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Geködert

Geködert

Titel: Geködert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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Abkommandierung ins sonnige Kalifornien ihre Reize hatte.
    Nicht für mich. Jedenfalls nicht, bis mir Werners Drohung wieder einfiel, heute früh im Büro zu erscheinen und dem D.G. auf den Leib zu rücken.
»Sie können dich nicht zwingen«, sagte Gloria, die die
    Nachricht über meine Schulter mitgelesen hatte.
»Natürlich nicht«, erwiderte ich, »ich kann jederzeit
stempeln gehen.«
»Da steht nicht mal, wie lange du weg sein wirst«, sagte sie
in einem Ton. bei dem man sich fragte, wie wohl sie auf einen
derart unmissverständlichen Befehl reagiert hätte.
»Es tut mir leid«, sagte ich.
»Du hast versprochen, dich um die Garagentür zu
kümmern.«
»Die braucht nur ein neues Scharnier«, sagte ich. »Ich kenne
einen Laden in der Nähe der Waterloo Station. Nächste Woche
gehe ich da mal vorbei.«
»Ich packe dir deinen Koffer.« Sie warf einen Blick auf die
Uhr, die auf dem Kaminsims stand. »Es lohnt sich ja nicht,
noch mal ins Bett zu gehen.«
»Ich habe gesagt, dass es mir leid tut«, erinnerte ich sie.
»Dabei haben wir nur an den Wochenenden mal ein bisschen
Zeit füreinander«, sagte sie. »Warum konnte diese Reise nicht
bis Montag warten?«
»Ich werde versuchen, Billy irgendwas Aufregendes zum
Geburtstag mitzubringen.«
»Bring dich selbst wieder mit«, sagte Gloria und küsste
mich zärtlich. »Ich mach’ mir Sorgen … wenn sie dich so plötzlich irgendwohin schicken mit diesem verdammten ›Instruktionen bei Ankunft‹-Stempel, mache ich mir Sorgen um
dich.«
»Es wird nichts Gefährliches sein«, entgegnete ich. »Ich
werde bestimmt das ganze Wochenende über an irgendeinem
Swimmingpool herumsitzen.«
»Sie haben ausdrücklich dich verlangt, Bernard«, sagte sie. Ich nickte. Die Tatsache hatte nichts Schmeichelhaftes, aber
sie war nicht zu leugnen. Nicht wegen meiner
gesellschaftlichen Kontakte oder wegen meiner Gelehrsamkeit
hatten sie ausdrücklich mich angefordert. »Ich werde mir
Schwimmflügel umbinden und im Nichtschwimmerbereich
bleiben«, versprach ich.
»Was wirst du tun, wenn du ankommst?«
»Es hieß ›Instruktionen bei Ankunft‹, Liebes, das heißt, sie
wissen es selber noch nicht.«
»Aber wie wirst du sie überhaupt erkennen?«
»So läuft das nicht, Liebling. Sie werden ein Foto von mir
haben. Ich werde sie erst erkennen, wenn sie sich vorstellen.« »Und wie wirst du wissen, dass du’s mit den richtigen
Leuten zu tun hast?«
»Er wird mir mein Foto zeigen.«
»Das ist ja alles sehr sorgfältig geplant«, sagte sie in
beifälligem Ton. Es gefiel ihr, wenn alles sorgfältig geplant
war.
»Steht alles im Kleingedruckten.«
»Aber immer dieselbe Fluglinie, Bernard? Aus
Sicherheitsgründen sollten sie doch ab und zu wechseln,
oder?«
»Sie werden schon ihre Gründe haben«, sagte ich. »Wie
wär’s, wenn du mir eine Tasse Kaffee machst, während ich
packe?«
»Es ist alles gewaschen. Deine Hemden hängen auf Bügeln
im Kleiderschrank, fang also nicht an herumzuschreien, wenn
du die Kommode leer findest.«
»Wegen der Hemden werde ich nicht herumschreien«,
versprach ich und gab ihr einen Kuss. »Und wenn ich’s tue,
reiß einfach noch mehr Knöpfe ab.«
»Ich liebe dich, Bernard.« Sie legte die Arme um mich und
drückte sich an mich. »Ich will dich für immer und ewig.« »Dann soll es auch so sein«, sagte ich mit der
gedankenlosen Tollkühnheit, die mich immer dann überfällt,
wenn man mich so früh morgens aus dem Schlaf reißt. Einen Augenblick lang drückte sie mich, dass mir fast der
Atem wegblieb, dann flüsterte sie mir ins Ohr: »Und ich liebe
die Kinder, Bernard. Mach dir ihretwegen keine Sorgen.« Den Kindern fehlte natürlich die eigene Mutter, und ich
wusste, wie sehr sich Gloria bemühte, sie ihnen zu ersetzen. Es
war nicht leicht für sie. Die Aussicht auf Cambridge, wo nichts
als harte Arbeit von ihr gefordert wurde, muss mitunter
verlockend gewesen sein.
    In der ersten Klasse war fast jeder Platz besetzt. Hellwache junge Männer mit gutgeschnittenen Anzügen und großen goldenen Armbanduhren blätterten in Papieren, die aus schweinsledernen Aktentaschen kamen, oder tippten auf winzige Taschencomputer mit ausklappbaren Bildschirmen. Viele von ihnen lehnten den angebotenen Champagner ab und ließen nicht einmal, während das Essen serviert wurde, von der Arbeit: lasen Berichte, hakten Listen ab und markierten, was ihnen wichtig vorkam, mit verschiedenfarbigen Leuchtstiften.
    Mein Nachbar war von der gleichen Art, aber erheblich weniger hingebungsvoll. Er hieß

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