Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geklont

Geklont

Titel: Geklont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
Vom Netzwerk:
war etwas völlig anderes, wenn diese komplexen Emotionen sich um den eigenen Ursprung rankten. Die Richtung ihrer Gefühle zu ändern, war das einzige, was sie auf logischem Wege erreichen konnte. Ihre Richtung zu ändern, um sie auf etwas anderes zu lenken: Schmerz ist eine selbstreferentielle Funktion, und das Fließen belegt Momente, in denen wir uns um uns selbst kümmern, mit starken Schuldgefühlen ... »Geht's dir denn gut, Onkel Denys?«
    Er atmete durch, und dann noch ein paarmal, und sah für einen Moment verzweifelt aus. Dann hob er entschlossen das Kinn und erklärte: »Er stirbt, Ari.«
    Daraufhin ging sie auf ihn zu und legte die Arme um ihn, dabei mehr auf sich selbst bedacht. Gott, sie hatte Schuldgefühle, weil sie so berechnend war, viel zu fachmännisch handelte, zu kühl in ihrem Innern war, als sie ihm auf die Schulter klopfte, sich aus seiner Umarmung löste und Seely fragte: »Hat Onkel Denys immer noch den Brandy?«
    »Ja«, bestätigte der Azi.
    »Ich habe zu arbeiten«, widersprach Denys.
    »Ein Brandy schadet dir nicht«, erwiderte sie. »Seely.«
    Er ging; und sie hakte sich bei ihrem Onkel unter und brachte ihn zum Eßtisch, wo er normalerweise arbeitete.
    »Es hilft nichts, wenn du dir den Kopf zerbrichst«, sagte sie. »Damit erreicht niemand etwas. Giraud wußte, was auf ihn zukam. Hör mal, du weißt doch, wie er vorgesorgt, wie er die Dinge arrangiert hat. Was er von dir erwartet...«
    »Ich kann's einfach nicht!« schneuzte er und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Ich will nicht darüber diskutieren. Lynch wird sein Stellvertreter. Vielleicht erholt Giraud sich noch. Beerdigen wir ihn nicht vorzeitig, einverstanden?«
    »Ich hoffe natürlich, du behältst recht.« Er will es nicht wahrhaben. Er akzeptiert es nicht.
    Gott sei Dank erschien daraufhin Seely mit dem Brandy, während Florian und Catlin sich an der Tür herumdrückten, so unauffällig verhielten, wie sie konnten.
    Ari nahm ihr Glas, trank einen Schluck, und auch Denys trank, viel mehr als nur einen Schluck; und ein langer Schauer durchlief ihn.
    »Ich kann nicht nach Novgorod«, sagte er. Sein Mund wirkte ausgesprochen zerbrechlich, und seine Haut wies trotz der kühlen Luft in dem Zimmer eine schweißige Blässe auf. »Das weißt du doch.«
    »Du kannst tun, was immer du für richtig hältst, Onkel Denys. Aber jetzt ist nicht der geeignete Zeitpunkt, um über solche Dinge zu reden.«
    »Ich kann's nicht«, wiederholte Denys und umklammerte sein Glas mit beiden Händen. »Ich hab's Giraud gesagt. Er weiß es. ›Nimm ein Band‹, sagt er. Dabei weiß er verdammt gut, daß ich nicht geeignet bin, ein solches Amt zu bekleiden.«
    »Das steht jetzt noch nicht zur Debatte.«
    »Verdammt noch mal, er stirbt. Du weißt es, und ich weiß es. Und seine Idee, ich ginge nach Novgorod ... er weiß wie du, daß das Unsinn ist.«
    »Du bist sehr gut.«
    »Mach dich nicht lächerlich! Ich und gut? Als öffentlicher Redner? Als jemand, der sich Pressekonferenzen stellen soll? Es ist niemand so wenig wie ich dafür geeignet, ein öffentliches Amt zu bekleiden. Klar, hinter den Kulissen bin ich ziemlich gut. Aber ich bin viel zu alt, um mich an neue Gegebenheiten anzupassen. Ich bin kein Mann für die Öffentlichkeit. Und das werde ich nie sein. In meinem Alter bekommt man das mit einem Band nicht mehr hin. Es gibt kein Band, das aus mir noch einen Redner macht...«
    »Dafür ist Giraud auch kein Fachmann, trotzdem ist er ein guter Rat.«
    »Weißt du«, sagte Denys, »als ich damals, als das passierte, zu der AG-Einheit hinunter mußte, war das das erste Mal, seit ich neun war, daß ich dieses Gebäude verlassen habe.«
    »Mein Gott, Onkel Denys.«
    »Hast du etwas anderes vermutet? Schäm dich! Ich bin runtergekommen, um zu sehen, wie mein Mündel seinen hübschen Hals riskiert, so wie ich in einiger Entfernung vom Flughafen immer zugesehen habe, wie deine Vorgängerin mit diesem verdammten Jet herangebraust kam. Ich hasse Katastrophen. Dabei habe ich immer mit ihnen gerechnet. Das ist meine Art, Courage zu beweisen, verstehst du? Aber erwarte nicht von mir, mich Pressekonferenzen zu stellen.« Denys schüttelte den Kopf und stützte sich mit den Ellbogen auf den Tisch. »Junge Leute. Sie riskieren so leichtfertig ihr Leben, und sie wissen gar nicht, wieviel es wert ist.«
    Dann weinte er, seine Schultern und sein Gesicht verkrampften sich etwas, und Ari nahm die Karaffe und schenkte ihm noch etwas ein, die einzige freundliche

Weitere Kostenlose Bücher