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Geködert

Geködert

Titel: Geködert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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Menschen ändern sich, Cindy. Hast du selbst gesagt.«
    »Haben deine Kinder sehr darunter gelitten?«
    »Billy schien es gut wegzustecken, aber Sally … Es war alles in Ordnung, bis ich eine Freundin mit nach Hause nahm.
    Sally hat oft nachts geweint. Aber inzwischen hat sie sich daran gewöhnt.« Das sagte ich eher aus dem Wunsch heraus, dass es wahr wäre, als aus Überzeugung. Ich machte mir Sorgen wegen der Kinder, große Sorgen, aber das ging Cindy nichts an.
    »Ist diese Freundin Gloria Kent, die bei euch im Department arbeitet?«
    Diese Cindy wusste wirklich alles. Aber das
    Außenministerium war immer schon die Klatschbörse von Whitehall gewesen. »Du sagst es«, antwortete ich.
    »Es ist schwierig für die Kinder«, sagte Cindy.
    »Wahrscheinlich sollte ich dankbar sein, dass wir keine Kinder haben.«
    »Da hast du recht«, erwiderte ich. Ich trank von meinem Guinness und sah verstohlen auf die Uhr.
    »Aber andererseits, wenn wir Kinder gehabt hätten, vielleicht wäre Jim nicht so scharf darauf gewesen, hier rauszukommen. Er wollte sich beweisen, verstehst du. Ich habe

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    mich in letzter Zeit manchmal gefragt, ob er nicht sich die Schuld daran gegeben hat, dass wir keine Kinder hatten.«
    »Jim hat von dem Abend gesprochen, als das Feuer in der Küche ausbrach«, sagte ich.
    »Jim hat das Öl verschüttet. Er war immer schon so ungeschickt.«
    »Wieso, ich dachte, Fiona war’s?«
    »Sie hat nur die Schuld auf sich genommen«, antwortete Cindy seufzend. »Jim konnte nie zugeben, dass er einen Fehler gemacht hat. So war er eben.«
    »Richtig, Fiona hat die Schuld auf sich genommen«, sagte ich. »Sie hat mir erzählt, dass es Jim war, aber sie hat die Verantwortung übernommen … die Versicherung … alles.«
    »Fiona war eine bemerkenswerte Frau, Bernie, und das weißt du auch. Sie war so selbstbewusst, dass Missbilligung ihr einfach nichts anhaben konnte. Ich habe sie immer bewundert.
    Ich hätte fast alles darum gegeben, so zu sein wie Fiona, immer selbstbeherrscht und gefasst.« Ich antwortete nicht. Cindy nahm einen Schluck Mineralwasser, strich ihr Kleid glatt, räusperte sich und sagte dann: »Was ich eigentlich von dir wissen wollte, Bernard, ist, was das Department tun wird.«
    »Was das Department tun wird?« wiederholte ich verwundert.
    »Na, wegen Jim«, sagte Cindy. Sie drückte ein paarmal ihr Taschentuch zusammen, als wollte sie ihre Handmuskeln trainieren.
    »Wegen Jim.« Ich blies den Staub von meiner Brille und fing an, sie zu putzen. Die Gläser waren jedoch fettig geworden, und durch das Reiben wurden sie nur noch schmieriger. Die einzige Methode, sie richtig sauber zu kriegen, war, sie mit Spülmittel unter warmem Wasser zu waschen. Mein Optiker riet mir zwar von dieser Methode ab, aber ich machte es trotzdem immer so. »Ich weiß nicht genau, was du meinst, Cindy.«

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    »Werden sie an mich oder an diese Amerikanerin auszahlen, diese sogenannte neue Gattin?« fragte sie ärgerlich.
    »Auszahlen?« Ich setzte meine Brille auf und sah sie an.
    »Sei nicht so schwierig, Bernard. Ich muss es wissen. Ich muss einfach. Das musst du doch einsehen.«
    »Aber was denn auszahlen?«
    Sie bekam große Augen. »Heilige Mutter Gottes!« rief sie in dem Ton aus, in dem nur praktizierende Katholiken so etwas sagen. »Du weißt es nicht!« Es war eine Klage. »Jim ist tot. Sie haben ihn Freitag abend umgebracht, als er nach deinem Besuch aus dem Büro ging. Sie haben ihn erschossen. Sechs Kugeln.«
    »Letzten Freitag.«
    »Auf dem Parkplatz. Es war schon dunkel. Er hatte keine Chance. Zwei Mann haben ihm aufgelauert. Hat es dir wirklich niemand erzählt?«
    »Nein.«
    »Bitte halte mich nicht für gefühllos, aber ich will vor dieser anderen Frau Anspruch auf die Pension erheben. Wie soll ich das anstellen?«
    »Aber ist da überhaupt eine Pension zu erwarten, Cindy? Ich dachte, er hätte sich abfinden lassen, als er aus dem Department ausschied.«
    »Ausschied? Aber er ist doch nie ausgeschieden.«
    »Du bist nicht richtig informiert, Cindy«, sagte ich. Sie widersprach mir erregt.
    »Glaubst du vielleicht, ich weiß nicht Bescheid? Mein Gott, ich habe mit eigenen Augen …«
    Dann hielt sie plötzlich inne, als könnte sie unmöglich etwas sagen, das ich nicht wissen durfte.
    »Ich war in Washington bei ihm und habe ihn gebeten, in London auszusagen. Er wollte nicht kommen«, erklärte ich ruhig.

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    »Das war doch Tarnung, Bernard«, sagte sie. Sie hatte sich wieder unter

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