Gekauft für den Harem
vermutlich, dass sie an diesem Abend zu Kasim gehen wollte. Harriet hatte schließlich eingesehen, dass es sich bei den Mädchen nicht um die Gespielinnen handeln konnte, die Kasim in sein Bett befohlen hatte – dazu waren sie alle drei viel zu jung und unschuldig, und von einer von ihnen wusste Harriet inzwischen, dass sie noch unberührt war. Sofern die Geschichte überhaupt stimmte, musste es sich um drei Frauen aus dem Harem gehandelt haben, der inzwischen aufgelöst worden war. Die Eifersucht, die Harriet noch vor Kurzem zugesetzt hatte, plagte sie nicht mehr, auch wenn sie sich nicht sicher sein konnte, dass Kasim sie ebenso liebte wie sie ihn.
Es gab Momente, da sah er sie auf eine Weise an, bei der ihr Herz einen Schlag aussetzte. Aber ebenso gab es Situationen, in denen er so reserviert und zurückhaltend wirkte, dass sie sich fragte, ob er es absichtlich tat, um möglichst viel Distanz zwischen sie und ihn zu legen.
Die Sonne war beinahe unter dem Horizont verschwunden, als Harriet den Innenhof durchquerte, der ihr und Kasims Wohnquartier voneinander trennte. Der Raum, den sie als Erstes betrat, schien eine Art Empfangszimmer zu sein und ging auf die Gärten hinaus, der angrenzende war das Schlafgemach. Vermutlich würde sie Kasim dort vorfinden. Doch als sie auf der Schwelle stehen blieb und sich umsah, musste sie zu ihrer Überraschung feststellen, dass er sich auch in diesem Raum nicht aufhielt. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Wo konnte er sein? Er hatte ihrem Vorschlag, bei Sonnenuntergang zu ihm zu kommen, doch zugestimmt. Oder nicht? Sie hielt den Atem an, als er plötzlich durch eine Tür, die sie zuvor nicht bemerkt hatte, in den Raum trat. Mit einem weißen Handtuch rieb er sich das Haar trocken. Bis auf ein weißes Tuch um die Hüften war er nackt. Brust, Arme und Beine waren noch feucht vom Bad. Harriet nahm sich Zeit, den Anblick seines kraftvollen, schönen Körpers in sich aufzunehmen, ehe er das Handtuch fortlegte und sie bemerkte. Ihre Blicke begegneten sich, und Verlangen schoss in ihr hoch wie eine Stichflamme. Er starrte sie an, als wolle er seinen Augen nicht trauen, dann schien er zu begreifen.
„Ist es schon so spät?“, fragte er kopfschüttelnd. „Vergebt mir, Harriet, ich war so beschäftigt, dass ich unsere Verabredung für einen Moment völlig vergessen hatte.“
„Wünscht Ihr, dass ich gehe?“
„Nein, im Gegenteil, bleibt bitte. Wir müssen reden. Ich hätte längst mit Euch sprechen sollen, aber …“
„Ihr wart verwundet und musstet erst wieder zu Kräften kommen. Außerdem seid Ihr ein viel beschäftigter Mann, Mylord.“
„In Zukunft werde ich wahrscheinlich noch mehr Pflichten haben.“ Kasim nahm seinen Kaftan vom Diwan. „Wenn Ihr so gut sein würdet, Euch kurz umzudrehen, Harriet, damit ich mich ordentlich anziehen kann?“
Harriet verbiss sich ein Lächeln und wandte ihm den Rücken zu. „Ihr scheint zu vergessen, dass ich Euch gepflegt habe, als Ihr krank wart, Mylord.“
„Nein, keineswegs“, erwiderte er ernst. „Wenn Ihr mögt, könnt Ihr Euch wieder umdrehen.“
Das tat sie und sah ihm dabei zu, wie er sich eine rote Schärpe um die Taille band. Rot und Weiß waren seine Farben, und ihr fiel auf, dass auch sie für diesen Abend Rot und Weiß gewählt hatte. Weil sie ihm zeigen wollte, dass sie sein war und er mit ihr tun konnte, was ihm beliebte? Das wusste er doch sicher auch so …
„Ihr spracht davon, dass Ihr mehr Pflichten haben werdet?“
Kasim nickte. „Der Kalif informierte seinen Sohn heute Morgen, dass er eine gemeinsame Regentschaft Hassans mit mir verfügt hat. Daraufhin stürmte der Prinz wutentbrannt aus dem Saal. Khalid war ebenfalls wütend. Er rief seine Minister zusammen und teilte ihnen mit, dass er zu krank ist, um in Zukunft noch Ratssitzungen zu leiten. Er ernannte mich zu seinem Stellvertreter und will mich anleiten, solange es geht.“
„Ich verstehe. Man hat Euch eine schwere Verantwortung auf die Schultern geladen, Mylord.“
„Sie zu tragen erfüllt mich mit Stolz, aber für die nächsten Jahre werde ich an diesen Ort gebunden sein. Ich muss eine Versöhnung mit Hassan herbeiführen und dafür sorgen, dass er ein Verständnis für die Position entwickelt, die er einmal einnehmen soll. Meine Bewegungsfreiheit wird eingeschränkt sein, und das bedeutet, dass die Frau, die ich heirate, bereit sein muss, hier zu leben und sich den herrschenden Verhältnissen anzupassen.“
Das Herz trommelte Harriet wie
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