Gelassene Eltern - starke und glueckliche Kinder - Eine Recherche wie das Leben mit Kindern gelingt
Einschulungstag eine Feier mit der ganzen Familie statt. Im Vorfeld entwickeln Eltern einen Wirbel, ob die Schule, ob die Lehrerin passt. Geburtstagsfeiern von Zweitklässlern werden zu Events. Man geht zum Bowling, ins Bambuland, vorher natürlich zu McDonalds. Eine Feier zuhause mit Topfschlagen ist nicht mehr angesagt: zu wenig Action. Gemeinsame Spiele, im Wald die Natur entdecken: So etwas ist doch voll langweilig! Manche Eltern haben schlicht keine Lust ein Programm für acht bis zwölf Heranwachsende auf die Beine zu stellen, ihnen graut davor, eine Horde verwöhnter Wunderkinder zu bändigen. Oftmals bleibt nach bestandener Geburtstagsfeier der in Sprechstunden bekundete Respekt vor Lehrern, wie sie das nur den ganzen Vormittag mit so einer Rasselbande aushalten.
Und dann hört man von einem Schüler in der zweiten Klasse, der kein Fahrrad besitzt. Nicht, dass die Eltern kein Geld dafür hätten, nein, Mama und Papa wollen ihr Kind nicht den Gefahren des Straßenverkehrs aussetzen: Fahrradfahren, viel zu gefährlich! Und so werden Kinder in Watte gepackt. Kommen die Kinder in die Schule schwirren die Eltern (zumeist die Mütter) ständig um sie herum. Sie kümmern sich um ihre Belange, kutschieren sie bis zur Schultüre und tragen ihnen die Schultasche bis zum Klassenzimmer. Sie nehmen ihnen im wahrsten Sinne des Wortes alles ab.
Lassen Sie mich an dieser Stelle von einer Mutter und ihrem Sohn (sechs Jahre) berichten: Der kleine Ralf wollte immer nur spielen und trieb sich lieber draußen rum als Hausaufgaben zu erledigen. Als er spätnachmittags heimkehrte, sagte seine liebevolle Mutter freudestrahlend. „Ich habe deine Hausaufgaben schon erledigt.“ Kleinralfi fragte im schönsten bayerischen Dialekt: „Hast gelesen a?“
Mit den ersten Noten in der zweiten Klasse beginnt vielfach der endlose Rummel um die Schulleistungen. Eltern kämpfen dann für die Interessen ihrer Kinder. Sie fordern mehr Hausaufgaben, mehr Rechtschreiben, einen passenderen Nachbarn, eine Versetzung in die erste Sitzreihe, ständig wird kommentiert und bewertet, was in der Schule passiert. Das Mobbing des/der Lehrerin des Kindes im Freundeskreis ist für manche eine beliebte Freizeitbeschäftigung. Viele wissen gar nicht, wie sehr sie damit ihren Kindern schaden, weil sich diese sehr nach einer guten Beziehung zu ihrem/ihrer Lehrerin sehnen. Diese ist erwiesenermaßen eine Grundlage von Lernerfolg. Und wenn es in der Schule nicht klappt, wird getestet und getestet, von Schulpsychologen oder in Kliniken, bis die erlösende Mitteilung erfolgt: Kind völlig okay, es hat nur AD(H)S, LRS, Dyskalkulie, Teilleistungsschwächen. Mit der Diagnose lässt es sicher besser leben und man kann damit gut um bessere Noten, eine Empfehlung für das Gymnasium oder die Realschule verhandeln. Spätestens in der vierten Klasse, zumindest im Rahmen des erfolgreichen dreigliedrigen Schulsystems in Bayern, ist es dann aus mit der Kindheit vieler Kinder. Sie müssen funktionieren, in unserer Leistungsgesellschaft ihr Ding machen und die passenden Noten, die gewünschte Empfehlung für eine weiterführende Schule vorlegen. Schließlich leidet man darunter, dass Franz von nebenan oder Nichte Resi jetzt das Gymnasium besuchen, der eigene Tom aber nur die Realschule. Und in den Köpfen vieler Eltern kommen in die Hauptschule ohnehin nur die Verlierer. Es interessiert auch kaum, dass man diesem Hauptschüler später vielleicht einmal dankbar ist, wenn er die kaputte Heizung repariert. Des Deutschen kleinbürgerliches, spießiges Hirn suggeriert uns, dass ein junger Mensch mit Abitur etwas Besseres ist, man Hochachtung vor Ärzten, dem Herrn Oberstudienrat und allgemein Akademikern haben sollte. Wir Deutsche scheinen mir zwei sehr fragwürdige Tugenden bestens auszuleben: Das ist der Trend uns ständig mit anderen zu vergleichen und je nach den Begebenheiten mit dem Neid der Besitzlosen oder mit Genugtuung der Bessergestellten zu reagieren. Die zweite Tugend ist unsere Neigung endlos ängstlich zu sein. Viele Eltern setzen ihre Kinder dermaßen unter Druck, weil sie Angst haben, Angst um die Zukunft ihrer Kinder.
Nicht die Kinder, sondern die Ängste der Eltern sind oftmals das Problem. In der Schule kann man sehen, wozu Zukunftsangst oder eine überzogenen Erwartungshaltung der Eltern führt: Manche Eltern sind dort als „Kampfhubschrauber“ unterwegs. Das hat an einer Schule zu einer skurrilen Situation geführt:
Ein Lehrer, der einen Schüler beim
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