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Geklont

Geklont

Titel: Geklont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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auch wenn es schwierig war, ihnen derlei beizubringen, ohne es zu tun; und zweitens wollte sie nicht, daß die beiden lernten, wie sie es mit ihr machten.
    Zum einen mußte sie die Beste darin sein. Sie war ihre Aufseherin.
    Zum anderen machten sie ihr manchmal Angst; manchmal brauchte sie sie wirklich, und manchmal wünschte sie sich, sie wären nicht bei ihr, weil sie sie teils aufregten, teils zum Lachen brachten und gelegentlich mitten in der Nacht überlegen ließen, daß sie sie nicht zu sehr mögen durfte, denn Mama würde die beiden vielleicht nicht mitkommen lassen.
    Sie wußte nicht, warum sie das dachte, aber es tat sehr weh, und sie haßte es, wenn Leute ihr Angst machten; und sie haßte es, wenn Leute ihr weh taten.
    »Wir sollten keinen Ärger machen«, sagte sie zu Florian und Catlin, als sie in dem Zimmer saßen, nachdem Nelly sie ausgeschimpft hatte; und endlich, weil es ihr durch den Kopf ging, wagte sie sich an das heran, was sie ihnen schon seit langem sagen wollte, aber es war schwer in Worte zu fassen und bereitete ihr ein unangenehmes Gefühl im Bauch. »Ich kenne eine Menge Leute, die nicht mehr hier sind. Man hat Ärger mit ihnen, und dann verschwinden sie.«
    »Was heißt das?« fragte Florian.
    »Sie sind einfach nicht mehr da.«
    »Tot?« fragte Catlin.
    Aris Herz machte einen Sprung. Sie schüttelte heftig den Kopf. »Bloß verschwunden. Unterwegs nach Fargone oder so.« Über das nächste konnte sie nur schwer reden. Sie warnte die beiden durch ihren Gesichtsausdruck, ganz ruhig zu sein, weil sie sonst aus der Haut fahren würde, denn sie wollte jetzt nicht über Nelly reden. »Meine Mama und ihr Azi sind verschwunden. Sie wollte es nicht. Onkel Denys sagte, sie hätte auf Fargone etwas sehr Wichtiges zu tun. Vielleicht stimmt's. Vielleicht auch nicht. Deshalb bin ich ganz vorsichtig. Ihr solltet auch vorsichtig sein.«
    »Wenn jemand uns verschwinden läßt«, behauptete Catlin, »werden wir zurückkommen.«
    Das war typisch Catlin. Catlin würde es wirklich schaffen, dachte Ari, oder zumindest würden sie und Florian eine Menge Schaden anrichten.
    »Meine Mama ist ganz schlau«, erklärte sie, »und Ollie ist unheimlich stark, und ich glaube nicht, daß sie euch bloß einsperren würden. Wißt ihr, ich könnte mir vorstellen, sie bearbeiteten einen, sie nehmen einen psychologisch in die Mangel.«
    »Wer ist unser Feind?« fragte Florian.
    Das war ihre Art zu denken. Ihr Herz schlug schwer. Sie hatte noch nie mit jemandem darüber geredet. Sie hatte nie so wie die Azis gedacht, ohne sich selbst im Mittelpunkt zu sehen. Die Dinge ergaben plötzlich einen Sinn, wenn man sie so wie die Azis betrachtete, einfach und geradeaus, ohne sich zu sorgen. Und wenn man dachte: Was wäre, wenn es wirklich ein Feind sein könnte? Sie saß da und versuchte zu überlegen, wem es zuzutrauen war, Leute einzusperren und psychisch zu manipulieren und starke Erwachsene verschwinden zu lassen, ohne daß sie etwas dagegen tun konnten.
    Sie zog Florian ganz nah an sich und flüsterte ihm zwischen vorgehaltenen Händen etwas ins Ohr, so wie man es tun mußte, wenn etwas ein Geheimnis bleiben sollte, wofür der Automatische Haushälter verantwortlich war - und wenn man über einen Feind redete, wußte man nie, wo man sicher war. »Ich glaube, es könnte Giraud sein. Aber er ist kein richtiger Feind. Er kann uns Anordnungen erteilen. Er kann dem Sicherheitsdienst Befehle geben.«
    Florian schien sehr besorgt zu sein. Catlin stieß ihn mit dem Ellbogen an, und er beugte sich hinüber und flüsterte ihr auf dieselbe Weise ins Ohr.
    Daraufhin machte Catlin einen erschrockenen Eindruck, und das kam bei ihr nicht oft vor.
    Ari zog Catlin an sich und flüsterte: »Das ist der einzige, den ich kenne, der Mama erwischt haben könnte.«
    »Dann muß man ihn zuerst erwischen«, flüsterte Catlin zurück.
    »Vielleicht ist er's auch nicht!«
    Sie setzte sich und dachte nach, während Catlin es an Florian weitergab. Florian erwiderte etwas, dann beugte er sich vor und sagte zu Ari:
    »Wir sollten jetzt nicht darüber reden.«
    Sie sah ihn besorgt an.
    »Ein Älterer ist sehr gefährlich«, erklärte Florian. Und mit der leisesten Flüsterstimme, zu der er fähig war: »Bitte, Sera. Morgen. Draußen.«
    Die beiden verstanden sie also. Sie glaubten ihr nicht bloß, weil sie Azis waren. Was sie sagte, ergab einen Sinn für sie. Sie umklammerte ihre Beine mit den Armen, fühlte sich unsicher und war wütend auf sich selbst; und

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