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Geködert

Geködert

Titel: Geködert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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Kontrolle, war aber immer noch ärgerlich. »Sie brauchten ihn in London, aber es sollte so aussehen, als käme er gegen seinen Willen.«
    »Ich bin darauf reingefallen«, sagte ich.
    »Jim hat sich in eine sehr gefährliche Lage gebracht«, sagte sie. »Solltest du mit ihm über das Geld reden?«
    Ich nickte.
    »Das hat alles Jim arrangiert«, sagte sie traurig. »Millionen von Pfund auf irgendeinem geheimen Konto im Ausland. Eine Menge Leute waren zeichnungsberechtigt. Einer davon war Jim.«
    »Du willst doch nicht sagen, dass sie Jim deswegen umgebracht haben, oder, Cindy?«
    »Weshalb denn sonst? Um ihm die Brieftasche zu klauen?«
    fragte Cindy verächtlich.
    »Washington ist ein gefährliches Pflaster«, entgegnete ich.
    »Zwei Mann, sechs Kugeln?« sagte sie. »Verflucht seltsame Diebe sind das.«
    »Jetzt hole ich dir erst mal was Richtiges zu trinken, Cindy.
    Ich brauche ein bisschen Zeit, um über all das nachzudenken.«

    - 53 -

4
    Ich saß in Dicky Cruyers sehr behaglichem Büro in einem Eames-Sessel und wartete darauf, dass er von seinem Besuch beim Deputy zurückkäme. Er hatte mir versprochen, in zehn Minuten wieder hierzusein, aber was der Deputy ihm zu sagen hatte, hielt ihn dann doch länger auf.
    Als Dicky endlich kam, gab er sich sichtlich Mühe, so jugendlich sorglos aufzutreten wie sonst auch, aber ich konnte mir denken, dass ihm der Deputy wegen der Bizet-Krise eine kräftige Standpauke gehalten hatte. »Alles okay?« fragte ich.
    Einen Augenblick lang sah er mich an, als versuchte er sich zu erinnern, wer ich sei und was ich in seinem Büro machte. Er fuhr sich mit den Fingern durch das lockige Haar. Er war schlank, sah auch gut aus, auf eine jungenhafte Art, die er sorgfältig kultivierte.
    »Der Deputy muss auf dem laufenden gehalten werden«, sagte Dicky. Es war eine gewisse Herablassung wegen der Unerfahrenheit des Deputy herauszuhören. Solange Sir Henry, der Director-General, regelmäßig gekommen war, hatte sich Sir Percy, sein Stellvertreter, nur selten bei uns gezeigt. Aber seitdem der Alte nur noch gelegentlich auftauchte, hatte der Deputy das Kommando übernommen und benahm sich wie der sprichwörtliche neue Besen. Die erste bedeutendere Maßnahme, die er traf, war, dass er Dicky empfahl, sich seiner verantwortlichen Stellung entsprechend zu kleiden. In letzter Zeit hatte man Dickys abwechslungsreiche Garderobe aus ausgebleichten Designer-Jeans, Turnschuhen und Schottenkarohemden und auch das goldene Medaillon, das er um den Hals trug, nicht mehr gesehen. Wie die übrigen männlichen Angestellten erschien er jetzt jeden Tag im Anzug.
    Ich hatte noch immer Schwierigkeiten, mich an diesen neuen nüchternen Dicky zu gewöhnen.

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    »Du warst gestern abend nicht bei Charles Billingslys Abschiedsparty«, sagte Dicky. »Es gab Champagner … sehr stilvoll.«
    »Ich wusste nichts davon«, erwiderte ich. Billingsly, der mehr oder weniger nutzlose Verbindungsmann der Deutschland-Abteilung zum Datenzentrum, war kein besonderer Freund von mir. Wahrscheinlich hatte er auch Angst, ich könnte zu viel von seiner teuren Brause trinken.
    »Werden wir ihn denn los?«
    »Streng geheimer Auftrag in Hongkong. Haben sie ihm nur achtundvierzig Stunden vorher angekündigt. Er hat dir von der Party also nichts gesagt? Na ja, es ging alles sehr schnell.«
    »Wozu sie den wohl in Hongkong brauchen?«
    »Das weiß niemand, nicht mal Charles selber. Hetzen und abwarten, so läuft das doch bei uns.«
    »Vielleicht wollte der Deputy ihn nur hier loswerden«, vermutete ich.
    Dickys Augen glitzerten. Nach seiner kleinen Aussprache mit dem Deputy fragte er sich vielleicht, ob nicht er selbst eines Tages in einem schnellen Flugzeug mit fernem Ziel sitzen würde. »Charles loswerden?« fragte er. »Warum?«
    »Keine Ahnung«, sagte ich.
    »Nein, Charles ist ein guter Kerl.«
    Ungerufen trat Dickys Sekretärin ein mit einem großen silbernen Tablett, auf dem sein Spode-Porzellan und eine große Kanne Kaffee standen, Kaffee von frisch gemahlenen Bohnen selbstverständlich, so wie Dicky ihn mochte. Vermutlich hoffte sie, seine Laune damit zu verbessern; manchmal hat eine starke Dosis Coffein ja diese Wirkung. Er beugte sich darüber und murmelte ein leises Lob, ehe er sich eine Tasse eingoß. Dann setzte er sich hinter den großen Rosenholztisch, den er als Schreibtisch benützte, und kostete den Kaffee. »Verdammt gut«, sagte er beifällig und nahm noch einen Schluck. »Nimm

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    dir doch auch einen«,

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