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Geködert

Geködert

Titel: Geködert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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das er da hatte. Ich bekam eine Postkarte von ihm: ›Schade, dass Du nicht hier bist.‹ Ein Bild mit Palmen am Strand. Berlin war damals tief verschneit, und meine Zentralheizung streikte. Ich fragte mich, ob er sich wünschte, ich hätte diese Kugel abgekriegt, die ihn aus dem Verkehr zog. Ich weiß nicht. Und nun werde ich’s wahrscheinlich nie erfahren.«
Ich sagte nichts.
Frank widmete sich seiner Pfeife. Er hatte ein kleines, stählernes Spezialgerät, mit dem er im Tabak herumstocherte. Wie ein schottischer Schiffsingenieur den Kessel seines alten, heißgeliebten Trampdampfers pflegte er die verdammte Pfeife. Und so ganz nebenbei gewann er auch noch Zeit, sich zu überlegen, was er sagen sollte. »Offiziell bin ich natürlich nie verständigt worden. Ich fand es komisch, wie Bret immer so angestrengt sein Engländertum herauskehrte. Und dann wird er verletzt und kommt nach Amerika.« Wieder eine Pause. »Wie ich schon sagte, offiziell ist Bret nie gestorben. Seine Spuren haben sich einfach verloren.«
»Wie bei den alten Soldaten«, sagte ich.
»Was? Ach so, ja, ich verstehe schon, was du meinst.«
Dann wandte sich die Unterhaltung anderen Themen zu. Ich erkundigte mich nach Franks Sohn, der Pilot war bei den British Airways, bis er vor kurzem zu einer der kleineren inländischen Gesellschaften gegangen war. Er flog nun zwar kleinere Flugzeuge auf kürzeren Strecken, aber dafür war er fast jeden Abend zu Hause bei seiner Frau, und mehr Geld verdiente er auch. Früher war Franks Sohn des öfteren in Berlin vorbeigekommen, dazu hatte er jetzt jedoch keine Gelegenheit mehr, und Frank gab zu, dass er sich manchmal einsam fühlte.
Ich sah mich um. Das Haus wirkte liebevoll gepflegt, aber für einen Mann allein war es einfach zu groß, um wohnlich zu sein. Mir fiel ein, dass Frank mir vor vielen Jahren einmal gesagt hatte, die Ehe sei nichts für »Leute, die in unserer Branche arbeiten – Geheimnisse, in die sie nicht eingeweiht werden, können Frauen nicht vertragen«. Ich hatte seitdem oft Gelegenheit gehabt, darüber nachzudenken.
Frank fragte nach gemeinsamen Freunden in Washington, D. C. und nachdem wir uns über ein paar von ihnen unterhalten hatten, fragte ich: »Erinnerst du dich an Jim Prettyman?«
»Prettyman? Nein«, sagte Frank bestimmt. Dann fragte er, ob zwischen mir und Gloria alles in Ordnung sei. Ich sagte ja, weil meine in letzter Zeit ständig zunehmende Angst, zu abhängig von ihr zu werden, mir selbst so kindisch vorkam, dass ich nicht darüber reden wollte.
»Denkst du nicht daran, noch einmal zu heiraten?« fragte Frank.
»Vor dem Gesetz bin ich ja noch mit Fiona verheiratet.«
»Ach ja, stimmt ja.«
»Ich habe so ein unangenehmes Gefühl, dass sie noch einmal versuchen wird, das Sorgerecht für die Kinder zu kriegen.« Davon hatte ich eigentlich nichts sagen wollen, aber, verdammt, wes Herz voll ist …
»Das will ich nicht hoffen, Bernard.«
»Ich bekam kürzlich ein förmliches Schreiben von meinem Schwiegervater. Er beansprucht das Recht, die Kinder regelmäßig zu sehen.«
Frank nahm die Pfeife aus dem Mund. »Und du glaubst, dass er mit Fiona in Verbindung steht?«
»Ausschließen kann ich das nicht. Er ist ein falsches Aas.«
»Problemen muss man sich stellen, Bernard. Was meint Gloria denn dazu?«
»Ich habe ihr noch nichts davon gesagt.«
»Du bist ein Esel, Bernard. Du musst endlich aufhören, sie wie ein Kind zu behandeln. Der weibliche Standpunkt, verstehst du?«
»Du hast recht«, sagte ich.
»Natürlich. Hör auf, vor dich hin zu brüten. Rede mit ihr. Sie muss doch inzwischen die Kinder ganz gut kennen.«
»Ich glaube, ich gehe jetzt besser«, sagte ich. »War schön, Frank. Wie in der guten alten Zeit.«
»Schön, dass du zum Essen geblieben bist. Nur schade, dass ich nicht wusste, dass du kommst, ich hätte dir gern was Anständigeres vorgesetzt.«
»Laß man, es war wie zu Hause«, sagte ich.
»Hast du einen Wagen?« fragte er.
»Ja, danke.«
»Wenn du nur nicht gleich am Flughafen immer einen Mietwagen nehmen würdest. Unter dem Sicherheitsaspekt …«
»Ich nehme an, du hast recht«, gab ich zu. Seine Pfeife war in vollem Gange, Frank musste wegen der dichten Rauchwolken die Augen zukneifen. »Wohnst du bei Frau Hennig?« Er nannte sie immer Frau Hennig. Ich glaube, er mochte sie nicht besonders, aber was er für oder wider sie empfand, verbarg er genauso sorgfältig wie fast alle seine Gefühle.
»Ja«, sagte ich. Aus den Augenwinkeln sah ich mit finsterer Miene

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