Geklont
weitere Sitzung bei Giraud einbringen. Nichts war sicher. Alles konnte feindlich besetzt sein. Es war die Art von Schrecken, die eine Tiefensonde hinterließ. Eigentlich hätte er einen Tranquilizer schlucken müssen. Aber das erlaubte er sich nicht.
Bei einem Kaffee im Restaurant berichtete er Grant, was Yanni gesagt hatte. Grant hörte ernst zu und sagte: »Wurde auch Zeit. Wurde Zeit, daß sie zur Besinnung kommen.«
»Du vertraust ihnen?« fragte Justin verzweifelt, als seien Grants Worte ein Garant dafür, was wirklich und was nicht wirklich war. Er hatte Angst, Grant würde ihn schließlich im Stich lassen und ja sagen, glaube ihnen, vertraue allem.
Es war, wonach es sich anhörte, wenn er sich auf das verließ, was er an gesundem Verstand hatte.
»Nein«, erwiderte Grant, indem er leicht die Brauen hob. »Nicht mehr als gestern. Aber ich glaube, daß Yanni die Wahrheit sagt. Ich glaube, er beginnt zu ahnen, was du sein könntest und was sie in ihrem Übereifer mit der jungen Ari verlieren könnten. Das ist der Gedanke, den Denys möglicherweise an ihn weitergegeben hat. Wenn Denys es so sieht, sieht es am Ende vielleicht auch Giraud so. Nein. Hör mir zu. Ich meine es sehr ernst.«
»Verdammt, Grant ...«Er fühlte sich auf lächerliche Weise den Tränen und einer absoluten, überwältigenden Panik nahe. »Ich kann einfach keinen Abstand dazu halten. Ich bin einfach zu offen, selbst wenn ich ganz wach bin. Mach mich nicht verrückt.«
»Ich sage noch eins, und dann halte ich erst einmal den Mund. Wenn Yanni ihnen Bescheid gibt, ist es völlig logisch, daß sie plötzlich entgegenkommend sind. Ich sage nicht, daß sie irgendwie anders sind. Ich behaupte nur, es sind einige Veränderungen eingetreten. Mein Gott, nimm's leicht, bleib ruhig, versuche sie nicht aufgrund früherer Erfahrungen einzuschätzen, versuche sie ein paar Tag lang gar nicht einzuschätzen. Willst du, daß ich mit Yanni rede?«
»Nein!«
»Gut. In Ordnung. Bleib ruhig.«
»Verdammt, behandele mich nicht wie ein Kind!«
»Oh, uns brennt aber leicht die Sicherung durch. Trink deinen Kaffee. Dir geht's gut, kein Grund zur Klage, reiß dich bloß mal zusammen, in Ordnung? Yanni ist durchgedreht, dir geht's ganz gut, mir geht's ganz gut, die Administration ist völlig von der Rolle, ich weiß nicht, was anders sein soll.«
Justin gab ein Lachen wie ein Niesen von sich, wischte sich beiläufig über die Augen und trank einen Schluck abgekühlten Kaffee. »Gott, ich weiß nicht, wie ich das durchstehen soll.«
»Ruhig, ganz ruhig. Denk immer nur an den heutigen Tag. Wir machen heute früher Schluß und gehen nach Hause, einverstanden?«
»Ich möchte Zeugen in unserer Nähe haben.«
»Dann ins Büro.«
»Ins Büro.« Er atmete tief durch und senkte seine Pulsrate aufs Normalmaß. Auf dem Rückweg kaufte er in dem Laden in der Ecke ein Holo-Poster, das er an die Wand über seinem Schreibtisch hängen wollte.
Grant hob eine Augenbraue, als er einen Blick darauf warf, während er dem Kassenautomaten seine Kreditkarte gab.
Es zeigte ein Flugzeug über dem Hinterland, FLIEGEN SIE MIT RESEUNEAIR , stand drauf.
Verbaltext aus:
EINE FRAGE DER UNION
Union Staatsbürgerkunde-Serie: Folge 3
Reseune Ausbildungsprogramm: 9799-8734-3
zugelassen für 80 +
In den Jahren zwischen 2301 und 2351 war Expansion die von niemandem in Frage gestellte politische Marschrichtung der Union: Der koloniale Eifer, der zur Einrichtung der ursprünglichen dreizehn Sternstationen geführt hatte, zeigte keine Anzeichen von Nachlassen.
Die Entdeckung von Cyteens biologischem Reichtum und die neue Technik interplanetarer Reisen vermittels Raumsprüngen brachte Cyteen ökonomische Selbständigkeit und schließlich die politische Unabhängigkeit, allerdings erst, als Cyteener die äußeren Welten erreichten und eine Anzahl eigener Kolonien gründeten. Die Tatsache, daß Cyteen von Menschen besiedelt worden war, die Unabhängigkeit von der Kolonialpolitik des Erdkonsortiums suchten, sorgte für eine philosophische Grundlage, die für die gesamte Kultur der Union wichtig ist - die Idee einer neuen Regierungsform.
Von der Zeit an, da die Spannungen zwischen Cyteen und dem Erdkonsortium, vor dem die Bewohner Cyteens geflohen waren, zu den Konsortiumskriegen und der Sezession führten, müssen wir Cyteen als einen Planeten im größeren Zusammenhang der Union betrachten. Innerhalb dieses Zusammenhangs sind die Sehnsucht nach Unabhängigkeit und der starke
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