er schüttelte den Kopf. „Heute Abend. Ich lasse Euch rufen, und wir reden miteinander, bei mir, in meinen Räumlichkeiten. Ich lege keinen Wert darauf, belauscht zu werden.“
Harriets Herzschlag beschleunigte sich. Er wollte sie zu sich rufen lassen! So viele Nächte hatte sie vergebens darauf gewartet, und nun würde sie endlich doch noch in jedem Sinne des Wortes seine Frau werden. Es war das, was sie sich am meisten wünschte, aber wenn es ihr vergönnt gewesen wäre zu wählen, hätte sie ihn lieber in einer Kirche in England im Kreis ihrer Familie geheiratet.
„Ihr braucht nicht nach mir zu schicken. Ich komme bei Sonnenuntergang.“
Kasim lächelte. „Dann soll es so sein, Harriet. Ich werde Euch nicht holen lassen. Ihr kommt aus freien Stücken zu mir. Aber gebt acht, dass ich diese überraschende Reaktion nicht als Zeichen Eurer Unterwürfigkeit deute.“
„Ihr macht Euch lustig über mich, Mylord.“
„Nein, Harriet“, erwiderte er, mit einem Mal ernst, „das tue ich nicht. Aber ich bin in Eile, Khalid erwartet mich. Euch sehe ich heute Abend.“
„Ich … ich freue mich darauf.“
Harriet sah ihm nach, wie er davonging, und seufzte. Natürlich würde er das Versprechen, das er dem Kalifen gegeben hatte, niemals brechen. Und das bedeutete, dass sie ihren Traum, mit Kasim nach Hause zurückzukehren und ihn zu
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