Geklont
sprechen! Ich bin ein Minderjähriger! Ist dir das klar?«
»Bitte setz dich«, sagte Denys und vollführte eine fahrige Geste. »Setz dich. Bitte. - Bringt ihm etwas zu trinken!«
»Ich will nichts! Ich will wissen ...«
»Bitte«, wiederholte Denys auf seine ruhige, gequälte Art und forderte ihn ein zweites Mal mit einer Handbewegung auf. »Bitte setz dich. - Holt ihm was! - Setz dich doch bitte.«
Justin ließ sich in den Sessel fallen und spürte, wie ihn ein Weinkrampf überkommen wollte. Er biß die Zähne aufeinander und atmete durch, bis er ihn unter Kontrolle hatte; und Denys sank auf seinen Platz, verschränkte vor ihm auf dem Tisch die Hände und gab ihm Zeit, sich zu beruhigen, während einer der Azis einen alkoholfreien Drink brachte und ihn auf den Tisch stellte.
»Was ist da drin?«
»Nichts. Nichts. Armer Junge. Was ist das alles nur für ein Mist. Haben sie dir von Ari erzählt?«
Es war eine seltsame Frage. Sie ergab keinen Sinn. Sie flirrte wie ein kühler Schauer durch seine Nerven. »Was ist denn mit Ari? Wo ist mein Vater?«
»Ari ist tot, Justin.«
Es war, als ob die Welt in Schräglage geriete. Einen Moment lang verschwamm alles vor seinen Augen. Dann wurde ihm mit aller Wucht bewußt, wo er war. Wo er war und was sie taten und was die ganze Stille um ihn bedeutete.
Tot. Als sei sie keines natürlichen Todes gestorben. Als sei...
... das Flugzeug abgestürzt?
... irgendein Verrückter - in Novgorod?
»Jordan hat herausgefunden, was sie mit dir getan hat«, sagte Denys mit der sanftesten Stimme, die Justin je von ihm gehört hatte, »und sie umgebracht. Sie ins Kältelabor eingesperrt und umgebracht.«
Er saß einfach nur da. Es war eine Lüge. Es war eine Lüge. Jordan hatte keine Vorstellung, was Ari getan hatte. Justin hatte alles vertuscht. Und Ari war nicht tot. Ari konnte nicht - tot sein.
»Jordan gibt es zu«, fuhr Denys in ruhigem Ton fort. »Du weißt, daß sie nichts tun können. Von Rechts wegen. Die Justiz kann ihn nicht anfassen - um ihn auszufragen oder dergleichen. Keine Psychosonde. Bestimmt keine Gehirnwäsche. Jordie ist in Ordnung. Er ist in Sicherheit. Das verspreche ich dir.«
Er zitterte. Er hob die Tasse auf und verschüttete etwas, als er das Getränk zum Mund führte. Er verschüttete wieder etwas, als er es absetzte. Die eiskalte Flüssigkeit tropfte auf sein Knie. Die Dinge ergaben keinen Sinn. Er konnte seinen Verstand nicht in Gang bringen. »Was ist mit Grant? Ich sagte ihm, ich würde zurückkommen. Ich bin nicht zurückgekommen ...«
»Grant ist noch immer in der Klinik. Er ist in Sicherheit. Jordan hat ihn besucht. Jordan fliegt an diesem Nachmittag nach Novgorod. Sie arbeiten eine Vereinbarung für ihn aus, damit er Reseune verlassen kann.«
»Das ist eine verdammte Lüge!« Sie fingen an, Psychoterror auf ihn auszuüben. Er sah es kommen. Er sprang auf und stand den beiden Azis, die sich bewegten, um ihn aufzuhalten, von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Er erstarrte. Sie erstarrten.
»Junge. Justin. Bitte. Setz dich bitte und hör mir zu.«
»Ari ist gar nicht tot!« schrie er Denys an. »Das ist eine verdammte Lüge! Was hast du vor? Was hat sie vor?«
»O mein Gott, Junge, setz dich doch endlich und hör mir zu! Dein Vater wird nicht viel Zeit haben. Bitte. Zum Teufel mit meinem Bruder! Er hatte ganz schön Angst davor, dich in die Klinik zu bringen... Schau mal. Setz dich!«
Er gehorchte. Es gab sonst nichts zu tun. Sie konnten alles machen, was sie wollten.
»Hör mir zu, Justin! Das Amt für Innere Angelegenheiten hat Jordie verhört; Jordie hat bei Giraud darum gebettelt, dich aus der Sache herauszuhalten. Er wollte nicht, daß die Geschichte bekannt wird, verstehst du? Er wollte nicht, daß sie dich mit einer Psychosonde ausquetschen. Giraud hat ihnen einfach die Genehmigung verweigert. Jordie stärkte ihm dafür den Rücken. Aber mein verdammter Bruder fuhr in die Hauptstadt und ließ die Sperre bestehen, und die ganze Zeit sagte er, du seist in Ordnung ...« Denys zog einmal kurz Luft ein, streckte die Hand aus und legte sie auf die von Justin auf dem Tisch. »Du bist nicht in Ordnung. Verdammt, es ist doch nicht so, als wenn Giraud der erste wäre, der in den letzten Wochen eine Psychosonde auf dich angesetzt hätte, oder?«
Er riß seine Hand unter der von Denys weg. »Laß mich in Ruhe!«
»Willst du ein Beruhigungsmittel?«
»Ich will überhaupt nichts. Ich will hier raus! Ich will mit meinem Vater
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